Die Witzekiste
oben, als sei er der Häuptling der acht Dutzend Schnulziers darunter. Am Schreibtisch davor sitzt Camillo Felgen, Chef der deutschen Abteilung von Radio Luxemburg, Gebieter über die Herzen von nachweislich elf Millionen dankbarer Hörer in der Bundesrepublik. Die fühlen sich hier zu Hause, abseits der deutschen Erde, aber nahe dem deutschen Gemüt in Radio Luxemburg.
›Versprecher gehören dazu‹, sagt Camillo. Er geht zwischen den Ansagen aus dem Studio zum Telefon und sagt später den Hörern: ›Ich war mal eben telefonieren, Freunde.‹ Unmittelbarkeit ist alles. Den Hörern das Gefühl geben, dass da ein Mensch am Mikrofon sitzt. Und das macht, so viel man gegen den meistgehörten europäischen Schnulzensender einwenden mag, die entscheidende Wirkung aus.
Camillo ist selber Schlagertexter, Sänger und Manager, arbeitet mit der Routine des Erfolgreichen. Ein überlegen wirkendes Lachen hat er in der Kehle parat wie Filmsternchen ihr Smiling. Während eine Platte läuft, überlegt er mit mir, wo die Melodie wohl geklaut sein könnte. Dann sagt er seinen Hörern, es sei ihm leider auch nicht eingefallen.«
Das ist jetzt über vierzig Jahre her.
»Kennst du ein paar gute Witze?«, fragte ich Camillo. Dabei muss er eigentlich keine Witze erzählen. Seine ganze Art, sich auszudrücken, ist sehr amüsant.
»Warum?«
»Wir sammeln für unser neues Buch Witze«, sagte ich.
Er dachte ein paar Momente nach. »Es ist immer das Gleiche«, sagte er schließlich. »Wenn dich jemand nach einem bestimmten Namen fragt oder nach einem Witz oder einem bestimmten Datum, ist dein Kopf plötzlich leer.«
»Ich habe dieses Problem seit meiner Schulzeit«, sagte ich.
Er blickte auf. »Hast du E-Mail ?«
»Jeder über Siebzig hat E-Mail «, antwortete ich.
»Ich sag dir etwas«, fuhr er fort. »Ich denk ein bisschen nach und schick dir dann ein paar Zeilen, in Ordnung?«
Zwei Tage später kam seine E-Mail an:
Ein Mann kommt nach vielen Jahren in seine alte Heimat zurück. Er fährt einen riesigen, mit allen Schikanen versehenen amerikanischen Wagen und gibt mächtig an. Dann trifft er auf einen alten Schulkameraden, dem er seinen Reichtum mit einem Wort erklärt: Er sei jetzt ein erfolgreicher Musiker. Der Kamerad wundert sich, da der Auswanderer ja in der Schule in Gesang und Musik eine Null war.
»Du kennst doch die neuen, südamerikanischen Orchester, in denen immer einer ›Huh‹ schreit.«
»Und das bist du?«
»Nein , ich bin der, der den, der ›Huh‹ schreit , in den Arsch tritt.«
Hier noch ein Witz, den ich schon jahrelang nicht mehr erzählt habe:
Der feine Unterschied.
Zwischen einer Dame und einem Diplomaten gibt es einen.
Wenn der Diplomat »ja« sagt , meint er »vielleicht« , wenn er »vielleicht« sagt , meint er »nein« , und wenn er »nein« sagt , ist er kein Diplomat.
Wenn eine Dame »nein« sagt , meint sie »vielleicht« , wenn sie aber »vielleicht« sagt , meint sie »ja« , und wenn sie »ja« sagt , ist sie keine Dame.
DIETER THOMA
Tünnes trifft Klein Erna:
Der regionale Witz
Regionale Witze vermitteln das Lebens- und Sprachgefühl der Menschen, ihre jeweiligen Eigenheiten, Macken und Vorlieben. Auch durch die Sprache wird einem Witz der regionale Stempel aufgedrückt, manchmal nur durch die Namen der handelnden Personen, unter denen der Kölner Tünnes mit seinem Freund Schäl und die Hamburgerin Klein Erna zu den Berühmtheiten zählen.
Regionale Schmuckstücke sind auch die Kölner Löwenwitze. Einen sehr schönen hatten wir für unser erstes Buch ›Ganz Deutschland lacht‹ aufgestöbert:
Tünnes trifft den Schäl: »Wo bist du gewesen?«
»Ja , ich war auf Löwenjagd in Afrika.«
»Auf der Löwenjagd? Wie viele Löwen hast du denn geschossen?«
»Geschossen habe ich keinen.«
»Wieso warst du denn dann auf der Löwenjagd?«
»Ja , weißt du, für Löwen ist keiner schon viel.«
Er steht neben einem anderen Kölner Witz, von dem ich behaupte, dass kein anderer die Kölner Lebensart so gut spiegelt. Diese »Kölner Lebensart« ist das, was aus mehr als zweitausend Jahren germanischer, römischer, hansischer, französischer und rheinischer Tradition zusammengewachsen ist. Mit Kölsch in den Adern, Karneval im Herzen und Vertrauen zu den Heinzelmännchen.
Der Tünnes begegnet dem Schäl mit Gepäck.
»Wo willst du denn hin?«
»Ich fahre in die Sahara.«
»Sahara , ist das nicht gefährlich?«
»Wieso gefährlich?«
»Na , du gehst nach dem Mittagessen ein
Weitere Kostenlose Bücher