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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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seit sie die Verantwortung für Tommy übernommen habe.
    Schließlich, weil Helen schlau genug fragte, erzählte Diane von Ray. Zuerst sprach sie in der Vergangenheit, ließ es so klingen, als sei mittlerweile alles besser. Und im Grunde stimmte das auch. Am schlimmsten war es in den Wochen nach ihrer Rückkehr aus Arizona gewesen, als sie die Szenen im Studio filmten. Dass Terry und Herb Kanter sich trotz der Wutausbrüche in Geduld geübt hatten, grenzte an ein Wunder. Zu Hause war dann kein Halten mehr. Das betrunkene Geschimpfe, das Aus-dem-Haus-Stürmen, die ewigen eifersüchtigen Vorwürfe, sie sei frigide oder habe eine Affäre. Das Unerfreulichste ersparte Diane ihren Freundinnen. Zum Beispiel den Bericht über die Nacht, als Ray das Glas nach ihr geworfen und den Spiegel getroffen hatte, oder diese düstere und rachedurstige Art und Weise, wie er mit ihr schlief, wenn sie es, was selten vorkam, aus Mitleid oder Schuldgefühl duldete.
    Diane hatte genug erzählt, um ihren Freundinnen den Sternenstaub aus den Augen zu wischen. Sie berichtete ihnen noch, wie gemein Ray sein konnte, dass er verschwand und erst in den frühen Morgenstunden wieder auftauchte, betrunken oder bekifft oder beides.
    |288| »Hat er dich geschlagen?«, fragte Helen.
    »Um Gottes willen, nein«, sagte Diane. »Manchmal ist er nur … na ja, ein wenig grob.«
    Molly schien sich bei dem Thema unwohl zu fühlen und schweifte ab.
    »Mommy sagt, das erste Ehejahr ist das schwierigste. Nachdem sie Daddy geheiratet hatte, hat sie ein Jahr lang geweint. Jeden Morgen, sobald er nach dem Frühstück ins Büro gegangen war, musste sie ihr Herz ausschütten. Aber sie sagt, man gewöhnt sich daran.«
    »Eine furchtbar deprimierende Vorstellung«, sagte Helen.
    »Nein, hör zu. Als sie mich ins Internat geschickt haben, war es genauso. Ich habe jede Nacht geweint. Monatelang. Danach war es gut. Irgendwie gewöhnt man sich wirklich daran.«
    »Ich nehme an, während des Krieges haben sich die armen Menschen auch daran gewöhnt, in einem Konzentrationslager eingesperrt zu sein, aber das heißt noch lange nicht, dass es recht ist.«
    »Helen, ehrlich, du verdrehst immer alles. Ich meine doch nur, dass die Ehe keine einfache Sache ist. Man muss daran arbeiten.«
    »Die Sache ist, ich möchte ja gerne, dass es funktioniert«, sagte Diane. »Um Tommys willen mehr als alles andere. Darum habe ich Ray überhaupt geheiratet, damit Tommy einen Vater hat und eine echte Familie.«
    Wenigstens sprachen die beiden wieder miteinander. Wenn Ray sie aber anschnauzte oder seine Launen bekam, bemerkte sie, wie Tommy ihn böse anstarrte.
    Diane musste ihrer Traurigkeit mehr Ausdruck verliehen haben, als sie gewollt hatte, denn plötzlich rückten Molly und Helen ihre Stühle heran und nahmen sie in die Arme.
    »Alles wird gut«, sagte Molly. »Warte ab, wenn der Film in die Kinos kommt und alle sagen, wie wunderbar ihr beide seid, |289| dann wird Ray nicht mehr so angespannt und gereizt sein. Wir sind so stolz auf dich!«
    »Ja«, sagte Helen. »Aber er darf dich niemals schlagen. Wenn er das tut, dann verlässt du ihn, ja?«
    »Ach Helen, wirklich –«
    »Versprich es.«
    »Ich verspreche es.«
    Die Freundinnen nahmen sich in den Arm.
     
    Die Werbekampagne, die Herb Kanter und die Leute von Paramount ersonnen hatten, war beinahe so anstrengend wie die Dreharbeiten selbst. Der Start des Films war für Ende Februar vorgesehen, die Premieren sollten in Hollywood und New York stattfinden. Herb war entschlossen, jede nur freie Minute bis dahin auszunutzen, er wollte sicher sein, dass die ganze Welt von dem sensationellen neuen Star Diane Reed erfuhr.
    Einen Tag, nachdem sie Molly und Helen in den Zug nach San Francisco gesetzt hatte, begann für Diane ein Marathon mit Interviews und Fototerminen. Meistens im Studio oder in einer für diesen Zweck gemieteten Suite im Beverly Hills Hotel. Bei Journalisten von einflussreicheren Zeitungen oder Zeitschriften gab es ein Essen im Brown Derby oder im Bistro. Am häufigsten wurden Fragen über Dianes Beziehung zu Ray Montane gestellt. Die Fragen waren irgendwann unbarmherzig vertraut.
    Also, wo haben Sie sich kennengelernt? War es Liebe auf den ersten Blick? Was war das für ein Gefühl, die Liebesszenen zu drehen?
    Diane war ein Profi und antwortete stets, als wäre es das erste Mal. Sie schmeichelte den Journalisten für ihren Scharfsinn, schenkte ihnen ein sanftes, selbstironisches Lächeln oder ein Stirnrunzeln, wenn sie

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