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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Danny klang weniger feindlich als vorsichtig, aber Tommy kam sich trotzdem vor wie ein Handelsreisender. Im Grunde war er es auch, wenn er ehrlich war. Er schlug jemandem eine Versöhnung vor, der ganz andere Sorgen hatte.
    Tom hatte beschlossen, es sei besser, wenn er die Sache nicht so aufbauschte. Also log er und sagte, er habe ein paar geschäftliche Termine in L. A., und nach Camp Pendleton sei es ja nicht weit. Vielleicht könnten sie zusammen zu Mittag essen? Was sagte er da nur? Als fiele es ihm nicht im Traum ein, die Reise anzutreten, weil er seinen Sohn sehen wollte.
    »Mittag? Wieso?«
    »Nur so, Danny. Ich möchte dich sehen. Ich habe dich vermisst.«
    Ein langes Schweigen trat ein. Tom hörte seinen Sohn tief durchatmen.
    »Hör zu. Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee –«
    »Bitte, Danny.«
    Seither hatte Tom einen Rückruf erwartet und eine Absage. Wahrscheinlich würde Gina das übernehmen. Als sie dann anrief, sagte sie nicht ab, sondern riet ihm, Danny zu schonen, ihm keine Predigt zu halten.
    »Gina, hältst du mich für so dumm?«
    »Nein, natürlich nicht. Entschuldige. Er ist im Moment nur recht labil.«
    »Ach, wirklich? Danke, dass du mich in Kenntnis setzt.«
    »Tom, sei doch nicht so. Der Bürojob, den sie ihm gegeben haben, macht ihn wahnsinnig, und mit den Anwälten ist es auch nicht leicht.«
    Tom war kurz davor, auf die Frage zurückzukommen, ob sie ihm nicht einen unabhängigen Anwalt besorgen sollten, aber er ließ es sein. Er wollte mit Danny darüber sprechen.
    |161| Beim Essen sah er die Nachrichten. Nichts über Danny. Schon seit Tagen gab es nichts Neues. Lediglich die übliche Auflistung von Selbstmordattentaten und Bomben im Irak, vom zufälligen Verlust anonymer Leben. Er war gerade dabei, ins Bett zu gehen, als das Telefon läutete.
    »Spreche ich mit Tom Bedford?«
    Die Stimme der Frau klang irgendwie vertraut.
    »Ja?«
    »Hier ist Karen O’Keefe.«
    Er zögerte. Der Name sagte ihm nichts.
    »Ah …«
    »Wir haben uns auf der Lesung Ihres Freundes Troop kennengelernt.«
    Tom erinnerte sich. Er fühlte sich sogar geschmeichelt.
    »Entschuldigen Sie. Natürlich. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut. Ihr Hund hat meine Katze getötet.«
    Sie klang nicht aufgebracht, eher fasziniert davon, dass er der Besitzer des Mörders war. Sie erklärte, dass die Katze nicht ihr, sondern ihrer Mutter gehörte, die auf der anderen Seite des Hügels wohnte. Sie wollte wissen, wo sich das tote Tier befand.
    »In einem Karton auf dem Küchentisch.«
    »Ich komme vorbei und hole es.«
    »Was, jetzt?«
    »Ist das okay?«
    Tom nannte ihr die Adresse und beschrieb den Weg zum Haus, dann ging er in sein Schlafzimmer, zog ein schickeres Hemd an und besah sich im Spiegel. Nach fünfundzwanzig Minuten schwenkten die Scheinwerfer eines Autos auf seine Auffahrt.
    Tom ging hinaus, um Karen zu begrüßen. Sie gaben sich die Hand, und er führte sie in die Küche. Er hatte vergessen, wie apart sie war. Das volle schwarze Haar, die grünen Augen, die Sommersprossen, die ihrer Haut ein Glühen verliehen. Sie hatte |162| einen kurzen roten Rock an und ein bauchfreies Top. Sie ertappte ihn dabei, wie er einen heimlichen Blick riskierte. Tom zog die Hündin zu sich.
    »Das ist also der Mörder, ja?«
    »Ja.«
    »Und das ist …«
    »Ich fürchte, ja.«
    Er hob den Deckel von dem Karton und trat zurück, so dass Karen ein wenig vor ihm stand. Sie schwieg einen Moment, blickte einfach nur auf die Katze.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    Karen nickte. Dann begannen ihre Schultern zu zucken. Tom wusste nicht, ob er seinen Arm tröstend um sie legen sollte, entschied sich aber dagegen. Dann wurde ihm klar, dass sie nicht weinte – sie lachte. Sie hielt die Hände vor den Mund, konnte sich nicht beruhigen. Er war sprachlos.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie. »Das ist so unpassend.«
    Sie gewann für einen Augenblick ihre Selbstbeherrschung zurück und setzte einen besorgten Gesichtsausdruck auf. Doch davon musste sie nur wieder lachen; es war so ansteckend und bizarr, dass Tom auch anfing. Dann hustete sie und ging hinüber zur Spüle, um ein Glas mit Wasser zu füllen. Nach ein paar Schlucken und einem weiteren Lachanfall konnte sie sich zusammenreißen.
    »Eigentlich bin ich nicht herzlos«, sagte Karen. »Es ist wegen des roten Handtuchs. Das Tier sieht so herrschaftlich aus, wie Lenin oder der Vorsitzende Mao. Ehrlich gesagt mag ich Hunde lieber.«
    »Wie hieß die Katze?«
    »Maurice – ein Kater.«
    Karen fing

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