Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
bitter, aber es passte zu seinem Aroma. »Dann müssen wir eben dafür sorgen, dass die Entführer von Caraths Seelentier gefunden werden.«
Randef neigte den Kopf als Zustimmung. »Ich denke, ich weiß nun alles, was ich wissen muss. Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
»Über nichts anderes.« Sie trank den letzten Schluck ihres Tees und erhob sich.
»Gut. Wir sehen uns übermorgen zum Richterspruch«, verabschiedete Randef sie.
Kapitel 24
Die verbliebene Zeit verbrachte Serrashil überwiegend bei Delren, unterhielt sich mit Kie über das Geschehene und suchte nach Mashdin. Der Utera war unauffindbar, wo sie auch nach ihm Ausschau hielt. Er befand sich auch nicht beim Baum auf Rinartins Grab, der immer noch in voller Pracht der eisigen Kälte trotzte. Serrashil wurde zunehmend besorgter. Hoffentlich war der Utera nicht ohne ein Wort des Abschieds gegangen, um zu sterben. Vielleicht war er auch schon nach Uratha abgereist. Immerhin galt es, die traurige Nachricht auch Farva und Paia zu überbringen. Ohne ein Rushkro war die Reise nach Uratha lange, weshalb sie es ihm nicht verdenken konnte, wenn er bereits aufgebrochen war. Wer wusste schon, wie lange er noch zu leben hatte?
Am Morgen vor dem Richterspruch zog sich Serrashil ihre Festtagskutte an, die braune Kleidung der Studenten Waffenloser Kampfkunst, mit feinen goldenen Stickereien verziert. Anschließend machte sie sich auf ins Rondarium, wo das Verhör stattfinden würde. Auf dem Weg über das Schulgelände begegneten ihr einige andere Leute, die ihrer Kleidung nach zu urteilen keine Studenten waren und aus aller Herren Länder zu kommen schienen. Die meisten davon waren kostbar gekleidet und wurden von mehreren Lakaien begleitet. Serrashil hielt respektvollen Abstand zu ihnen. Das mussten Abgesandte aus den anderen Ländern sein, die kamen, um sich die Verurteilung von Rinartins Mörder anzusehen.
Dieses Mal nahm sie den richtigen Eingang ins Rondarium und nicht den, durch den Seran sie und Carath damals gejagt hatte. Die kreisrunde Halle sah ganz anders aus, als Serrashil sie in Erinnerung hatte. An der Wand unter den Plätzen der Großmeister war eine Sitztribüne errichtet worden und in der Mitte befand sich eine kleine Bühne, auf der Carath angekettet auf einem Stuhl saß. Zwei weißgewandte Wächter flankierten ihn. Der Winterelf hatte den Blick starr auf den Boden gerichtet und schien keine Notiz von seiner Umwelt zu nehmen. Mehrere Verbände bedeckten seinen Körper und sein Haar war geschoren worden, damit man nicht mehr bemerkte, dass es stellenweise von Mashdins Flammen versengt worden war.
Auf der Sitztribüne hatten sich schon allerlei Leute versammelt, die leise miteinander tuschelten. Von einem Wächter am Eingang wurde Serrashil nach dem Vorzeigen ihrer Einladung zu einer separat stehenden Tribüne gebracht, auf der bisher nur Kie saß. Ihre Freundin sah sich aufmerksam um und schenkte Serrashil ein verträumtes Lächeln.
»Guten Morgen, Serrashil. Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«
Serrashil zuckte mit der Schulter. Wie viel Schlaf sie bekommen hatte, kümmerte sie im Moment herzlich wenig. Sie hatte noch nie einen Richterspruch gesehen, geschweige war sie denn war sie jemals in einem als Zeugin aufgetreten. Hoffentlich machte sie nichts Falsches.
Es dauerte nicht lange, bis der Strom der Hereinkommenden verebbte und die Wächter das Tor schlossen. Es wurde still im Rondarium und wenige Augenblicke später gingen acht Türen gleichzeitig auf und die Großmeister betraten ihre Plätze auf den Säulen über den Köpfen der anderen. Sie trugen ausnahmslos schwarze Roben und Rinartins Platz blieb als einziger unbesetzt. Alle bis auf den Großmeister Höherer Wissenschaften, ein Utera namens Koril, setzten sich.
»Ein Richterspruch soll ausgesprochen werden über den Galdana Carath, der dafür angeklagt ist, das Oberhaupt des Stadtstaates Jadestadt und Schulleiter der Hohen Schule von Jadestadt, Yua Rinartin, vor zwei Monden beim Jadefest umgebracht zu haben. Ankläger sind die acht Großmeister im Namen des Stadtstaates Jadestadt«, verkündete er mit säuselnder Stimme. »Ich frage Euch, Carath, gebt Ihr zu, die Euch zur Last gelegte Tat begangen zu haben?«
Gespannt beobachtete Serrashil den Winterelfen, doch dieser rührte sich nicht. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Wenn er kooperativ war, konnte es das Urteil mildern. Hatte man Carath überhaupt über den Ablauf des Richterspruches aufgeklärt?
Koril wartete mit
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