Die wir am meisten lieben - Roman
während Tom die Vögel beobachtete, blieb Makwi hechelnd ein wenig hinter ihm stehen. Als sie nach Hause kamen, lief die Hündin über die Wiese in den Bach und nahm ein Bad, danach legte sie sich ins Gras und wälzte sich.
|124| Tom schaltete den Fernseher in der Küche ein und sah CNN. Dabei füllte er Makwis Futternapf, anschließend kochte er für sich Pasta und Bohnen. Zwei amerikanische Soldaten waren durch eine Bombe am Straßenrand südlich von Bagdad getötet worden; fünfzehn Iraker waren einem Selbstmordattentäter auf dem Markt in Basra zum Opfer gefallen. Tom hörte schon gar nicht mehr hin und führte die Gabel mit Nudeln zum Mund, als er mitten in der Bewegung innehielt.
»Und zu Hause in Camp Pendleton in Kalifornien wurden zwei US-Marinesoldaten im Zusammenhang mit einem Vorfall vom 24. Januar, bei dem sieben irakische Zivilisten ums Leben kamen, des vorsätzlichen Mordes angeklagt –«
Dann folgten Fotos von Danny, »Lance Corporal Daniel Bedford«, und dem anderen jungen Angeklagten. Es waren keine erkennungsdienstlichen Polizeifotos, aber das war auch schon egal. Im Fernsehen und in den Augen von Millionen, die zusahen, waren die beiden Soldaten schuldig, bis ihre Unschuld bewiesen war. Der Bericht war quälend kurz. Nichts darüber, was passiert war. Es wurde lediglich erwähnt, dass sich die Beschuldigten nicht in Haft befänden, sondern nach Camp Pendleton zurückgeflogen und bis zur Anhörung nach Artikel 32 des Militärrechts vom Dienst suspendiert worden seien. Sollten sie schuldig gesprochen werden, endete der Bericht, drohte ihnen die Todesstrafe.
Tom schüttete sein Abendessen in die Spüle. Von seinem Arbeitszimmer aus rief er Gina auf dem Handy an. Sein Herz pochte, seine Hand zitterte, er musste die Nummer zweimal eingeben. Er konnte nicht sagen, ob er wütender darüber war, was er gerade gehört hatte, oder darüber, wie er davon erfahren hatte. Er stand da, wartete, dass sie endlich abnahm, klopfte ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch und starrte das Foto von Danny an.
»Gina?«
|125| »Tom, ich kann jetzt nicht sprechen.«
»Hast du die Nachrichten gesehen?«
»Ja, hör zu, ich –«
»Hast du Danny gesehen?«
»Wir sind bei ihm.«
»Du hättest mich informieren können, findest du nicht?«
»Sorry, es war ein aufreibender Tag –«
»Herrgott, Gina. Ich meine –«
»Tom, ich rufe dich zurück, okay? Ich muss jetzt auflegen.«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
|126| ZEHN
Tommy hielt die Pistole mit beiden Händen. Er spähte über den Lauf und bemühte sich, sie ruhig zu halten, während er darauf wartete, dass der Indianer hinter dem Felsvorsprung hervorkam. Bei der Waffe handelte es sich um einen siebenzylindrigen kupferbeschlagenen 45er Colt mit einfacher Hahnspannung und einem verzierten Griff aus Elfenbein – das schönste Ding, das er je in den Händen gehalten hatte. Es war nicht einfach, den schweren Colt ruhig zu halten. Tommy hatte schon fünf Runden abgefeuert und jedes Mal daneben geschossen.
»Die Füße noch ein bisschen weiter auseinander«, sagte Ray Montane. »Und nicht den Atem anhalten. Nur langsam und tief einatmen. So ist es richtig. Jetzt kriegst du ihn, mein Sohn. Ziel auf die Brust, und vergiss nicht, sanft zum Abzug. Fertig?«
Tommy nickte.
»Okay. Hahn wieder spannen.«
Tommy spannte ihn. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Ray noch einmal den Stahlhebel umfasste.
»Eins, zwei, drei …«
Ray schob den Hebel nach vorn, und es gab ein krachendes Geräusch. Das Kabel spannte sich. Der Indianer tauchte hinter dem Felsen hervor und richtete die Rifle auf sie, als wollte er jeden Moment schießen. Tommy atmete tief durch und löste den Abzug. Der Rückschlag und der Knall erschreckten ihn nach wie vor. Er war sich sicher, dass er wieder nicht getroffen hatte, aber diesmal hörte es sich anders an. Ein lautes Klirren erklang. Ray und Diane jauchzten.
»Na also, Partner. Du hast ihn erwischt!«
|127| Diane saß auf einem Holzstuhl mit breiten Armlehnen hinter ihnen auf der Veranda. Sie sprang auf und klatschte in die Hände. Tommy drehte sich um, die Waffe noch immer in der Hand, und grinste.
»Hoppla, Cowboy«, sagte Ray. »Pass auf, wo du hinzielst.«
»Ist doch leer.«
»Ich weiß. Aber du musst immer nachsehen.«
Ray nahm ihm die Pistole ab, warf die leeren Patronenhülsen aus und legte sie auf den Tisch neben die großen Cocktailgläser und den Aschenbecher, in der Dianes Zigarette lag. Eine kleine Rauchsäule kräuselte
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