Die Witzekiste
Jahrtausends. Die Computer waren besser als ihr Ruf. Und die Menschen fragten sich, warum sie eigentlich diesen Jahreswechsel als so wichtig eingeschätzt hatten.
Erst 2001 sollten wir uns an den Bonner Kunsthistoriker Professor Lützeler erinnern. Der hatte beschrieben, dass der Witz gerade in Notzeiten immer wichtig und hilfreich war:
Schäl kommt Anfang 1945 in voller Marschausrüstung auf die Rheinbrücke zu. Tünnes wartet da, an das Brückengeländer gelehnt. Er fragt voller Verwunderung:
»Warum läufst du denn so?«
Schäl antwortet düster: »Ich eile an die Front.«
Da sagt Tünnes: »Da brauchst du doch nicht so zu laufen – die kommt doch hier vorbei!«
Oder wie der Münchner Kabarettist Weiß-Ferdl 1944 sagte: »Wer heute noch lebt, ist selber schuld dran. Bomben sind doch genug gefallen.«
Auch die Engländer kehrten nach dem Jahrtausendwechsel ohne größere Umstände in den Alltag zurück und kürten die folgende Geschichte zum Witz des Jahres 2001:
Sherlock Holmes und sein Assistent Dr. Watson zelten. Mitten in der Nacht weckt Holmes seinen Begleiter auf und sagt:
»Siehst du die Sterne über uns? Sag mir, was du daraus schließt!« Dr. Watson holt weit aus. »Zehntausende , was sag’ ich , Millionen von Sternen sehe ich da oben. Und wenn nur ein winziger Prozentsatz davon Planeten sind, so besteht doch die große Chance, dass irgendwo in der Unendlichkeit dort auch Leben ist wie bei uns hier auf dem Planeten Erde. Vielleicht überlegen dort gerade Lebewesen dasselbe wie wir. Und was siehst du?«
Darauf sagt Sherlock Holmes: »Jemand hat uns das Zelt geklaut!«
Einem namhaften Politiker brachte auch das Jahr 2000 schon Unglück: Es traf den CD U-Vorsitzenden Helmut Kohl. Und mit ihm seine Partei.
Kohl musste eingestehen, Millionen an Spendengeldern nicht gemeldet und eigenmächtig verteilt zu haben. Die Nation erregte sich über sein Ehrenwort zugunsten anonymer Geldspender, über schwarze Kassen und kriminell erscheinende Machenschaften. Betroffen waren zusätzlich einige Politiker, die speziell für law and order zuständig gewesen waren. Da hat wieder einmal die Wirklichkeit all das überboten, was sich Witzemacher und Kabarettisten je ausdenken können. Es hieß:
Wer künftig wählen geht, muss juristische Konsequenzen fürchten. Wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.
Oder die Oma, die sich erinnert:
Dabei ist der Kohl doch immer so brav in die Kirche gegangen.
Vielleicht waren es schwarze Messen . . .
Es wurde die Frage gestellt:
Was ist der Unterschied zwischen Retortenkindern und der
CDU? – Keiner . Beide kennen ihre Spender nicht.
Und bei Frau Professor Noelle-Neumann in Allensbach lief angeblich die schlichte Umfrage:
»Wie viel ist zwei mal zwei?«
Die Hausfrau antwortet: »Wenn ich es richtig gelernt habe: vier.«
Der Steuerberater fragt zurück: »Welches Ergebnis wünschen Sie denn?«
Der Rechtsanwalt entgegnet: »Vier , würde ich sagen, aber ob wir bei Gericht damit durchkommen, weiß ich nicht.«
Der Politiker erklärt: »Das war vor meiner Zeit, ich sage nichts!«
Schuld an dieser Verunsicherung sollte Altbundeskanzler Adenauer sein:
Adenauer macht sich Sorgen um seine Partei in der deutschen Politik. Er bittet um eine Audienz beim lieben Gott und sucht um himmlische Hilfe nach. Der Heilige Vater lässt den Kanzler sein Anliegen vortragen: Künftig sollen Menschen, die Politiker werden, mit drei Merkmalen ausgestattet sein.
Erstens: Sie sollen klug sein; zweitens : Sie sollen Charakter haben. Und drittens: Sie sollen der CDU angehören.
So wird es beschlossen und in den himmlischen Computer eingegeben. Da hat jedoch der Teufel seine Hand im Spiel und schleust einen Virus ein. Der sorgt dafür, dass immer nur zwei der drei vorgesehenen Merkmale zusammenkommen können. Das Ergebnis: Den klugen Menschen in der Partei fehlt der Charakter; denjenigen mit Charakter fehlt es an Klugheit. Und wenn sie klug sind
und
Charakter haben, sind sie nicht in der Partei. Das ist Teufelswerk.
Für die SPD kam der jüngste Aufschwung so unerwartet wie einst die Wiedervereinigung, deren zehnjähriges Jubiläum eher zurückhaltendgefeiert wird. Dem historischen Ruf »Wir sind das Volk« wird eine Antwort aus dem Westen entgegengesetzt: »Wir auch!«
Die Feierlichkeiten zur Vereinigung wurden von einem besonders bösen Witz begleitet:
Die gute Fee wird wieder tätig und hat Gründe, drei Männern je einen Wunsch zu erfüllen: einem Mann aus
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