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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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zu uns gesellen? Mit Howie über die Leafs sprechen, das Hockeyteam aus Toronto? Das wäre wahrscheinlich die einzige Gemeinsamkeit der beiden, aber immerhin. Oder würde sich Ches, wie jeden Tag vor seinem Tod, nur wieder bis zur Bewusstlosigkeit betrinken?
    Meine Gedanken wandern zu dem Treffen im Confederation Building. Wären doch schon alle hier und könnte ich endlich die gute Nachricht verkünden! Ich freue mich auf die ungläubigen Mienen, wenn sie hören, wie ich das hinbekommen habe! Ich werde bis zum Essen warten, wahrscheinlich bis zum Tischgebet. Bald duftet es im ganzen Haus nach Truthahn.
    Prissy kommt als Erste, mit Howie, Quentin und Clara. Charlie verbringt die Feiertage mit einem Mädchen aus Bay Roberts, und das sei auch besser so, sagt Prissy, denn er habe schon den Heiligabend ruiniert. Sie drückt mir eine Flasche Sekt in die Hand und will gleich selbst ein Glas. Sie ist ungewöhnlich flatterig, ich weiß nicht, warum. Sie kippt ihr Glas in zwei Schlucken hinunter und bittet um Nachschub.
    »Du musst Nachsicht mit meiner Mutter haben«, sagt sie. »Ich habe ihr für heute ein schönes Kleid gekauft, aber sie besteht darauf, dieses Ding zu tragen.«
    Prissy wirkt wie eine verlegene Mutter, die sich entschuldigt, weil ihr Kind den Superheld-Umhang oder die Prinzessinnenkrone partout nicht ablegen will. Erst da fällt mir auf, dass Clara Schlafanzug und Hausmantel trägt.
    »Is’ doch egal, Prissy«, sage ich. »Solange sie sich wohlfühlt.«
    »Sie will ihr neues Kleid nicht anziehen, weil sie darin beerdigt werden will. Ich habe einen ganzen Tag lang nach einem schönen Weihnachtsgeschenk für sie gesucht, und was sagt sie, als sie das Päckchen öffnet? ›Hinreißend, Prissy. Ich fände es schön, wenn du mich darin beerdigen würdest.‹ Und was antwortet sie auf meine Frage, was Quentin ihr zu Weihnachten schenken soll? Ein Paar Einlagen«, sagt Prissy, ehe ich raten kann. Sie trinkt schon das dritte Glas. In einer Stunde ist sie sicher vollkommen blau.
    »Ich soll ihr Einlagen besorgen, dabei kann sie gar nicht mehr laufen! Sie trägt ja kaum noch Schuhe.«
    Ich schaue zu Clara. An ihren Füßen steckt ein Paar ausgetretener Hausschuhe.
    »Da hätte sie sich gleich Schlittschuhe wünschen können, was so oder so ein dämliches Geschenk ist, selbst wenn man laufen kann. Nicht aber ein Sarg. Das ist doch mal ein fantastisches Weihnachtsgeschenk.«
    Ich habe schon während ihrer vielen Besuche bei Lawlor’s alles über den gefürchteten Sarg gehört. Prissy sträubt sich gegen die ganze Sache, und ich vermute, dass der Sarg jetzt fertig ist.
    Sie kichert und schenkt sich ein weiteres Glas ein.
    »Prissy, vielleicht solltest du eine Pause machen, bis du etwas gegessen hast«, wirft Howie ein, aber Prissy weist ihn wütend ab.
    »Warum kümmerst du dich nicht um deine Angelegenheiten? Du verschwindest sowieso bald!«
    Howie läuft vor Wut rot an. Er macht den Eindruck, dass er seine Frau am liebsten erwürgen würde, doch er schweigt, während Prissy, wie zum Trotz, ein weiteres Glas hinunterkippt. Prissy hat nie viel vertragen, höchstens ein paar Bier, aber keinen anderen Alkohol. Ich habe sie nur wenige Male betrunken erlebt, und schön war das nie. Einmal hatte Ryan Vogel eine Flasche Rum aus dem Alkoholschrank seiner Eltern gemopst. Zuerst hatte Prissy noch gelacht und Ryan umarmt, doch später hatte sie sich ins Gebüsch hinter der Hockeybahn erbrochen. Ich fürchte, der heutige Abend wird ähnlich enden.
    Schließlich kommt auch Georgia, mit einer Tüte voller Pfefferminztoffees. Sie entschuldigt sich für ihre Verspätung. Prissy gibt sich alle Mühe, Georgia zum Mittrinken zu verleiten, aber Georgia lehnt kopfschüttelnd ab.
    »Ach komm, Georgia, es ist Weihnachten«, drängt Prissy.
    Georgia lächelt. »Ich kann nicht, weil … Na ja, es wird ja sowieso bald rauskommen. Also, alle mal herhören, ich hab euch etwas zu verkünden.« Sie machte eine dramatische Pause. »Ich bin schwanger!«
    Sie lächelt selig und wartet darauf, dass wir aufspringen und gratulieren, aber niemand rührt sich. Wir sind schockiert. Georgia war in diesem Moment ganz die errötende Braut, die gerade von der Hochzeitsreise heimgekehrt ist, nicht mehr die übliche trauernde Witwe. Ich hatte schon geglaubt, ich hätte sie falsch verstanden, doch dann legt sie die Hände auf den Bauch, auf eine winzige Schwellung.
    »Und der Vater?«, frage ich verwirrt. Es wird wohl Fred sein, aber Georgia sieht so glücklich

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