Die wir am meisten lieben - Roman
senkte sich. Er schloss die Augen. Alles drehte sich. Wo zum Teufel war er? Auf den Stufen war er so hart wie der Lauf einer Pistole gewesen, und jetzt schlaffte er ab. Zur Hölle! Morgen war auch noch ein Tag. Er dachte an die freundlichen Worte, die der junge Autor zu ihm gesagt hatte. Endlich jemand, der ihn verstand, der wusste, wie großartig er war, wenn er nur eine halbe Chance bekam. Und der Junge hatte Ahnung. Er hatte einen Abschluss von Stanford, Himmelherrgott, wusste alles über den französischen Film und diesen ganzen schicken Firlefanz.
Und die Schöne auf dem Ball, die, bei deren Anblick jedem Mann das Wasser im Munde zusammengelaufen war, würde seine Frau werden. Was für ein Paar würden sie abgeben? Burton und Taylor, Bogey und Bacall. Montane und Reed. Verflucht, er würde es den Schweinehunden zeigen.
|158| DREIZEHN
Tom erblickte die Katze ein paar Sekunden vor Makwi. Sie liefen durch den Wald. Plötzlich war die Katze da, saß auf einem umgekippten Baum an der Bergseite des Wegs. Im fleckigen Licht dachte er erst, es sei ein Eichhörnchen, dann sah er das Halsband und die schimmernde Marke, und im selben Moment bekam auch Makwi Wind von ihr, jedenfalls schoss er davon wie eine Tomahawk-Rakete. Tom rief hinterher, aber umsonst. Der Jagdinstinkt war stärker.
Tom hatte sich nie viel aus Katzen gemacht. Er hatte genügend Filme über die Tierwelt gesehen, um zu wissen, dass der einzige Unterschied zwischen einem Tiger und einer getigerten Hauskatze die Größe war. Die eine war groß genug, dich zu töten, die andere nicht, würde aber töten, wenn sie könnte. Man konnte es in ihren Augen lesen: Im Grunde war man Beute. Wenn diese Katze ein bisschen schlauer gewesen wäre, hätte sie eine Chance gehabt. Aber sie verlor zu viel Zeit damit, ihren Kopf zu senken und den buschigen Schwanz aufzustellen. Als die Nachricht bei ihr angekommen war und sie vom Baumstamm sprang, war die Sache vorbei. Glücklichweise musste Tom nicht Zeuge ihres Ablebens werden. Er kämpfte sich durch das Unterholz, rutschte aus, rief und stürzte so schwer, dass ihm die Luft wegblieb. Er fand sie am Bach. Die Hündin stand mit einem gewissen Stolz über ihrer Beute.
»Verdammt, Makwi. Hast du nicht das Halsband gesehen? Das bedeutet
nein
, okay?«
Die Katze war nicht nur alt, sondern auch noch eine dieser gezüchteten, siamesisch oder burmesisch oder so etwas, und hatte |159| mit Sicherheit ein kleines Vermögen gekostet. Tom hob das Tier auf. Kein einziger Tropfen Blut. Makwi musste ihr das Genick gebrochen haben. Er sah auf die Marke. Der Name
O’Keefe
war eingraviert und eine Telefonnummer. Er trug die Katze nach Hause und merkte, wie die Wärme langsam aus dem Körper wich. Makwi trabte reuevoll hinterher.
Bei der Nummer meldete sich nur der Anrufbeantworter. Tom hielt es für besser, gleich mit der Wahrheit herauszurücken. Im, wie er hoffte, richtigen Ton sagte er, es tue ihm sehr leid, aber sein Hund habe im Wald eine Katze erlegt und auf der Marke am Halsband stehe diese Nummer. Er hinterließ seinen Namen und seine Telefonnummer und legte auf. Er starrte auf den toten Körper auf seinem Küchentisch und fragte sich, was er damit anstellen sollte.
Gleich in der Früh wollte er nach Kalifornien fliegen. Liz, eine Freundin, würde sich so lange um das Haus und Makwi kümmern. Wenn sich also der Besitzer der Katze bis zum Abend nicht meldete, dann war zumindest jemand hier. Es war heiß. Vielleicht sollte er das tote Tier in die Gefriertruhe legen. Aber vielleicht wäre der Besitzer nicht sehr erfreut, wenn er sein geliebtes Haustier steif und tiefgefroren zurückbekam.
Tom leerte einen Karton, in dem er Postkarten aufbewahrte, legte ein altes Handtuch hinein und dann die Katze. Einen Moment stand er da und sah das Tier an. So wie der Kopf dort ein wenig geneigt auf dem roten Tuch ruhte, verlieh es dem Ganzen eine Erhabenheit, die etwas Komisches hatte. Ein einbalsamierter Katzenpharao. Tom schloss den Karton mit dem Deckel und ging duschen.
Er reiste nach Kalifornien, um Danny zu sehen. Danny hatte ihn nicht eingeladen. Er schien auch von der Idee nicht sonderlich begeistert zu sein. Wenigstens hatte er nicht abgelehnt. Gina hatte ihm endlich Dannys neue Handynummer gegeben, und vor zwei Nächten, nachdem Tom Stunden damit zugebracht hatte, sich ein |160| Herz zu fassen, und darüber nachgedacht hatte, was er sagen sollte, hatte er Danny angerufen. Das Gespräch hätte nicht verkrampfter sein können.
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