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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorgab, einen Moment nachdenken zu müssen. Bescheiden, professionell, manchmal, wenn es angemessen war, sogar ein wenig kokett. Sie hinterließ gerne den Eindruck, |290| dass man ihr mehr entlockt hatte, als sie zu verraten beabsichtigt hatte.
    Viel schwieriger waren die Interviews, die sie mit Ray zusammen absolvieren musste. Sie saßen nebeneinander auf einem Sofa und spielten der ganzen Welt vor, das Leben sei ein Segen und ihre Liebe unvergänglich. Manchmal legte Ray – liebevoll und fürsorglich – seinen Arm um sie und küsste sie auf die Wange. Sobald die Journalisten den Raum verlassen hatten und sie wieder allein waren, explodierte er.
    »Bin ich unsichtbar, oder was? Dieser kleine Arsch hat nicht eine Frage an mich gerichtet.
Sagen Sie, Diane, hat der Ruhm Sie verändert? Haben Sie eine Botschaft für Ihre Fans in England?
Zur Hölle mit ihm.«
    Diane, Mollys Ermahnung im Ohr, holte tief Luft und küsste Ray, um ihn zu beruhigen. Wenn die Presse etwas mehr an ihr interessiert sei als an ihm, dann darum, weil sie das neue Gesicht sei. Er sei bereits ein Star. Die ganze Welt wisse, wer Ray Montane sei.
    Am letzten Sonntag im Oktober meldete sich Cal Matthieson telefonisch, um sich zu verabschieden. Seine Abreise nach Montana stand unmittelbar bevor. Diane fuhr Tommy zur Ranch, doch sobald sie angekommen waren, wünschte sie, sie hätte es gelassen. Die Bagger hatten alles aufgerissen. Bis auf ein paar Bäume war alles verschwunden. Die Fundamente für Hunderte von Häusern waren gelegt, eingeschnitzt in den Hang die erdige Geometrie von Straßen und Abwasserkanälen. Cals Haus stand wie verdammt in einem Meer trockenen Schlamms, seine Möbel waren auf einem Lastwagen.
    Tommy sagte kein Wort. Sein Blick wanderte dahin, wo sich einst die Ställe befunden hatten und nun ein Feuer schwelte. Der Rauch schwebte über dem Hang wie Nachwehen eines verlorenen, sinnlosen Krieges.
    Cal gab ihr einen Zettel mit seiner Adresse in Montana und |291| seiner Telefonnummer. Er bat Diane, ihn anzurufen, wenn sie je etwas brauche, und nahm ihr das Versprechen ab, dass sie ihn besuchten. Jederzeit, sagte er, solange sie wollten.
    »Weißt du, Tom, dein Pony wird schon griesgrämig. Du musst es bald reiten, oder es wird dich suchen kommen.«
    Tommy lächelte tapfer. Dann wandte er sich ab. Cal sah Diane an.
    »Wie geht’s?«
    »Gut«, sagte sie heiter. »Besser.«
    Er glaubte ihr nicht, das sah sie ihm an.
    »Wie ich höre, ist der Film gut geworden.«
    Es entstand ein langes Schweigen. Diane wollte ihn umarmen, ihn halten, ihm gestehen, was sie für ihn empfand, dass sie den Gedanken nicht ertrug, dass er fortging. Doch es war unmöglich.
    »Wir gehen jetzt besser«, sagte Diane leise. »Fährst du noch heute?«
    »Ja. Ich muss noch ein paar Sachen erledigen, dann geht es los.«
    »Nun.« Sie schluckte. »Pass auf dich auf.«
    »Du auch.«

|292| VIERUNDZWANZIG
    Sie näherten sich dem Gerichtsgebäude in der Reihenfolge, die Brian McKnight festgelegt hatte. Dannys zwei uniformierte Militäranwälte gingen voran, Danny und Kelly, im achten Monat schwanger, folgten Arm in Arm. Dahinter, in eleganten Anzügen, McKnight und sein Assistent Kevon Nielsen. Danach Dutch und Gina, auch Arm in Arm. Tom zum Schluss.
    Fernsehreporter und Zeitungsjournalisten warteten auf sie im Sonnenschein. Es war der zweite Tag der Anhörung. Tom hatte mit weniger Presse gerechnet. Auch die Sicherheit war verstärkt worden. Wohin man auch blickte, sogar auf den Dächern, waren Marinekorpssoldaten mit M16 postiert. Tom fragte sich, was sie erwarteten. Im Internet kursierten Morddrohungen gegen Danny und E-Mails, in denen Rache angekündigt wurde, nicht nur an Danny, sondern auch an Kelly und ihrem ungeborenen Kind. Camp Pendleton war an diesem heißen und wolkenlosen Maimorgen in höchster Alarmbereitschaft.
    Die Reporter hatten Danny und seine Entourage entdeckt. In die Gruppe kam Bewegung, Mikrophone erhoben sich, Kameras wurden in Stellung gebracht.
    »Okay, Leute«, sagte Brian McKnight leise. »Nicht vergessen, das Reden überlassen Sie mir.«
    Er hatte sie genau instruiert, wie man den Spießrutenlauf an der Presse vorbei unbeschadet überstand. Keine Fragen beantworten, egal, wie provokativ oder freundlich sie waren. Sie wollten weder selbstgefällig noch ängstlich noch unwirsch wirken. Sich angemessenen Schrittes bewegen, nicht zu eilig und nicht zu langsam, erhobenen Hauptes.
    |293| »Der Eindruck, den wir vermitteln wollen: Wir sind von der

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