Die wir am meisten lieben - Roman
Unschuld dieses jungen Soldaten überzeugt, respektieren aber gleichzeitig das Rechtssystem, das verlangt, dass er vor Gericht erscheint.«
Es würde eine schwierige Sitzung werden. Der gestrige Tag war mit der Klärung verfahrensrechtlicher Fragen verstrichen. Heute fuhr die Anklage schwergewichtige Zeugen auf. Danny hatte den geisterhaften Blick eines Schlaflosen. Ein letztes Mal ging McKnight mit Danny und den anderen Anwälten Einzelheiten durch. Gina nahm Tom zur Seite und machte ihn besorgt darauf aufmerksam, dass Danny permanent das Gesicht verzog.
»Glaubst du, er ist sich dessen bewusst?«
»Ich glaube nicht. Er wird sich schon beruhigen.«
»Er sieht furchtbar aus. Hast du seine Fingernägel gesehen?«
Die Nägel waren bis aufs Nagelbett abgeknabbert. Tom versuchte Gina zu beschwichtigen. Jeder Richter, der sein Geld wert sei, wisse, das hänge mit den Nerven zusammen und sei kein Zeichen von Schuld oder Unschuld. Gina war nicht gänzlich überzeugt.
McKnight hatte darum gebeten, dass Danny seine Dienstuniform tragen durfte. Wie erwartet, wurde das Gesuch abgewiesen. Der Grund sei, erklärte er, dann dürfe derjenige auch seine Auszeichnungen tragen, und das sei das Letzte, was die Regierung wolle: den Eindruck erwecken, dass sie einen Helden auf die Anklagebank setzte. Danny trug also genau das Gleiche, was die anderen Militärangestellten trugen – eine normale Tarnuniform.
Tom sah, wie sein Sohn die Schultern straffte. Die kleine Prozession näherte sich dem Gerichtsgebäude. Über die orangefarbene Absperrung lehnten sich die Reporter, riefen Fragen und hielten Danny die Mikrophone und Kameras entgegen.
»Corporal Bedford! Sind Sie zuversichtlich?«
|294| »Daniel, hierher, bitte!«
»Kelly, wie geht es Ihnen? Wann kommt das Baby?«
»Junge oder Mädchen, wissen Sie es schon?«
»Meine Damen und Herren«, rief McKnight, während sie sich ihren Weg bahnten. »Wenn Sie uns bitte durchlassen würden! Nach der Anhörung beantworte ich Ihnen gerne Ihre Fragen.«
Endlich waren sie im Gebäude. Zwei Marinepolizisten schlossen die Türen, und das Tohuwabohu verstummte. McKnight genoss diesen Teil des Prozesses. Er lächelte beinahe, was Tom bei ihm noch nie gesehen hatte. Der Mann hatte Format, er würde kein Wort darüber verlieren, aber dass er dachte, Kellys Zustand sei ein gefundenes Fressen für die Medien, war nicht zu übersehen. McKnight legte seinen Arm um Kellys Schultern.
»Alles klar, junge Dame?«
Sie nickte tapfer.
»Kommen Sie, uns dürfen Sie es sagen, Junge oder Mädchen?«
»Gewinnen Sie, und ich werde es Ihnen verraten.«
Zwei weitere Militärpolizisten kontrollierten jeden, der den Gerichtssaal betrat. Der Mann mit dem Metalldetektor lächelte, als Kelly an der Reihe war, und ließ sie so durch. Der Raum war ihnen schon vertraut. Cremefarbene Wände und Holztäfelung, eine niedrige, weiße Decke und indirektes Licht. Die großen, roten Bürostühle waren so bequem, man konnte auf ihnen einschlafen. Die Regierungsanwälte befanden sich bereits an ihrem Tisch auf der anderen Seite des Gangs. Der Hauptankläger Major Richards nickte McKnight ernst zu.
Wendell T. Richards war ein hochdekorierter Golfkriegsheld von knapp zwei Metern mit einem stoischen, eiskalten Blick, genau wie Tom ihn aus seinen Western Comics erinnerte. Laut McKnight nannte man ihn »Maximus«, weil er der beste Rechtsgladiator der Regierung war.
Tom folgte Kelly, Gina und Dutch zu den der Familie zugewiesenen |295| Plätzen hinter dem Tisch der Verteidigung. Er fasste Danny bei der Schulter.
»Viel Glück, Junge.«
Für die Presse waren nur wenige Plätze vorgesehen. Die meisten Journalisten verfolgten die Verhandlung auf einem Bildschirm in einem anderen Gebäude. Es waren noch der Rechtsberater des Richters, ein Stenograph und ein Gerichtszeichner anwesend. Die Geschworenenbank war leer. Dannys Schicksal lag in den Händen eines Mannes, des Mannes, der jetzt den Saal betrat, um hinter dem getäfelten Podium vorne links Platz zu nehmen. Der Ermittlungsbeamte Colonel Robert Scrase war ein sanftmütiger Texaner mit einwandfreien Referenzen sowohl als Soldat als auch als Militäranwalt. Und obwohl beide Seiten das Recht gehabt hatten, seine Eignung anzufechten, hatte keine davon Gebrauch gemacht.
Richards hatte bereits gestern Nachmittag zwei Zeugen aufrufen lassen, Männer aus Dannys Kompanie, die schilderten, unter welchen Bedingungen sie im Irak in den Wochen operierten, die zu der Nacht der
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