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Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmid
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und das sanfte Rütteln des Abteils ließ ihren Kopf immer wieder zur Seite kippen.
    Lilli schlief, bis die Abteiltür aufgestoßen wurde. »Die Fahrscheine bitte!« Der Zugbegleiter begutachtete die hastig gezückten Fahrkarten. »Wir haben noch fünf Minuten Aufenthalt, dann geht es weiter!« Er tippte sich an die Dienstmütze und setzte seinen Kontrollgang fort.
    Enya schob ihre Fahrkarte wieder in die Hosentasche und gähnte. »Wie lange stehen wir denn schon?«
    Giulia und Very zuckten mit den Schultern und rieben sich genau wie Lilli verschlafen über die Augen.
    »Wo sind wir überhaupt?« Giulia legte ihr Notebook beiseite.
    Lilli massierte sich den verspannten Nacken und erschrak. »Und wo ist Bob?«
    Geschockt sahen Giulia, Enya und Very sich an.
    »Lilli und Very, ihr sucht dort!«, Giulia wies nach links. »Ich geh in die Richtung! Und Enya passt auf unser Gepäck auf.«
    Lilli und Very wanderten bis ans hintere Ende des Zugs und kehrten in dem Moment zurück, als auch Giulia wieder auftauchte.
    Ungeduldig empfing Enya sie in der offenen Abteiltür. »Habt ihr sie gefunden?«
    »Nein. Aber irgendwo muss sie ja stecken!« Giulia drückte ein paar Tasten auf ihrem Handy und kurz darauf ertönte Bobs Klingelton aus ihrem Rucksack, der oben im Gepäcknetz lag.
    Ratlos sahen sich alle an. In diesem Augenblick entdeckte Lilli die Gesuchte. »Da! Sie ist da draußen!« Lilli riss das Fenster auf und streckte den Kopf hinaus. »Bob!«
    Bob schlenderte in aller Seelenruhe über den Bahnsteig.
    »Bob!«, riefen Giulia, Very, Lilli und Enya gleichzeitig.
    Keine Minute später saß die Vermisste wieder auf ihren Platz. »Ich wollte nur ein paar Ersatzfilme für die Kamera kaufen und ihr habt so friedlich gepennt.« Bob zeigte ihnen die Fotos, die sie während der Fahrt von den Schlafenden gemacht hatte.
    Der Zug fuhr wieder an und alle lachten, erleichtert, weil Bob wieder da war, über die nicht gerade schmeichelhaften Porträts: Lilli mit vor dem Gesicht hängenden rotbraunen Locken, Enya mit an der Scheibe klebender Wange und Very mit offen stehendem Mund.

    Giulia und die
Wilden Küken
mussten zwei Mal umsteigen, jedes Mal in einen kleineren Zug. Immer langsamer ging es voran und immer weiter bergauf. Immer näher rückten die Berge und immer aufgeregter wurden die
Wilden Küken
.
    An ihrem Zielbahnhof angekommen, schleppten sie ihr Gepäck über den winzigen Bahnhofsplatz. Viele Häuser hier waren mit Heiligenbildern bemalt und vor den geschnitzten Balkonen hingen Blumenkästen.
    Der Bus nach Hochdorf wartete auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Giulia und die
Wilden Küken
stiegen ein. Ihre Fahrkarten schienen den Busfahrer, der hinter dem Steuer saß, ein Wurstbrot verdrückte und mit Kaffee aus dem Becher seiner Thermoskanne hinunterspülte, nicht sonderlich zu interessieren. Er versuchte, gleichzeitig zu kauen, zu trinken und freundlich zu nicken. »Wir warten noch auf jemand!«, brachte er mampfend hervor.
    Da sämtliche Plätze frei waren, legten die
Wilden Küken
und Giulia ihr Gepäck einfach auf den hinteren Sitzen ab und machten es sich auf der Rückbank bequem.
    Erst nach ein paar Minuten kam der Fahrgast, auf den sie offensichtlich gewartet hatten. Neugierig reckte Lilli den Hals. Obwohl es nicht regnete, trug die kleine alte Frau einen weiten Regenmantel, unter dem sich ein Buckel wölbte. Die dürren Beine ragten aus schweren Bergschuhen. Auf dem Kopf hatte sie einen breitkrempigen Hut und in der Hand hielt sie einen Wanderstecken aus knorrigem Wurzelholz.
    »Eine Bucklige«, flüsterte Very in Lillis Ohr.
    »Nicht hinsehen!«, warnte Bob.
    Die seltsame Gestalt marschierte den Mittelgang entlang.
    »Vorsicht, die Bucklige kommt direkt auf uns zu!«, murmelte Lilli.
    »Ich bin vielleicht alt, aber ich höre noch ganz gut!« Die Frau nahm den Hut ab und schlüpfte aus dem Regenumhang.
    Am liebsten wäre Lilli im Erdboden versunken. Der Buckel entpuppte sich als ein abgewetzter, grauer Stoffrucksack, den die alte Frau auf dem Rücken trug. Ein paar schlohweiße Strähnen hingen aus ihrer eng um den Kopf geflochtenen Frisur und zitterten vor den quecksilbrigen Augen. Sie zeigte mit dem Wurzelstab auf Lilli. »Du sitzt auf meinem Platz!«
    Sofort stand Lilli auf. Und nicht nur sie, die anderen
Wilden Küken
und auch Giulia räumten die Rückbank und setzten sich möglichst weit nach vorn.
    Die Türen schlossen sich und der Motor tuckerte los. Kaum dass sie Hochdorf hinter sich gelassen hatten,

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