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Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Titel: Die Wildkirsche. Erotischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Versprechen an Lorraine eine Farce gewesen? Nein! So etwas würde er ihr niemals antun, meldete sich eine leise Stimme in ihrem Kopf. Er kannte sie seit ihrer Kindheit. Die Familien Beaumont und Poméroy waren miteinander befreundet, seit Beaumont nach Gagnion gezogen war.
    Ein Blitz erhellte die Nacht, ihm folgte ein gewaltiger Donner. In Strömen prasselte der Regen herab. Lorraine zog sich eilig ins Haus zurück, schloss sich in ihrem Zimmer ein und kroch unter die warme Bettdecke. Schon als kleines Mädchen hatte sie Gewitter verabscheut. Ihr Vater hatte ihr erzählt, dass es immer dann blitzte und donnerte, wenn Gott wütend war. Wenn das stimmte, so konnte sie nur hoffen, dass sein Zorn nicht ihr und ihrem anrüchigen Lebenswandel galt.
    »Ach, Etienne, warum hast du mir das angetan?«, sagte sie mit einem Seufzen und lauschte dem Regen, der gegen die Fensterscheibe schlug. Aus weiter Ferne ertönte das Heulen eines Wolfes. Lorraine überfiel eine Gänsehaut.
    Es werden sich doch hoffentlich keine Wölfe in Gagnion herumtreiben, überlegte sie und schlüpfte aus ihrem Bett, um aus dem Fenster zu spähen. Auf dem niedrigsten Ast des Apfelbaumes, der vor ihrem Fenster stand, hatte eine Sperlingskolonie Unterschlupf gefunden. Die Krone schaukelte im Wind, aber der Baum hatte schon so manchem Sturm standgehalten. Wölfe konnte sie nirgends entdecken. Als das Heulen erneut ertönte, war sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob es von draußen gekommen war! Sie schnappte sich eine Kerze und ging zu Juliens Zimmer.
    »Nein!«, schrie jemand aus Leibeskräften.
    Verblüfft hielt sie inne. War es Julien, oder spielten ihr die Ohren einen Streich? War er denn der menschlichen Sprache fähig?
    »Lass sie!«
    Eilig schloss sie die Tür auf und stürzte zu seinem Bett, in dem er sich wie von Fieberträumen geschüttelt hin und her wälzte.
    »Nein!«
    »Julien! Wach auf!« Sie stellte die Kerze ab und rüttelte ihn wach. Nochmals zuckte ein Blitz, der das Zimmer in gleißendes Licht tauchte.
    Erschrocken riss er die Augen auf. Dann schüttelte er verzweifelt den Kopf und hob schützend die Hände vor sein Gesicht, als versuchte er Schläge abzuwehren.
    »Es war nur ein Traum.« Lorraine fühlte sich hilflos, wusste nicht, was zu tun war, und spielte mit dem Gedanken, ihren Vater zu wecken.
    Aber dann nahm Julien die Arme herunter und blickte sie mit großen, traurigen Augen an.
    »Erkennst du mich? Ich bin es, Lorraine. Alles ist gut. Niemand tut dir etwas.« Zaghaft streckte sie die Hand aus, um seinen dunklen Schopf zu streicheln. »Das Unwetter macht dich nervös, nicht wahr? Das geht mir auch oft so.«
    Er antwortete nicht. Stattdessen schnüffelte er an ihrer Hand und atmete ihren süßen Duft ein. Lorraine ließ ihn gewähren. Vorsichtig berührten seine Lippen ihre Haut.
    »Hör auf damit«, sagte sie und entzog ihm kichernd ihre Hand.
    Nachdenklich blickte sie ihn an. Dieser Mann gab ihr immer mehr Rätsel auf. Wer war er? Und wer um alles in der Welt war ihm in seinem Traum erschienen und hatte ihm solche Angst gemacht?
    Ein Blitz schlug in der Nähe ein. Julien fuhr mit einem markerschütternden Aufschrei hoch und klammerte sich an Lorraine.
    »Es ist nichts passiert, keine Angst!« Mit aller Kraft drückte sie ihn wieder in sein Kissen zurück. »Nur ein Blitz, Julien.«
    Er zitterte am ganzen Körper.
    »Du bist ängstlicher als ich damals.« Gerührt blickte sie auf den Riesen hinab, der sich bei dieser imposanten Größe eigentlich vor nichts auf der Welt hätte fürchten müssen und gleichwohl Schutz bei ihr suchte. »Wie konntest du nur so lange allein im Wald überleben, wenn dich schon ein Gewitter derart verstört?« Liebevoll strich sie ihm eine lange, schwarze Strähne aus dem Gesicht.
    Julien erhob sich zögernd und schmiegte sich an sie. Ihre Nähe schien ihm gutzutun.
    Behutsam legte sie einen Arm um die breiten Schultern. »Ich bleibe bei dir, bis das Unwetter vorbei ist«, flüsterte sie in sein Ohr, in der Hoffnung, dass er sie vielleicht verstand.
    Sie schloss die Augen und lauschte dem Regen, der allmählich verklang. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Hätte ihr jemand vor einigen Tagen gesagt, sie würde in nicht allzu ferner Zukunft einen fremden Mann in den Armen halten, den sie äußerlich sehr anziehend fand, der jedoch das Gemüt eines wilden Tieres besaß, sie hätte die Person ausgelacht! Äußerlich anziehend, wiederholte sie in Gedanken. Ja, das war Julien! Er hatte eine gute

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