Die Witzekiste
Verbindung die Verwandten nicht dulden wollen.«
Das ist witzig, erklärt uns aber wenig.
George Orwell hat geschrieben, jeder Witz sei eine winzige Revolution. Das klingt kühn, aber der Versuch, diesen Satz zu belegen, könnte eine Dissertation herausfordern.
Clausewitz, nomen est omen, hat den Witz mit der Kriegslist verglichen: »Wie der Witz eine Taschenspielerei mit Ideen und Vorstellungen ist, so ist die List eine Taschenspielerei mit Handlungen.« Das leuchtet ein. Aber es bringt uns auch nicht viel weiter.
Wann und wo habe ich zuletzt gelacht? Wer zuletzt lacht, soll ja im Vorteil sein. Gelacht habe ich über die Kleinanzeige in der ›WAZ‹: »Raumpflegerin für den Raum Castrop-Rauxel gesucht.«
Neulich sagte mir jemand auf die Frage, wie es ihm gehe: »Schlecht! Mein Hund hat Flöhe, und ich habe die Grippe.«
»Hätten Sie es lieber umgekehrt?«, habe ich zurückgefragt.
War das schon ein Witz? Oder kostet Sie das als Leser nur ein müdes Lächeln?
Über was können wir in Deutschland in diesem neuen Jahrtausend lachen? Warum kann der Mensch überhaupt lachen? Nietzsche hat gesagt, der Mensch leide so tief, dass er das Lachen erfinden musste. Lachen als Notwehr also. Und der Philosoph Henri Bergson schrieb: »Das Lachen würde seinen Zweck verfehlen, wenn es von Sympathie und Güte gekennzeichnet wäre.« Ist Lachen Hochmut, wie Cicero meinte, oder hat der fröhliche rheinländische Kunsthistoriker, Professor Heinrich Lützeler, recht, der rühmte, dass Lachen Pathos und Selbstüberschätzung zerstöre? Das Lächeln steht vergleichsweise strahlend da, ist Teil der Körpersprache, signalisiert Freundlichkeit und Zutrauen. Aber warum lachen wir?
Unbestritten dürfte sein, dass Lachen zu einer Entwicklungsstufe gehört, in der wir Menschen den Tieren intellektuell überlegen wurden. So mögen wir dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz zustimmen, der meinte: »Das Lachen entspricht dem Triumphgeschrei der Gänse.«
Aber sonst haben wir lachend mit Tieren nichts gemeinsam. Der Mensch ist bekanntlich das einzige Lebewesen, das lachen kann. Deswegen spricht man ja vom tierischen Ernst. Wenn wir einen Hund anlachen, kann das sogar gefährlich werden, weil der das für Zähneblecken halten kann. Und die Hühner lachen auch nicht wirklich.
Bargeld dagegen lacht, sagt der Kaufmann. Das heißt: Lachen ist vor allem eine Reaktion der Freude. Wenn es jedoch ironisch, zynisch, höhnisch klingt, fühlen wir uns als Autoren dieses Buches nur noch bedingt zuständig. Da begegnen wir einer speziellen Form des Lachens, der Schadenfreude. Sie meinte der französische Nobelpreisträger Henri Bergson wohl, als er anmerkte, Witz sei doch immer die Degradierung eines anderen.
Aber auch Schadenfreude kann etwas sehr Befreiendes haben. Slapstick-Filme oder Comic-Strips wie ›Tom & Jerry‹ leben davon, selbst Wilhelm Busch wäre ohne dieses Lustgefühl nie erfolgreich geworden. Es genügt aber auch ein Esel, der einen kurzen Auftritt auf einer Theaterbühne hat und dabei hingebungsvoll Wasser lässt. Das Gelächter ist garantiert. Aber was haben wir davon?
»Das Lachen ist ein Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts«, schrieb Immanuel Kant. »Es gibt ein überlegenes und unterlegenes Lachen«, urteilte der Freiburger Professor Lutz Röhrich. Wir kennen ja auch die Erklärung, Lachen sei aus Siegesfreude entstanden. Mir gefällt immer noch gut, was Chris Howland in unserem ersten Buch ›Ganz Deutschland lacht!‹ über die mögliche Entstehung des Lachens dazu eingefallen ist: Er stellt sich vor, dass einer unserer noch affenähnlichen Vorfahren auf einer Bananenschale ausrutschte. Ein Artgenosse beobachtete den Sturz und begleitete seine Erheiterung mit einem Glucksen. Das erste menschliche Lachen.
Mittlerweile lachen alle Menschen gern. Wer nichts zu lachen hat, ist arm dran. Er wird womöglich ausgelacht, wird damit zum Außenseiter. Der Mensch braucht das Lachen, nimmt ohne Lachen Schaden. Was Kant noch nicht wusste: Lachen ist nicht überflüssig, es dient der Gesundheit, weil es das Immunsystem stärkt. Das versichert jedenfallsder Immunbiologe Professor Uhlenbruck in diesem Buch. Wir lachen die Dinge tot, die uns krank machen oder kränken. Man kann natürlich auch das übertreiben, kann einen Lachanfall kriegen, einen Lachkrampf, sich sogar totlachen, wenn man keine Luft mehr bekommt und vor Lachen platzt. Aber wer hat das schon erlebt? Und Lachsalven haben mit dem
Weitere Kostenlose Bücher