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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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auslachen. Er würde einem anderen schaden, könnte Ritt nichts nützen und sich selbst nur dem Vorwurf aussetzen, ein verstockter Lügner zu sein.
    »Also steht jemand hinter Ihnen, Brenner«, fuhr der Staatsanwalt fort, den Guido seit langem schon für das Werkzeug einer verseuchten Justiz hielt. »Ein Mann, für den Geld keine Rolle spielt. Ein guter Freund als Mäzen. Ein Mann zum Beispiel, der in seiner Wohnung goldene Türklinken hat …«
    »Sagen Sie doch gleich, daß Sie Martin Ritt meinen.«
    »Richtig«, bestätigte Rothauch, »ich wußte, daß Sie rasch begreifen. Nun gestehen Sie, wer Sie verleitet hat, und …«
    »… Sie kommen noch einmal mit einem blauen Auge davon«, Guido imitierte höhnisch die Sprechweise des Staatsanwalts, »tätige Reue, mildernde Umstände – und dann sind Sie frei.«
    »Das«, entgegnete Rothauch ruhig, »kann ich Ihnen leider nicht versprechen.« Er sammelte die Fotokopien ein, ordnete sie pedantisch. »Also« fragte er und setzte, als er sah, daß der Verdächtige nicht reden wollte, hinzu: »Wenn Sie keine Aussage machen wollen, lasse ich Sie in Ihre Zelle abführen.«
    »Ich weigere mich nicht«, erwiderte Guido.
    Die Stenotypistin kam so schnell aus dem Vorzimmer, als habe sie an der Tür gelauscht. Sie war hübsch, aber Guido hatte keinen Blick für ihr Gesicht.
    »Also«, begann der Staatsanwalt, der rasch vorankommen wollte, zu diktieren: »Ich, der Unterzeichnete, Guido Brenner, geboren am …«
    »Wollen Sie das unterschreiben«, fragte Guido heftig, »oder soll ich das tun?«
    »Bitte«, überließ ihm Rothauch das Diktat.
    »Ich«, setzte Guido an, »der Unterzeichnete, Guido Brenner, geboren …«
    Die Stenotypistin schlug die Beine übereinander und beugte sich über ihren Stenoblock, viel zu tief. Sie ist kurzsichtig, dachte Guido, der sie jetzt doch betrachtete. »… mache heute freiwillig, ermahnt, die Wahrheit zu sagen, vor dem Staatsanwalt Rothauch folgende Aussage …«
    »… folgende Aussage«, wiederholte das Mädchen mechanisch.
    »Erstens: ich bin unschuldig, da ich keine aktive Bestechung verübt und keinerlei Dokumente, auch nicht solche, die unter Geheimschutz standen, von einem Beamten, Abgeordneten oder einer dritten Person gegen Geld erworben habe. Ich besaß auch keinerlei nennenswerte Mittel, und niemand hat sie mir gegeben, um mich zu einer solchen Tat zu verleiten.«
    »Einen Moment bitte«, unterbrach ihn der Staatsanwalt, betont korrekt. »Woher kommen dann die wörtlichen Zitate?«
    »Auf Vorhalt des Staatsanwalts, woher einige wörtliche Zitate stammen«, nahm Guido sein Diktat wieder auf, »erkläre ich ausdrücklich, daß ich sämtliche Informationen, die meinem Bericht zugrunde liegen, auf eine Weise gesammelt habe, die …« Guido sprach langsam, bestrebt, sorgfältig zu formulieren, »die erlaubt im Sinne der Strafgesetze und meiner Auffassung nach durchaus vertretbar sind.« Er wartete, bis ihm die Stenotypistin zunickte.
    »Zweitens«, fuhr er fort: »Ich wehre mich dagegen, daß man mir den Beistand eines Verteidigers verweigert, und werde aus Protest gegen diese Maßnahme, die ich für unvereinbar mit rechtsstaatlichem Denken halte …«
    »Wollen Sie nicht sachlich bleiben?« unterbrach ihn Rothauch.
    »Schreiben Sie bitte, Fräulein«, gab Guido der Protokollführerin die Antwort gleich ins Stenogramm: »An dieser Stelle Einwand Staatsanwalt Rothauchs: ›Wollen Sie nicht sachlich bleiben?‹ …«
    Die Stenotypistin sah verwirrt vom Block auf, suchte die Augen des Juristen, der ihr zunickte, weiterzuschreiben; sie tat es mit einem kaum merklichen Lächeln.
    »… sachlich bleiben«, wiederholte Guido. »Sind Sie mitgekommen?«
    »Ja.«
    »… ich werde also erst dann bereit sein, mich weiter vernehmen zu lassen, wenn man mir einen Rechtsanwalt gewährt.« Er wartete, bis das Mädchen fertiggeschrieben hatte, und sagte: »Verbindlichen Dank, Fräulein.«
    »Fertig?« fragte der Staatsanwalt.
    »Das wäre alles«, erwiderte Guido ruhig, während die Protokollführerin ging, um die Aussage mit der Maschine zu schreiben.
    Guido empfand eine verschwommene Befriedigung und erfasste, daß Rothauch durchaus nicht über so viel Zeit verfüge, wie er zu haben schien. Er sah aus wie ein Mann, der sich ein Angebot überlegte, das er nicht machen konnte. Guido saß auf dem Stuhl in der betont lässigen Haltung eines Menschen, den keine Sorgen drücken, der nichts Übles begangen hat und so Tod und Teufel nicht

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