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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Verbeugung, Fahrt an der Küste entlang; Märchensitz auf einem Felsen, in das Meer ragend, hoch über dem Wasser, mit einem Lift zu erreichen, dessen Bodenstation gleichzeitig als Bootshaus diente; eine Jacht, ein rascher Flitzer, ein Segelboot und eine kleine Ruderpinne, Süßwasserbecken in den Felsen gesprengt, von Palmen umsäumt.
    Ein lächelnder Martin, kein Vater, ein Freund, der Freund vieler, Liebling der Frauen, von Männern beneidet, bald dreiundvierzig und immer noch ein Windhund. Hobbydress, verwaschene Slacks, offenes Hemd, gebräunte Männerbrust, Sex-Appeal durch Massagesalon und Sonnenöl, Pose des Filmstars: na, wie bin ich zu euch? Wenn ihr Wünsche habt, wie wär's? Wollt ihr im Süßwasser planschen? Das Salzwasser ist für dumme Touristen. Kleiner Flug nach Korsika gefällig – oder zur Abwechslung nach Monte Carlo, um in einem halben Stündchen ein paar Tausender zu verdienen oder auch zu verlieren, Nebensache, oder zur Abwechslung Wasserski?
    »Das ist ja großartig!« jubelte Petra, als sie nach dem dritten Versuch zum ersten Male aus dem Wasser hochkam.
    Martin, der sie schleppte, lächelte ihr bewundernd zu. Nie, dachte Petra bitter, werde ich je einen solchen Mann finden. Schade, daß er mein Vater ist.
    Madame lag vorwiegend im Liegestuhl, tagelang, regungslos, unter einem bunten Sonnenschirm, denn sie mochte die Sonne nicht. Sie war blaß, aber sie genoß es, von der schiffbugartigen Spitze des Grundstückes aus zuzusehen, wie Martin und Petra sich im Wasser tummelten.
    Meistens am Vormittag, aber auch am Nachmittag mußte Martin, den die Geschäfte nicht losließen, nach Cannes oder Nizza, um sich mit irgendwelchen Leuten zu treffen. Am Abend kam er zum Essen zurück, brachte dann Madame in ihr Schlafzimmer und schickte Petra rechtzeitig ins Bett, da Heranwachsende viel Schlaf nötig hätten.
    Er wartete, bis er sie eingeschlafen glaubte, aber sie schlief nicht, sondern lauschte, bis sein Wagen ansprang und Martin losfuhr mit dem heulenden Motor des Abenteurers, der es eilig hat, des Mannes auf Abwegen …
    »Madame«, sagte Petra, »wir müssen etwas unternehmen. Fällt dir nicht auf, daß sich Martin ständig außer Haus herumtreibt?«
    »Er 'at ssu viel Geschäfte …«
    »Das glaubst du«, entgegnete Petra. Sie ging in ihr Zimmer, wo sie einen Schnellhefter mit Ausschnitten holte, sorgfältig gesammelte Blüten der Ritt-Fama, und zeigte sie Madame, Artikel mit Fotos, auf denen Martin häufig in Gesellschaft einer jungen Frau zu sehen war, Schnappschüsse aus dem Leben eines Mannes, der Geister zu Helfern gemacht hatte, deren er sich nicht mehr zu erwehren vermochte. Dieselbe Frau, zärtlich an Martin gelehnt, kurze Haare, schickes Kostüm; die nämliche, lächelnd mit ihrem sinnlichen Mund, aufreizende Beine; noch einmal die gleiche, Theaterloge, Abendkleid, namenlos, doch längst bekannt.
    »Sieh sie dir nur an!« hetzte Petra. »Betrachte dir das Scheusal. Sie hat uns Martin genommen. Er versetzt uns wegen ihr«, setzte sie grimmig hinzu.
    Madame begriff erschrocken.
    »Soll ich diese Geschäftsfreundin aufstöbern?« fragte Petra tückisch. »Ich wette mit dir, daß ich es kann. Wenn ich zehn Minuten lang durch Nizza fahre und seinen Wagen vor einem Hotel stehen sehe, dann …«
    »Non, ma petite«, entgegnete Madame, »wir werden etwas anderes …«
    Er kam am Abend zurück, ausgestattet mit der unlauteren Freundlichkeit des schlechten Gewissens, sah nach dem Essen, was er sonst nie tat, auf die Uhr, sagte, daß er Zeit hätte, und wartete ungeduldig darauf, daß sein Anhang zu Bett ging.
    »Ist dir nicht gut, Maman?« fragte er nach Tisch.
    »Doch, filou«, antwortete sie mit gezwungenem Lächeln.
    »Aber du sprichst so wenig …«
    »Würdest du mir eine Bitte erfüllen?« fragte Madame.
    »D'accord«, erwiderte er.
    Tableau, dachte Petra.
    »Bring sie her«, sagte Maman, und Martin sah, daß in ihren müden Augen Funken des Spotts flirrten, »'ole sie, bring sie uns als Gast, in unsere Haus, damit du nicht soviel Zeit mit deine Geschäft …«
    »Wen soll ich bringen?« fragte Martin.
    »Diese«, versetzte Madame und schob Martin mit geronnenem Lächeln eine Momentaufnahme zu, auf der Eva gut getroffen war.
    Guido Brenner wohnte in einem Hotel der Münchner Innenstadt, das Journalisten bekannter Zeitungen Sonderpreise gewährte, aber dem Reporter auch noch aus anderen Gründen schätzenswert schien. Von der Bar aus hatte man einen Blick über die elegante Halle mit

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