Die wir am meisten lieben - Roman
Blumen oder Federn geschmückte Hüte auf.
Diane nicht. Sie trug ihr Haar offen; die wallenden Locken wippten bei jedem Schritt. Sie war braungebrannt von der Sonne Kaliforniens und trug hochhackige Sandalen und ein schulterfreies rosa Kleid. Das Dekolleté war tief ausgeschnitten und keiner der Jungen oder Väter konnte seinen Blick abwenden.
|90| Vor aller Augen gab sie Tommy einen langen Kuss und drückte ihn so fest an sich, dass ihm die Luft wegblieb. Danach begrüßte sie Dickie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er wurde rot. Ray gab beiden die Hand und sagte Tommy, er habe schon viel von ihm gehört. Hoffentlich nichts von der Bettnässerei, dachte Tommy sofort. Ray hatte die blauesten Augen, die Tommy je gesehen hatte. Auf dem Rücksitz des Bentleys stand ein Picknickkorb, der mindestens dreimal so groß war wie der größte der anderen. Auf dem Deckel waren riesige Buchstaben zu sehen:
F&M
. Die Initialen eines kostbaren Ladens, wo sie ihn gekauft hatten, erklärte Diane. Darin befanden sich alle möglichen kuriosen Dinge, Pastete aus Gänseleber und schwarze Fischeier, die Kaviar hießen. Dickie war begeistert. Tommy fand sie ekelhaft. Der Chauffeur legte Decken auf die Wiese, und die beiden setzten sich und aßen, bis ihnen übel wurde.
Charlie Chin sollte sich um den rotgesichtigen Colonel kümmern, der die Ehrenurkunden verliehen und anschließend eine endlos langweilige Rede über die Wichtigkeit von Teamplay gehalten hatte. Chin war jedoch begierig danach, Diane und Ray vorgestellt zu werden, das sah man ihm an. Er bestand auf einer Führung durch die Schule. Tommy ging mit, bereute es aber sogleich, denn der Direktor klopfte ihm dauernd auf die Schulter und flachste herum, als seien sie die besten Freunde. Diese Heuchelei war widerwärtig. Vor dem Umkleideraum hätte Tommy am liebsten gesagt:
Und hier tut dieser Fiesling nichts lieber, als uns nach Strich und Faden zu verprügeln
.
Doch es kam viel besser. Sie saßen vor dem Cricketpavillon beim Tee. Tommy entdeckte Windhund Brent, der sich gerade mit der frettchenhaften Frau des Colonels unterhielt, und flüsterte Diane und Ray zu, dieser Kerl da sei der übelste und sadistischste Schläger von allen.
»Hat er dich geschlagen, Tommy?«, fragte Ray.
»Oft. Dickie schlägt er jede Nacht.«
|91| »Der ist ein echter Perverser«, sagte Dickie.
Ray nickte nachdenklich.
»Wie ist sein Name?«
»Mr. Brent. Wir nennen ihn den Windhund.«
Bevor sie sich versahen, ging Ray direkt auf den Windhund zu und tippte ihn auf die Schulter.
»Entschuldigen Sie, meine Dame«, sagte er, an die Frau des Colonel gewandt, und tippte an die Krempe seines Stetson. »Ich muss den Herrn kurz unter vier Augen sprechen. Es dauert nur einen Moment.«
Brent verzog das Gesicht, ließ sich aber von Ray zur Seite nehmen. Ray beugte sich etwas vor und sprach sehr leise mit ihm. Dann legte er seine Hand auf Brents Schulter, lächelte süßlich und kam zurück. Der Windhund sah aus, als sei ihm ein Gespenst begegnet.
»Was, um alles in der Welt, hast du ihm gesagt?«, flüsterte Diane.
»Ich habe gesagt, wenn er die beiden noch einmal anrührt, komme ich wieder und schiebe ihm seine perverse Windhundnase in seinen Arsch.«
Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Ray und Diane standen neben dem Wagen und gaben die letzten Autogramme. Charlie Chin näherte sich.
»Also gut, Jungs, das reicht jetzt. Keine Autogramme mehr. Ich bin mir sicher, Mr. Montane und Miss Reed sind vielbeschäftigte Leute.«
»Verdammt, Charlie, und ich dachte schon, ich bleibe den ganzen Tag hier«, sagte Ray.
Der Direktor brach in schallendes Gelächter aus, als habe er nie etwas Lustigeres gehört. Ray sah zu Tommy ins Auto und zwinkerte ihm zu. Tommy mochte ihn schon jetzt. An den Gedanken, dass dieser große Star, Red McGraw aus
Sliprock
, der Freund seiner Schwester war, konnte er sich noch nicht gewöhnen. |92| Noch sensationeller wäre es nur gewesen, wäre sie am Arm von Flint McCullough aus Hollywood nach Hause gekommen. Ray sah ein bisschen älter aus als im Fernsehen – und eine ganze Ecke älter als Diane. Wahrscheinlich, weil er so viel Zeit in den Weiten der Steppe verbrachte.
»Nun, ich hoffe, Sie kommen uns wieder einmal besuchen«, fuhr der Direktor fort und starrte dabei auf Dianes Ausschnitt. »Sie beide. Ich meine … Ähem, Mr. Montane, vielleicht als unser Gastredner auf der Schulfeier im kommenden Jahr?«
»Na ja, Charlie, das ist wirklich –«
»Sie müssen nicht
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