Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
schräggelegtem Kopf einen Moment auf Antwort, dann fuhr er fort: »Gibt es Zeugen, die diese Tat beobachtet haben? Sie mögen ihre Hand heben.« Sein eigener Arm ging in die Höhe, ebenso die der anderen Großmeister. Auf der Sitztribüne ihnen gegenüber reckten ebenfalls die meisten Anwesenden ihre Hände in die Höhe und Serrashil tat es ihnen nach.
»Nun frage ich stellvertretend für den Schulleiter die hier versammelten Großmeister: Befindet Ihr Carath für schuldig, Yua Rinartin getötet zu haben?«
Der Reihe nach antwortete jeder Großmeister: »Schuldig.« Diarell sagte es mit einem höhnischen Funkeln in den Augen, Seran blickte verträumt an die Decke und musste von Koril mit einem Räuspern aufmerksam gemacht werden, als er an der Reihe war. Die anderen sprachen den Richterspruch ernst und ohne zu zögern.
»Bevor wir Eure Strafe festlegen, geben wir Euch die Gelegenheit, Eure Tat zu rechtfertigen. Möchtet Ihr etwas dazu sagen?«, fragte Koril an Carath gewandt.
Wieder keine Reaktion. Serrashil wäre am Liebsten aufgesprungen und hätte ihn angeschrieen. Sie würden ihn umbringen, wenn er nichts sagte! Verstand er denn nicht, um was es hier ging? Es half ihm wenig, sein Haelra zurückzubekommen, wenn ihn die Großmeister wegen seinem Verbrechen zum Tode verurteilten.
»So sei es. Dann sprecht Euer Urteil aus, Herren und Damen von Jadestadt.«
»Einen Moment noch.«
Serrashils Herz tat einen erfreuten Satz, als sie Randefs Stimme vernahm. Ihr Lehrmeister hatte sich von seinem Platz erhoben und war vor sein Rednerpult getreten.
»Wie mir meine Schülerin Serrashil, die am meisten mit Carath zu tun hatte, gestern erzählt hat, weiß sie über die Beweggründe des Angeklagten. Ich möchte sie bitten, nach vorne zu treten und zu erzählen, was sie in Erfahrung gebracht hat.«
Koril schien für einen Moment aus dem Konzept gebracht, als die anderen Großmeister ihn erwartungsvoll anblickten und auf seine Einwilligung warten. »Natürlich«, beeilte er sich zu sagen. »Ich bitte die Studentin Serrashil, uns mitzuteilen, was sie über den Angeklagten Carath weiß«, fügte er ein wenig unbeholfen hinzu, um die Form zu wahren. Man merkte, dass Rinartin fehlte.
Serrashil fuhr mit ihren schwitzigen Händen über ihre Hose, ehe sie sich erhob und so selbstsicher wie möglich in die Mitte des Rondariums vor Caraths Bühne trat. Sie befeuchtete ihre Lippen und begann zu erzählen, zunächst zögerlich, dann immer flüssiger. Sie berichtete den Anwesenden über ihre Reise zu Mashdin und was sie dort über Haelra in Erfahrung bringen konnte, wie sie Carath zur Rede gestellt hatte und er geflohen war. Auch ihre Gefangennahme ließ sie nicht aus und verwies dabei auf Delren und Kie, die ihr notfalls als Zeugen zur Seite stehen konnten, falls man ihr nicht glaubte. Serrashil wusste, wie weit hergeholt das Erlebte klang. Ausführlich berichtete sie über Kerib, da das er einzige Anhaltspunkt war, den sie über die Erpresser hatte.
Als sie geendet hatte, herrschte lange Zeit Schweigen in der Halle. Schließlich erhob sich Koril und gab ihr einen Wink, sich zu setzen. »Ich denke, die anderen Großmeister werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass das alles sehr … abenteuerlich klingt. Ich will jedoch nicht an den Worten einer Studentin zweifeln, wenn ihr Lehrmeister mir versichert, dass sie absolut vertrauenswürdig ist.«
»Das ist sie, ohne Zweifel«, erwiderte Randef und Serrashil konnte nicht verhindern, dass sie sich geschmeichelt fühlte. »Ich glaube Serrashils Worten und ich bin der Ansicht, dass wir diese Erpresser ausfindig machen sollten. Immerhin sind sie es, die hinter alledem stecken und etwas mit dem Anschlag auf unseren Schulleiter bezwecken wollten. Solange wir nicht wissen, was es ist, können wir nicht mehr für die Sicherheit in Jadestadt und an der Hohen Schule garantieren.«
Ein Totschlagargument. Mit grimmiger Freude sah Serrashil zu ihrem Lehrmeister auf. Die Sicherheit der Studenten und Gäste an der Hohen Schule war eines der obersten Gebote in Jadestadt. Die Universität hatte den Ruf zu verlieren, der sicherste Ort in der ganzen Bekannten Welt zu sein.
Koril blickte von einem zum anderen. Er hatte nicht mehr zu sagen als die anderen Großmeister und war lediglich der Wortführer, der niemanden bevormunden durfte, weshalb er offensichtlich mit seiner Aufgabe überfordert war, den Richterspruch zu leiten.
»Ohne Zweifel müssen wir herausfinden, wer die Erpresser sind und was ihre
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