Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
Motive sind. Was schlagt ihr vor, wie sollen wir vorgehen?«, fragte er langsam.
»Ich denke, wir sollten zunächst Carath fragen, wie es zu der Entführung gekommen ist und was er über die Erpresser weiß. Sie müssen in irgendeiner Form mit ihm in Kontakt getreten sein, sonst wäre er heute nicht hier«, warf Ophales, der Großmeister der Bewaffneten Kampfkünste, ein.
Stille.
»Carath, ich bitte Euch, uns zu helfen«, übernahm Koril wieder das Wort. »Wir wollen die Wahrheit ans Licht bringen und wenn sich herausstellen sollte, dass Ihr nur gezwungenermaßen als Werkzeug der wahren Übeltäter fungiert habt, wird das Eure Schuld mildern.«
Als sich der Galdana immer noch nicht regte, hielt Serrashil es nicht mehr auf ihrem Platz auf. Sie sprang auf und stemmte ihre Arme auf das Geländer vor ihrer Sitztribüne. »Carath, bitte sprich doch endlich! Wir wollen dir hier alle helfen, aber das können wir nur, wenn du mit uns redest! Wir werden herausfinden, wer dir dein Haelra genommen hat, ihn verurteilen und du kannst zurück in deine Heimat gehen!«
»Das … stimmt so nicht ganz«, warf Koril ein, erntete dafür aber einen strengen Blick von Randef.
»Uns wird schon eine angemessene Strafe für ihn einfallen, wenn wir die wahren Schuldigen gerichtet haben«, entgegnete Serrashils Lehrmeister.
»Carath, bitte«, flehte Serrashil ihn an. Langsam wurde es auf der Sitztribüne gegenüber unruhig. Empört tuschelten die reich bekleideten Männer miteinander. Zu Serrashils Überraschung hob Carath den Kopf und wandte ihn zu ihr. Er sah ihr tief in die Augen, ohne etwas zu sagen. Stumm flehend erwiderte sie seinen Blick und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Herren und Damen von Jadestadt, ich bitte darum, dass der Richterspruch verschoben wird«, warf Koril ein. Serrashil sah zu ihm auf und ihre Blicke begegneten sich. Er musste Caraths Bewegung gesehen haben und mehr damit anzufangen wissen als sie.
»Abgelehnt«, schnitt Diarells eisige Stimme ein.
»Stattgegeben«, hielt Seran dagegen und grinste sie breit an. Die anderen Großmeister schlugen sich auf Serans Seite, und Korils Antrag wurde genehmigt.
»Der Angeklagte wird in der Zwischenzeit in den Kerker in Jadestadt gebracht«, erklärte der Utera über die immer lauter werdenden empörten Rufe von unten. »Ich bitte Euch, das Rondarium nun zu verlassen.« Mit diesen Worten erhoben sich die Großmeister und zogen sich zurück.
»Warten wir, bis die anderen gegangen sind«, schlug Kie vor und Serrashil nickte. Sie hatte keine Lust, sich durch die lästernden Abgesandten zu schlagen. Carath wurde von den Wächtern durch die andere Tür geführt. Serrashil und er hatten diesen Eingang benutzt, als die das erste Mal ins Rondarium gerufen worden waren. Serrashil seufzte. Damals war die Welt noch in Ordnung gewesen …
»Du hast gut gesprochen.« Kie lächelte sie an. »Ich finde es gut, dass die Großmeister nach den wahren Schuldigen suchen wollen, anstatt Carath einfach hinzurichten und der Welt zu zeigen, dass mit Mördern von wichtigen Personen kurzen Prozess gemacht wird.«
»Das wollen die Abgesandten, nicht wahr?« Serrashil fuhr sich müde über die Stirn.
»Natürlich. Stell dir vor, andere würden Caraths Beispiel folgen und irgendwelche Könige umbringen, nur weil sie glauben, dass ihnen in Jadestadt keine Strafe droht.« Kie gähnte und lehnte sich auf ihrem Sitz zurück. Es nahm einige Zeit in Anspruch, bis die ganzen Zuhörer nach draußen gelangt waren. Als sich nur noch die letzten Nachzügler im Rondarium befanden, erhoben sie sich und machten sich auf den Weg.
»Was denkst du soll ich jetzt tun?«, fragte Serrashil ihre Freundin. »Carath hat mich am Ende so merkwürdig angesehen und scheinbar hat nur Koril verstanden, was er damit sagen wollte.«
»Natürlich, immerhin ist er ein Utera. Utera und Galdana verstehen einander, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. Immerhin gehörten sie ursprünglich ein und derselben Rasse an«, erklärte Kie, als sei es die offensichtlichste Sache der Welt. »Carath will, dass du mit ihm alleine sprichst. Deshalb hat Koril noch einmal extra deutlich gesagt, wohin sie Carath bringen.« Sie schnippte Serrashil gegen die Stirn.
»Autsch! Nicht jeder hat Utera so sehr studiert, dass er ihnen von den Augen ablesen kann.« Serrashil streckte ihrer Freundin die Zunge heraus, während sie über die Schwelle des Rondariums an die frische Luft traten. Beinahe liefen sie dabei in einen Mann, der
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