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Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmid
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redeten ebenfalls auf Giulia ein. Danach griff Giulia zum Telefon und sprach mit Justin – mindestens zwanzig Minuten. Und schließlich redeten Giulia und Bob mit ihren Eltern – sogar noch länger –, bis zu guter Letzt allen klar war, was Giulia brauchte, um eine brillante Arbeit über
Gruppendynamik und Konfliktmanagement
zu schreiben: Die Ruhe und Abgeschiedenheit einer Alm in den Bergen.

Die Landschaft vor dem Zugfenster flog so rasch vorüber, dass Lillis Augen hin und her zuckten. Immer neue Bäume, Bauernhöfe, Bäche und Brücken entglitten ihrem Blick.
    Lilli und Enya saßen sich auf den Fensterplätzen gegenüber, Very und Bob in der Mitte. Giulia hatte ihre Füße auf den freien Sitz ihres Sechserabteils hochgelegt, das Notebook auf dem Schoß. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Kopf lag schräg auf ihrer Schulter und sie schnarchte leise. Die beruhigende Wirkung der Berge hatte schon nach den ersten Kilometern auf freier Strecke eingesetzt.
    Bob las in der italienischen Gebrauchsanweisung ihrer neuen Sofortbildkamera. Der Fotoapparat war ein Geschenk von Tante Beatrice und Onkel Giovanni, die in Neapel ein Fotogeschäft führten. Siegi hatten sie ein Kindermikroskop aus ihrem Laden mitgebracht und Giulia einen silbernen Fotorahmen.
    Bob visierte mit ihrer Kamera Very an und grinste. »Du siehst aus, als wolltest du aufs Oktoberfest!«
    Tatsächlich war Very gestern noch in der Innenstadt gewesen und hatte sich neu eingekleidet. Sie trug eine bestickte Bluse, eine lederne Bundhose und Kniestrümpfe mit Zopfmuster. Ihre Füße steckten in farblich passenden Wanderstiefeln und im Gepäcknetz über ihr thronte ein grüner Tirolerhut, dessen Federn im Luftstrom der Klimaanlage zitterten.
    Lilli kramte die Taschenlampe und die noch verpackten Batterien, die ihr Vater ihr mitgegeben hatte, aus dem Seitenfach ihres Rucksacks. »Und? Hat schon jemand eine Idee?« Sie steckte die Batterien in die Lampe. »Ich meine, wie wir die
Olme
so richtig bandenmäßig überraschen können?«
    Enya hauchte an die Scheibe, malte mit dem Finger ein
E
und sah dabei zu, wie der Atemnebel wieder verdunstete. »Denkt ihr, sie freuen sich, uns zu sehen?«
    »Klar, wir fehlen den
Grottenolmen
doch genauso wie sie …« Lilli brach mitten im Satz ab und lief rot an. Um davon abzulenken, gab sie Lichtzeichen mit ihrer Taschenlampe. »Also wir schleichen uns an die Almhütte ran und erschrecken sie einfach, indem wir plötzlich vor ihnen stehen und …« Lilli machte eine kurze Pause. »
Überraschung
rufen!« Sie knipste die Lampe aus.
    »Und du bist dir sicher, Bob, dass deine Schwester …« Very wies mit ihrer Nasenspitze in Richtung der schlafenden Giulia. »… Gelatino eingeschärft hat, den
Olmen
nichts von unserem Besuch zu verraten?«
    Bevor Bob antworten konnte, richtete Giulia sich auf und gähnte. »Ich hab ihm mindestens fünfmal gesagt, dass ihr die Jungs überraschen wollt!«
    Giulia hatte Gelatino telefonisch nicht erreicht und ihm deshalb eine SMS geschickt. Aber gestern Abend hatte er sie dann doch noch zurückgerufen und ihr eine ungefähre Wegbeschreibung durchgegeben.
    Bob verglich noch einmal die Abbildungen in der Gebrauchsanweisung und gab Giulia die Kamera. »Da musst du draufdrücken!« Bob setzte ihr Fotogesicht auf und zwängte sich zusammen mit Very zwischen Lilli und Enya.
    »Put, put, put, ihr
Wilden Küken
!« Giulia drückte den Auslöser, es blitzte und gleich darauf schob sich mit leisem Summen das Sofortbild aus der Kamera.
    Giulia steckte sich die Ohrhörer ihres Notebooks in die Ohren und machte es sich wieder bequem.
    Bob betrachtete zufrieden das Foto und holte ein selbst gebasteltes Buch und ihren Klebestift aus dem Rucksack.
    Voller Bewunderung bestaunten Lilli, Very und Enya das Reisetagebuch. Bob war nicht nur die Schriftführerin der Bande, sondern auch eine wahre Künstlerin. Das mit Buntstiften gezeichnete Bild auf dem Umschlag zeigte Lilli, Very, Enya und Bob selbst. Neben ihnen stand eine Kuh mit Kuhglocke um den Hals und hinter ihnen erstreckten sich grüne Almwiesen vor schneebedeckten Berggipfeln.
    »Aber du kannst doch gar nicht wissen, wie es dort aussieht!« Very sah Bob fast ein wenig neidisch an.
    »Ich kann es mir doch vorstellen!« Bob klebte das Foto ins Reisetagebuch.
    Und dann machten die
Wilden Küken
Brotzeit und redeten und lachten – und der Schnellzug raste dahin. Gleichmäßig rauschte das Fahrgeräusch in Lillis Ohren, Licht und Schatten strichen über ihr Gesicht

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