Die Witzekiste
über eine baltische Jagd!‹
Darüber ärgerten sich mein Großvater und sein Kumpel. Sie behaupteten darum, in ihrer Jagd in Sprockhövel könne man sogar Giraffen schießen. Natürlich nahm ihnen das niemand ab, und so schloss man eine Wette ab. Daraufhin kauften mein Onkel und sein Freund Fritz in der berühmten Tierhandlung Ruhe in Alfeld an der Leine eine junge Giraffe. Sie sprang nur kurze Zeit glücklich in den Ruhrwiesen umher, bis sie von einem der baltischen Barone erlegt wurde. Mein Großvater hatte die Wette gewonnen. Aber natürlich war die Sache auch damals alles andere als komisch.« Keinerlei Risiken enthält dagegen diese Geschichte:
Der Polizeiposten auf dem Dorf erhält ein Telegramm: »Bitte prüfen, ob der im Dorf lebende Max Dragoleit mit dem Max Dragoleit, der in der Stadt steckbrieflich gesucht wird, identisch ist.« Antwort: »Max Dragoleit geht keiner geregelten Arbeit nach, betrinkt sich häufig, fängt dann Streit an und stellt den Frauen nach. Es gibt jedoch keinen Hinweis, dass er auch noch identisch ist.«
Dieser Witz streift ein anderes großes Thema: Wie geht der Witz mit den Mächtigen um, mit der Bürokratie, mit allem Fremden? Gerne greift der Witz die sympathische Hilflosigkeit des kleinen Mannes auf.
Einer seiner Lieblingswitze sei sogar stubenrein, sagt C. W. Koch:
Erster Weltkrieg, 1914 : Es tobt die Schlacht gegen die russischen Truppen bei Tannenberg in Ostpreußen. Großes Schlachtgetümmel, überall schlagen die Granaten ein und Minen gehen hoch. Pulverdampf liegt über der Landschaft. Feldmarschall Hindenburg steht mit seinem Generalstabschef von Ludendorff auf dem Feldherrnhügel und beobachtet den Verlauf der Schlacht. Da kommt ein Meldesoldat den Hügel hochgerannt. Schon von weitem hört man ihn schreien:
»Maldung , Herr General, Maldung , Herr General.«
Da schlägt’s wieder ein, und der Melder wird durch die Gegend geschleudert. Er rappelt sich auf und kämpft sich durch. Da spricht Hindenburg sanft zu ihm: »Nu mal ruhig, Jungchen , was haben Sie denn zu melden?«
Sagt der Melder: »Hab ’ vergessen.«
Der Krieg diente vielen manchmal deftigen Geschichten aus dem Baltikum und Ostpreußen als Bühne:
Die Pioniere sind eingefallen in das kleine Dorf östlich von
Pillkallen, dem heutigen Dobrowolsk. Abends soll Manöverball sein. Marjellchen hat schon am frühen Nachmittag begonnen, sich auf den besonderen Anlass vorzubereiten: Sie hat gebadet, hat sich gepudert, ihr Korsettchen festgeschnürt.
Plötzlich springt ihr ein Floh in den üppigen Ausschnitt und gleitet langsam tiefer ihren Busen hinab. Sie versucht ihn aufzuhalten, doch das misslingt.
Da sagt sie: »Jungchen , bleib ruhig sitzen, de Kanoniere heute Abend werden dich schon rausballern.«
Ich muss an dieser Stelle noch meinen Großvater ins Spiel bringen. C. W. Koch trägt den weißen Bart genauso wie er. Auch er war ein großer Geschichtenerzähler:
In einer Diplomatenfamilie werden häufig Gäste eingeladen, und in den frühen Abendstunden ist auch der kleine Sohn noch dabei.
Der meldet sich dann gelegentlich, sucht seine Mutter und ruft: »Mama , ich muss mal!«
Nach einem solchen Abend erklärt ihm die Mutter: »Pass auf, du rufst jetzt nicht mehr so, wenn du mich brauchst, um dein kleines Geschäft zu machen, du wartest bis ich dich sehe und winkst mir, indem du mit dem Zeigefinger wackelst. Dann komme ich.«
Das klappt auch gut am nächsten Abend. Der Junge winkt mit dem Finger, die Mutter geht mit ihm weg.
Am nächsten Abend mit Gästen steht die Mutter in einem Kreis festlich gekleideter Menschen, der Junge müht sich, sie aufmerksam zu machen: »Mama!« Die Mutter sieht zu ihm herüber. Der Junge winkt mit den Zeigefinger und ruft: »Und kacken!«
Eine Familie beherbergt einen angesehenen Gast aus dem Ausland, der im Fremdenzimmer übernachtet. Als Erstes wünscht er, nach der langen Reise ein Bad zu nehmen. Als der Besucher schon in der Wanne sitzt, klopft der Gastgeber an die verschlossene Badezimmertür und ruft: »Ich habe vergessen, dir die Bedeutung der Schwämme mit den Buchstaben A und G zu erklären.«
Der Gast lacht: »Das war mir schnell klar. G bedeutet Gesicht und A , na ja, ich denke Arsch.«
»Das ist leider falsch« , ruft der Gastgeber: G heißt Gesäß und A Antlitz.«
Die historischen Witze – wir wären ärmer ohne sie. Der Schauspieler Gert Fröbe erzählte 1979 im ›Kölner Treff‹ ein Beispiel, was aus Informationen werden kann, die man
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