Die wilden Jahre
Mann, und ich werde ihn zur Rechenschaft …«
»Gebe ich später auch zu Protokoll.«
»Zurück zur Sache«, sagte Rothauch.
»Ich fuhr nach München … –«
»… überzeugten Ihre Redaktion, daß sie Ihre Serie bringen sollte«, ergänzte der Staatsanwalt ungeduldig, »weil Sie ein Reporter sind und ihrem Freund Ritt helfen wollten, nicht?«
»Allerdings.«
»Sie sind ein ehrgeiziger junger Mann, für Sie verkörpert dieser Mensch natürlich alles, wovon Sie träumen. Ich begreife – rein menschlich – vollkommen, daß Sie ihn schützen wollen und«, er lächelte verzeihend, »deshalb Abgeordnete in das Badezimmer schicken.« Er änderte den Ton. »Aber erstens haben alle Mitglieder des Ausschusses erklärt, niemals Unterlagen aus dem Bundeshaus mitgenommen zu haben …«
»Erlogen.«
»– und dann glaubt Ihnen das niemand, Mensch, Sie haben doch Verstand, denken Sie doch selbst …«
»Ende meiner Aussage«, entgegnete Guido.
»Jeder wird einmal verführt«, erwiderte Rothauch, »absolut verständlich …«
»– rein menschlich«, warf der Reporter ein.
»Wichtig ist nur«, sagte der Staatsanwalt mit knirschender Stimme, denn er nahm sich vor, alle Beleidigungen in Ruhe hinzunehmen, sein Gedächtnis zu pflegen und es dem Angeklagten Brenner in der Verhandlung heimzuzahlen, »daß man sich von seinem Verführer löst. Glauben Sie mir, auch wenn Sie aus falschem Anstand für ihn ins Gefängnis gehen wollten, dieser Ritt ist kein Gott …«
»Aber für Sie jedenfalls einige Nummern zu groß.«
»Warten wir's ab«, entgegnete Rothauch. »Jetzt«, seine Stimme wurde schärfer, »haben Sie noch eine Minute Zeit, sich zu überlegen, wie lange Sie weiterhin in Ihrer derzeitigen Lage bleiben wollen. Sie haben erst acht Tage abgesessen. Zwei Wochen läuft die verschärfte U-Haft noch weiter. Richterliche Anordnung! Das ist noch doppelt so lange wie bisher, und dann …« Er beugte sich vor; während sich seine Lippen spitzten, glänzten seine Schneidezähne. »Beim Haftprüfungstermin fallen Sie durch. Und dann gehe ich wieder zum Ermittlungsrichter und beantrage Verlängerung. Sollte das wiederum nicht fruchten, Brenner, dann treiben wir die Sache so lange, bis Sie Ihr eigenes Gesicht im Spiegel nicht mehr erkennen.«
»Kleiner Rückfall, Herr Rothauch?«
»Halten Sie die Klappe!« fuhr ihn der Staatsanwalt an.
»Sie Affenpinscher!« erwiderte Guido. »Sie dummes Schwein! Sie Drecksack!«
Der Reporter sah, wie Rothauch aufsprang, ihn ungläubig anstarrte.
»Sie Anfänger«, fuhr Guido fort, »Sie Pennbruder! Sie wollen einen Ritt fertigmachen?« Er hob die Stimme. »Jetzt will ich Ihnen etwas sagen: Ich komme hier 'raus, eines Tages, Herr Staatsanwalt, oder nenne ich Sie besser Obersturmführer?« Er stand auf und klappte die Hacken zusammen: »Jawohl, Obersturmführer!«
»Was fällt Ihnen ein?« schrie Rothauch.
»Noch viel mehr!« überschrie Brenner den Staatsanwalt. »Dann habe ich eine Aufgabe für mein künftiges Leben – ich fahre nach Polen und zeige Ihnen, wie man Ihre Schweinereien ermittelt!«
Rothauch ging an die Tür und riß sie auf: »Abführen!« rief er.
»Und dafür zahlt diesmal die Firma Ritt …«
»In Handschellen!« schrie der Staatsanwalt.
»Auf Wiedersehen«, sagte Guido in der Tür, zufrieden Rothauchs Gesicht betrachtend, das mit Grünspan überzogen schien. »Und vergessen Sie nicht, Ihr Tonband im Gerichtssaal auch vorzuspielen.«
Der Staatsanwalt riß das Fenster auf.
»Ist Ihnen nicht gut?« fragte das Mädchen. »Ich habe Kopfwehtabletten …«
»Ein Glas Wasser, bitte«, antwortete Rothauch und überlegte, woher Brenner die Informationen über ihn haben könne.
Er hatte noch keine Antwort gefunden, als Oberstaatsanwalt Dr. Link, in betont kollegialer Haltung, ihn aufsuchte.
»Sie sehen abgespannt aus, Herr Kollege. Sie arbeiten wohl zu viel?« Er lächelte matt. »Steigern sie sich nicht hinein in diese Geschichte«, riet er, »und beißen Sie sich nicht die Zähne aus. Wie steht's mit diesem Brenner?«
»Ein zäher, dickfelliger Bursche«, fing sich Rothauch. »Er hat mich mit einer Schimpfkanonade bedacht.«
»Haben Sie ein neues Tonband?«
»Eine technische Panne«, entgegnete der Staatsanwalt, »etwas hat versagt …«
»Macht nichts«, tröstete der Chef, »Hauptsache, Sie kommen voran.«
»Leider zu langsam«, erwiderte Rothauch und gab dem Oberstaatsanwalt einen kurzgefaßten Überblick über den Stand der Ermittlungen; er
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