Die wir am meisten lieben - Roman
freute sich wie verrückt. Das brach das Eis ein wenig. Tom bereitete ein Tomaten-Käse-Omelett und einen Salat zu, während Danny sich, an den Tresen gelehnt, beflissen nach Toms Arbeit erkundigte, obgleich er sich noch nie dafür interessiert hatte. Sein Kopf war rasiert, abgesehen von der kleinen Bürste in der Mitte. Tom mit seiner schütter werdenden grauen Mähne fühlte sich wie ein Hippie. Er war drauf und dran, einen Witz zu reißen, verkniff es sich aber lieber.
»Also, wo brennt’s?«, sagte er, als sie sich zu Tisch setzten.
»Ich werde mich freiwillig zur Armee melden.« Danny sah nicht von seinem Teller auf. »Ich wollte nur, dass du es weißt.«
»Zur Marine?«
»Ja.«
|119| »Du meinst, nach dem College.«
»Nein. Ich werde nicht aufs College gehen. Jedenfalls nicht jetzt.«
»Ich dachte, das sei der Plan. Montana State und dann entscheiden.«
»Ich habe mich entschieden.«
»Aber ohne Abschluss, das heißt, du gehst als … wie heißt das?«
Danny lachte höhnisch, als könnte nur ein Idiot solch eine Frage stellen.
»Als Gefreiter.«
»Ich dachte, du willst Offizier werden.«
»Das kann ich später auch noch.«
»Aber –«
»Dad, wir befinden uns im Krieg! Ich habe schon zu lange gewartet.«
»Nun, es ist ein Krieg, von dem manche von uns denken, dass –«
»Ich weiß, wie du darüber denkst. Aber das ist mir egal. Ich will nur –«
»Woher? Woher willst du wissen, was ich denke? Ich erinnere mich nicht, dass wir je darüber gesprochen haben.«
»Ich weiß es eben, okay?«
Tom atmete tief durch. Einen Moment lang war nur das Klappern des Bestecks zu hören. Das Omelett schmeckte plötzlich wie Pappe. Er verfluchte sich im Stillen, dass er das nicht vorhergesehen hatte. Dank Dutch war eine Militärlaufbahn immer eine Option gewesen. Aber als Offizier mit einem Collegeabschluss in der Tasche. Und vier Jahre College, hatte Tom insgeheim gehofft, hätten Danny vielleicht auf eine andere Idee gebracht.
»Bist du heute hierhergekommen, um mir das zu sagen oder um mich um meine Meinung zu fragen.«
|120| Danny sah immer noch nicht auf.
»Mom wollte, dass ich es dir sage.«
»Danke schön. Dann hat sie wohl nichts dagegen, nehme ich an.«
»Natürlich nicht.«
»Wieso
natürlich
? Nicht jede Mutter ist ausgesprochen glücklich, wenn ihr Sohn in den Krieg zieht. Insbesondere, wenn es sich um einen Krieg handelt, von dem eine Menge Leute denken, dass wir ihn nicht führen sollten.«
Tom bereute seine Worte, bevor er überhaupt zu Ende gesprochen hatte. Danny sah weg und schüttelte verächtlich den Kopf.
»Das denken vielleicht Leute wie du, aber –«
»Entschuldige einen Moment. Was soll das heißen:
Leute wie ich
?«
»Leute, die nur zusehen, wie unser Land angegriffen wird, und nichts zur Verteidigung tun.«
Jetzt hatte der Junge seine Augen auf ihn gerichtet. Die Verachtung darin ließ Tom so zusammenfahren, dass er schlucken musste, bevor er sprechen konnte.
»Angegriffen? Du meinst den 11. September?«
»Selbstverständlich meine ich den 11. September, verdammt.«
»Diese Leute waren nicht aus dem Irak, Danny. Die hatten keine Verbindung zum Irak. Jeder weiß das.«
Danny schob seinen Teller weg und erhob sich. Die Stuhlbeine schabten über den Boden.
»Danny, bitte –«
»Vergiss es.«
»Hör zu. Entschuldige. Bitte, setz dich wieder hin.«
»Warum müsst ihr Liberalen immer irgendwelche Entschuldigungen für die finden, die uns umbringen wollen?«
»Danny –«
|121| »Kapierst du es nicht? Nein, du kapierst es nicht. Du kapierst es einfach nicht.«
Danny war inzwischen an der Tür. Tom stand auf und breitete die Arme aus.
»Bitte, Danny. Geh nicht einfach weg.«
Aber er war schon draußen. Makwi rannte Danny hinterher, bellte und dachte wahrscheinlich, es sei irgendein Spiel. Danny sprang in den Wagen und schlug die mit Flammen verzierte Tür zu. Als Tom ihn erreichte, hatte Danny den Motor angelassen und schon den Rückwärtsgang eingelegt, die Räder drehten durch und hinterließen Spuren im Kies. Makwi bellte erneut. Tom wollte die Fahrertür öffnen.
»Danny, ich bitte dich!«
Aber es war zu spät. Der Kleinlaster raste aus der Einfahrt die Straße hinunter.
Tausendmal hatte Tom diesen Augenblick Revue passieren lassen, sich überlegt, an welcher Stelle er vielleicht hätte anders reagieren können. Statt zuzuhören, hatte er Danny provoziert. Statt Respekt zu zeigen und seine Unterstützung anzubieten, hatte er die Überzeugung seines Sohnes
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