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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Staatsanwalt kein Erbarmen finden. Martin wußte, daß der verhaßte Mitschüler, sich hinter formaljuristischen Ausflüchten verschanzend, seine Verzweiflung noch als Waffe gegen ihn verwenden würde. Rothauch, so dachte er, verstand heute seine Arbeit sicher nicht minder gut als neunzehnhunderteinundvierzig sein Handwerk im besetzten Polen. Schon damals war er in Deckung geblieben, denn keiner hatte ihn inzwischen belangt; sicher würde er auch bei seiner, Martins, Verhaftung nicht das mindeste riskiert haben.
    Er machte sich nichts vor; er wußte nicht genau, um was es ging, aber es gab in seiner Vergangenheit manches, was einen eifrigen Staatsanwalt interessieren mochte. Daß aber der Fall mit Guido zusammenhing, war ihm unerklärlich. Martin hatte ihn zu keinem Delikt verleitet, und er glaubte auch nicht, daß der Junge je gegen ihn aussagen würde. Martin überlegte, ob Schiele eine Möglichkeit hatte, ihm zu Hilfe zu kommen, und mußte sich sagen, daß er nicht einmal wußte, ob sein Vertreter ihm überhaupt helfen wollte.
    In einem der wenigen Momente, da er sich von dem Bild der Todkranken zu lösen vermochte, tauchte Felix vor ihm auf. Der Freund hatte ihn damals beschworen, sich am politischen Wiederaufbau zu beteiligen, aber Martin hatte sich für eine einträglichere Zukunft entschieden. Wenn ihm das Geld abverlangt würde, das von ihm aufgehäuft worden war, so schien es ihm jetzt nur natürlich.
    Martin konnte nicht kämpfen wegen Maman, aber er mußte zu ihr. Um jeden Preis. Die Zahlung, die er für ihr Leben leisten wollte, war ausgeschlagen worden; vielleicht kann ich jetzt, dachte er, ein Angebot machen, um wenigstens noch ein paar Wochen mit Maman zusammen zu sein.
    Er bat um ein Gespräch mit dem Staatsanwalt und wurde sofort vorgeführt. Rothauch betrachtete ihn neugierig, gab sich amtlich, las Unterlagen und sagte aufsehend, fast unbetont: »Es freut mich, daß Sie Vernunft annehmen, Ritt.«
    »Lassen wir das«, erwiderte Martin. »Man legt mir ein Delikt zur Last, das ich nicht begangen habe. Welches, weiß ich nicht einmal genau, es ist auch nebensächlich, denn es geht wohl nicht darum, mich hier einzusperren, sondern mich zu vernichten.«
    »Ich verbitte mir diese Unterstellungen!« entgegnete der Staatsanwalt erregt.
    »Wir kennen uns doch«, fuhr Martin ruhig fort, »und so bin ich bereit, die Sache abzukürzen.«
    Rothauch beugte sich vor; seine Augen blitzten.
    »Ich werde also das Verbrechen gestehen, dessen man mich beschuldigt …«
    »Aktive Bestechung?« unterbrach ihn Rothauch.
    »Sicher«, entgegnete Martin gleichgültig, »von mir aus noch Mord oder Totschlag oder Einbruch – was du willst, such dir's aus!«
    »In Ihrer Lage würde ich nicht so sprechen, Ritt.«
    »In deiner Lage würde ich das Angebot annehmen.«
    »Also, Sie geben zu«, wurde der Staatsanwalt sachlich, »über Brenner den Regierungsamtmann Wirth bestochen zu haben?«
    »Brenner lassen wir besser aus dem Spiel«, entgegnete Martin, »außerdem ist er doch schon geständig. Oder nicht?«
    »Ich möchte nicht, daß Sie die Stellung eines Staatsanwalts missverstehen«, erwiderte Rothauch, »ich will auf keinen Kuhhandel eingehen, sondern lediglich die Wahrheit ermitteln.«
    »Jede Wahrheit, die du willst.«
    »Sie bekennen sich zu Ihrer Schuld?«
    »Idiot!« erwiderte Martin ohne Zorn. »Ich würde mich dazu bekennen …«
    »Wenn?« fragte der Staatsanwalt lauernd.
    »… der Haftbefehl aufgehoben wird, unverzüglich.«
    »Warum haben Sie es denn so eilig, aus der Zelle hinauszukommen?«
    »Das kann ich einem Menschen deines Schlages nicht erklären«, sagte Martin, »denn du würdest es nicht verstehen.«
    »Schriftliches Geständnis?« fragte Rothauch verwirrt.
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Nach Aufhebung des Haftbefehls.«
    »Wer würde mir garantieren, daß Sie sich an dieses Versprechen halten?«
    »Ich«, erwiderte Martin wild.
    »Solche Ausbrüche«, entgegnete der Staatsanwalt gelassen, »machen sich gut auf der Bühne, sind aber juristisch leider wertlos.«
    »Gib dich nicht dümmer, als du bist«, erwiderte Martin gereizt. »Der Haftbefehl wird aufgehoben. Du begleitest mich zurück in meine Wohnung, von mir aus mit zehn Polizisten statt mit fünf. Ich unterschreibe das Geständnis unter ausdrücklichem Hinweis, daß es freiwillig erfolgte, und stelle eine Kaution, deren Höhe du bestimmen magst. Du bist am Ziel, und ich«, er sprach ruhig, »ich bin am Ende. Meinen Glückwunsch, Rothauch, bevor ich es

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