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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gleich zusagen. Ich weiß, in der Glitzerwelt des Showgeschäfts muss erst der Agent gefragt werden und der ganze Quatsch.« Er lachte lauthals über seinen eigenen Scherz.
    Es war sechs Uhr, die Feier war offiziell zu Ende. Die Jungen durften bis zum nächsten Tag zur selben Zeit nach Hause fahren. Danach waren es nur noch fünf Tage bis zum Ende des Semesters, und anschließend ging es für ganze zwei Monate nach Hause. Tommy fragte Diane, ob Dickie mit ihnen kommen könne, der habe doch niemanden. Aber sie sagte nein, vielleicht ein anderes Mal. Es gebe
wichtige Familienangelegenheiten
zu besprechen. In ihren Augen lag ein sonderbar nervöser Ausdruck.
    »Was meinst du damit?«
    »Das erkläre ich dir später, mein Schatz.«
    »Egal«, sagte Dickie. »Ist schon okay hier, wenn keiner da ist.«
    Er kletterte aus dem Wagen und verabschiedete sich. Nach einem weiteren Wortschwall von Charlie Chin geleitete der Chauffeur Ray und Diane zum Rücksitz, Tommy saß in der Mitte, und ab ging es. Eine Schar Kinder rannte bis zum Schultor nebenher und rief:
See ya along the trail
.
    Dann war es still. Ray nahm zwei Zigaretten aus einem Silberetui, zündete sie an und reichte eine Diane. Eine ganze Weile sprach niemand ein Wort.
    »Kommt Ray mit uns nach Hause?«, flüsterte Tommy.
    |93| »Ja, aber er wird nicht bleiben. Er muss nach London. Er fliegt morgen zurück.«
    »Nach Kalifornien?«
    »Genau, mein Sohn«, sagte Ray.
    »Schade.«
    »Ja, wirklich schade. Aber weißt du was, Tommy? Ich habe das Gefühl, dass wir beide uns bald ziemlich oft sehen werden.«
    »Oh.«
    Ray warf Diane einen flüchtigen Blick zu, und Tommy sah in ihren Augen wieder diesen eigentümlichen Ausdruck. Sie versuchte zu lächeln, blickte dann aber aus dem Fenster. Ray und Tommy plauderten während der Fahrt, Diane schwieg.
    Viele Wochen hatte Tommy nicht nach Hause gedurft. Als der Bentley nun in die Einfahrt bog, dachte er, seine Eltern würden herauskommen und ihn freudig begrüßen. Aber nichts dergleichen geschah. Und Ray kam nicht mit ins Haus. Sie stiegen aus, und der Chauffeur stellte Dianes Koffer neben sie. Ray schüttelte Tommy fest die Hand.
    »Pass auf mein Mädchen auf, okay, Partner?«
    »Okay.«
    Ray grinste und formte mit den Fingern einen rauchenden Colt. Tommy erwiderte die Geste. Dann nahm Ray Diane in den Arm und küsste sie auf den Mund.
    »Viel Glück, Zuckerpüppchen«, sagte er. »Du wirst sehen, alles wird gut.«
    Diane sagte nichts, nickte nur. Ray stieg ins Auto, der Chauffeur schloss die Tür, und Tommy und Diane blickten dem Bentley nach, der geräuschlos die Straße hinunterfuhr. Diane legte den Arm um Tommys Schulter.
    »Komm« sagte sie. »Wir gehen besser rein.«
     
    Sie hatte die Rede hundertmal im Kopf durchgespielt, sogar laut vor dem Spiegel, als übte sie eine Rolle für ein neues Stück. |94| Doch es half alles nichts. Sie war nervöser als vor einer Premiere in West End. Das Theater war Illusion. Das hier war das wahre Leben. Außerdem, sie wusste, das Publikum war ihr nicht geneigt.
    Ihre Eltern warteten im Wohnzimmer. Im Fernsehen wurden die Cricketergebnisse bekanntgegeben, aber niemand hörte zu. Ihr Vater saß in seinem Sessel, paffte Pfeife und las Zeitung. Ihre Mutter saß an einem Ende des Sofas, ein halbvolles Glas Gin Tonic in der Hand. Ihren Augen und dem Rot ihrer Wangen nach zu urteilen, war es nicht der erste. Als Diane und Tommy eintraten, beugte sie sich vor und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Hallo, Tommy«, sagte sie matt.
    »Hallo.«
    Tommy ging zu ihr hinüber. Sie hielt ihm die Wange für einen Kuss hin. Diane sah ihm an, dass er spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Ihr Vater räusperte sich und lächelte gezwungen.
    »Hallo, alter Junge. Wie war die Feier?«
    »Ganz schön. Was ist denn los?«
    Dianes Eltern sahen sie an und warteten darauf, dass sie etwas sagte. Ihr Vater wirkte traurig und müde und plötzlich sehr alt. In den Augen ihrer Mutter flackerte eine Wut, die sie kaum in Schach halten konnte. Etwas anderes hatte Diane auch nicht erwartet nach all den Wochen des Streits, der Drohungen und Schuldzuweisungen. Drei Tage und Nächte hatte sie mit ihnen diskutiert, bis sie schließlich Hals über Kopf zurück zu Ray nach London ins Hotel abgereist war. Er war der Einzige, der sie verstand. Ohne ihn hätte sie niemals den Mut aufgebracht.
    Aber so hatte sie es nicht geplant. Letzte Nacht am Telefon hatte ihr Vater sie erneut angefleht, zum letzten Mal, es nicht

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