Die Witzekiste
erstes Erfolgserlebnis auf der Bühne beschert haben. Heinz wurde mein Ersatzvater. Ich werde seine Güte und Geduld nie vergessen. Ich glaube, er freute sich ebenso über den Applaus, den ich erhielt, wie über seinen eigenen. Es gelang mir sehr bald, auch seine Gedichte zu verstehen und zu schätzen.
Die Sängerin
Reihen, Stühle , braune , harte .
Eintritt gegen Eintrittskarte.
Damen viel. Vom Puder blasse.
Und Programme an der Kasse.
Einer drückt. Die erste Glocke.
Sängerin rückt an der Locke.
Leute strömen. Manche kenn ich.
Garderobe 50 Pfennig.
Wieder drückt man. Zweite Glocke.
Der Begleiter glättet Socke.
Kritiker erscheint und setzt sich.
Einer stolpert und verletzt sich.
Sängerin macht mi-mi-mi.
Impresario tröstet sie.
Dritte Glocke. Schrill und herrisch.
Sie erscheint. Man klatscht wie närrisch.
Jemand reicht ihr zwei Buketts.
Dankbarkeit für Freibilletts.
Und sie zuckt leis’ mit den Lippen.
Beugt sich vor, als wollt sie kippen.
Nickt. Der Pianist macht Töne.
Sängerin zeigt weiße Zähne.
Öffnet zögernd dann den Mund.
Erst oval. Allmählich rund.
Und – mit Hilfe ihrer Lungen
hat sie hoch und laut gesungen.
Sie sang Schumann, Lincke , Brahms .
Der Beginn war acht Uhr ahms.
Und um elf geht man dann bebend,
aber froh, dass man noch lebend,
heimwärts. Legt sich müde nieder. . .
Morgen singt die Dame wieder.
Die folgenden Zeilen wurden mein Lieblingsgedicht:
Der Berg
Hätte man sämtliche Berge der ganzen Welt
zusammengetragen und übereinander gestellt,
und wäre zu Füßen dieses Massivs
ein riesiges Meer, ein breites und tiefs,
und stürzte dann unter Donner und Blitzen
der Berg in dieses Meer. . . na , das würd’ spritzen !
Wie ging nun der Witz, den Heinz mir erzählt hatte, jener, der die Leute in Trier zum Lachen gebracht hatte? Ich nenne ihn meinen Talisman-Witz, und ich erzähle ihn auch heute noch gerne auf der Bühne – mit demselben englischen Akzent von damals:
Mein letzte Job war in Frankfurt. Ich bekam ein Anruf.
»Hallo , Herr Howland. Hier ist der Frankfurter Zoo.«
»Guten Tag.«
»Mister Howland – etwas Furchtbares ist passiert. Unser Affe ist gestorben, und Sie wissen, wie schwer es ist, eine neue zu bekommen. Aber wir haben hier ein Affenfell, und Sie sind ein so genannte Schauspieler. Wie wäre es, wenn Sie zu uns kommen würden und unsere Affe spielen?«
Na ja, ich hab’s überlegt . Die Gage war interessant – ungefähr wie hier heute Abend. »Gut , ich mache das« , sagte ich.
Ich bin nach Frankfurt gegangen. Die haben es dem Affen wirklich schön gemacht. Da war ein kleine Käfig mit ’nen Schaukel drin, und mein Affenfell passte genau. Hin und her bin ich geschaukelt, und die Leute haben sich gefreut und gelacht. Aber das hat mir viel zu viel Mut gegeben, und ich habe einen großen Schwung gemacht und flog in die nächsten Käfig. Boing ! Da lag ich auf der Erde. Und da in der andere Ecke war ein große Löwe. Er ist sofort aufgesprungen und kam auf mich zu – näher und näher. Ich natürlich immer rückwärts, rückwärts – bis zur Wand, da ging es nicht weiter. Aber die Löwe kam immer näher und näher, und für eine Moment vergaß ich, dass ich eine Affe sein sollte und schrie,
»Hilfe , Hilfe , Hilfe!«
Und der Löwe kam ganz nah und flusterte: »Halt dein Maul, Mensch – sonnst werden wir beide rausgeschmissen!«
DIETER THOMA
Kichernde Klarinetten:
Das Heitere in der Musik
Wenn Musiker sich zusammenfanden und aufspielten, nannte man das früher eine Musikbande. Band, wenn es englisch gesprochen wird, ist eine Kapelle oder ein kleines Orchester. Band -Leader sind allerdings nicht Lieder dieser Musiker, das ist der Orchesterchef. Aber nicht alle haben einen. Böse Menschen haben bekanntlich keine Leader.
Eine legendäre Geschichte:
Herbert von Karajan steigt in Wien in ein Taxi.
Fragt der Fahrer: »Herr von Karajan, wohin darf ich Sie fahren?«
Sagt Karajan: »Irgendwohin . Ich werde überall gebraucht.«
Darf man in Berlin, in der Herbert-von-Karajan-Straße, bei den Berliner Philharmonikern, solch despektierliche Scherze machen? Man darf. Der Intendant, Franz Xaver Ohnesorg, ist selbst ein fröhlicher Mensch. Er wirkt schon vom Aussehen her heiter, giocoso, wie das Thema, über das wir sprechen.
»Dirigenten sind als Opfer von Witzen besonders beliebt«, sagt er.
»Es gibt diese berühmte Geschichte, in der ein Dirigent jeden Tag in die Probe kommt und seine Musiker begrüßt. Er
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