Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
gefesselt in einem Raum. Kerib …« Sie stockte. Kerib! Den hatte sie über all die Aufregung ganz vergessen. »Drei Priester kamen und befreiten mich, damit ich essen und trinken konnte. Ich kannte einen von ihnen als Student dieser Schule, denn er hatte uns ein Stück auf der Hinreise begleitet«, schoss es aus ihr hervor. »Sein Name ist Kerib. Er hat mich gewarnt, mich nicht in Caraths Angelegenheit einzumischen, und mir gesagt, dass er mich festhalten würde, bis dieser seinen Auftrag erfüllt habe. Ich habe mich ein wenig ausgeruht und wurde von einem Krachen geweckt, das sich als Kampfeslärm herausstellte. Mashdin, Delren und Kie waren auf Delrens Rushkro gekommen, um mich zu befreien.«
»Das klingt … abenteuerlich, doch Delrens Verletzung und ihre Aussagen sprechen für dich. Wo wurdest du festgehalten und woher wussten sie davon?«
»In einer Hafenstadt namens Xoanu. Woher sie davon wussten …« Hilflos zuckte Serrashil mit der Schulter. Das hatte sie nicht gefragt. »Kerib hatte bei der Hinreise erwähnt, er würde nach Xoanu gehen. Mashdin habe ich einen Brief hinterlassen, in dem ich ihm wenige Informationen über unsere plötzliche Abreise gab und Delren wird sich um mich gesorgt haben, als Carath ohne mich in Jadestadt eintraf.«
»Ich verstehe.« Randef überlegte, als die Tür aufging und eine junge Frau das Zimmer betrat. Sie trug ein Tablett mit einem Krug und zwei Tassen, das sie auf dem Tisch zwischen ihnen abstellte.
»Danke, Maris.«
Die Frau nickte mit einem stummen Lächeln und zog sich zurück. Randef griff nach dem Krug und schenkte ihnen beiden von der dampfend heißen Flüssigkeit ein. Sofort verbreitete sich ein angenehmer Duft nach Früchten in dem Zimmer.
»Nun ist mir einiges klarer. Bleibt nur offen, wer hinter dieser Erpressung steckt und was diejenigen damit bezwecken, einen Großmeister der Magie zu töten. Vielleicht kann Carath uns übermorgen noch die ein oder andere Frage beantworten.«
»Was ist mit Mashdin? Ist er ebenfalls zum Richterspruch eingeladen?«, fragte Serrashil nachdenklich. Sie konnte den Utera als Zeugen für ihre Aussagen gut gebrauchen. Außerdem vermochte er es besser als sie, die Großmeister über die Wichtigkeit eines Haelra für einen Winterelfen zu erklären.
Randef zögerte. »Ja, er ist eingeladen, jedoch bezweifle ich, dass er kommen wird.«
»Aber … wir brauchen ihn!« Serrashil zog die Augenbrauen zusammen. Rinartins Tod war sicher nicht leicht für Mashdin, wenn sie sich so nahestanden, wie Serrashil vermutete. Er konnte sich dem Befehl der Großmeister jedoch nicht einfach so entziehen!
Ihr Lehrmeister atmete tief durch. »Es ist allgemein schwierig, Utera für unsere Angelegenheiten zu begeistern, weil sie Straftaten völlig anders regeln als wir. In Anbetracht dessen, dass Mashdin einen großen Verlust erlitten hat und sich sein Leben nun rasch dem Ende zuneigen wird, ist es unwahrscheinlich, dass er dem Prozess Bedeutung beimisst.«
Verständnislos schüttelte Serrashil den Kopf. »Ist es ihm denn nicht wichtig, dass Carath seiner gerechten Strafe zugeführt wird?«
»Mashdins gerechte Strafe für Carath wäre es gewesen, ihn auf der Stelle zu töten. Du hast ihn selbst gesehen. Die Möglichkeit wurde ihm genommen und er weiß, dass er sie nicht mehr bekommt. Ob Carath nun von uns bestraft wird und wie, interessiert ihn nicht. So ist das nun einmal bei den Utera: Jeder ist dort sein eigener Richter. Normalerweise sind sie friedliebend genug, damit dieses System funktioniert.« Randef seufzte. »Wir hingegen müssen uns darüber die Köpfe zerbrechen, was wir mit Carath tun. Er hatte seine Gründe, die Tat zu begehen, doch es ist und bleibt nun einmal eine schwerwiegende Straftat.«
»Denkt Ihr, dass er die Todesstrafe erhält?«, fragte Serrashil bang nach.
»Es kommt darauf an.« Randef machte eine Pause, in der er von seinem Tee trank. »Werden die Erpresser gefunden, wird er glimpflicher davonkommen, denke ich. Die Welt braucht einen Schuldigen für dieses Verbrechen und wir müssen ihn ihr geben. Der Mord an einem Mann wie Rinartin darf nicht ungestraft bleiben. Decken wir die Erpressung nicht rechtzeitig auf, wird Carath seinen Kopf hinhalten müssen.« Auf Serrashils erschrockenen Blick hin lächelte Randef verbittert. »Das ist Politik, Serrashil. Und Politik ist nicht immer gerecht.«
Serrashil erwiderte nichts darauf, sondern nahm ihre Tasse in die Hand und trank einen Schluck. Der Tee schmeckte leicht
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