Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2
ertappen. Sieht so aus, als wäre er uns jedes Mal einen Schritt voraus.« Er wandte sich von dem toten Wolf ab und folgte seinen eigenen Spuren zum Waldrand.
Die anderen folgten ihm, auch Julie, als John sie sanft vom Boden hochzog und ihr wieder stützend einen Arm um die Hüften legte. Sie empfand seine Berührung als angenehm und schmiegte sich in ihrem Schmerz eng an ihn. Umschlungen wie ein Liebespaar stapften sie durch den Schnee zu den anderen. Auch dort hielten sie sich weiter fest, in dieser schrecklichen Situation war es tröstend, einander so nahe zu sein.
»Hier muss er gestanden haben«, sagte Erhart und deutete auf die Spuren eines Snowmobils. »Ein erfahrener Schütze, sonst hätte er auf die Entfernung nicht so genau getroffen. Sehen Sie die Spuren? Genau wie beim letzten Mal. Bis zum Highway sind sie leicht zu verfolgen, dann vermischen sie sich mit den vielen anderen auf der Straße und nicht mal ein Indianer könnte sie noch finden. Mit anderen Worten: Wir stehen wieder am Anfang.«
»Wir hätten gestern Nacht draußen bleiben sollen«, sagte Carol, »dann hätten wir ihn vielleicht erwischt. Es war doch klar, dass er es auf Banu abgesehen hat, so schwach und krank, wie er war. Mir kommt es beinahe so vor, als wollte er das ganze Rudel am Rock Creek ausrotten.«
Erhart stimmte ihr zu. »Der Rock Creek liegt der Parkgrenze und dem Highway am nächsten. Mit dem Snowmobil ist man in ein paar Minuten im Park und genauso schnell wieder draußen, sobald man geschossen hat. Dabei hatte ich Ranger Wood … « Er blickte auf den jungen Mann, der ihn begleitet hatte. »… und einen Kollegen direkt an der Grenze postiert. Aber was sind schon zwei Leute, wenn die Grenze einige hundert Meilen lang ist? Wir können nicht überall sein und den Motor eines Snowmobils hört man auch nicht überall. Der Schütze braucht nur weiter westlich in den Park einzudringen.«
»Wir sollten die Baldwins überwachen.«
»Geht nicht«, erwiderte Erhart, »das weißt du doch. Wir kriegen großen Ärger, wenn wir außerhalb der Parkgrenzen tätig würden. Das ist Sache der State Trooper und die haben wahrscheinlich Wichtigeres zu tun.« Er überlegte eine Weile. »Es sei denn, dieser Corwin nimmt die Überwachung auf seine Kappe. Er ist ein patenter Bursche, nicht so arrogant wie einige andere.«
Bei dem Namen »Corwin« dachte Julie sofort an Josh. Als würde sie erst jetzt merken, dass John einen Arm um sie gelegt hatte, löste sie sich von ihm und trat rasch einen Schritt beiseite. Sie vermied es, ihn anzusehen, errötete aber leicht, als sie seinen verwunderten Blick spürte. Reiß dich zusammen, rief sie sich zur Ordnung, benimm dich nicht wie ein nervöses Schulmädchen! Du bist Rangerin und irgendein Schurke, wahrscheinlich einer der Baldwins, hat vor wenigen Stunden einen Wolf erschossen. Lass den Beziehungskram und denke lieber darüber nach, wie du helfen kannst, dieser sinnlosen Schießerei ein Ende zu bereiten! Werde endlich erwachsen, verdammt!
Sie kehrten zu dem toten Wolf zurück und blieben eine Weile bei ihm stehen. Während Ranger Erhart laut darüber nachdachte, wie man den Wolfskillern am besten beikommen konnte, nahm John dem toten Wolf das Funkhalsband ab und schob es in seine Anoraktasche. Julie hatte sich einigermaßen von ihrem Schock erholt und verabschiedete sich in Gedanken von Banu. Auch wenn Wölfe kranke und schwache Tiere rissen und gnadenlos gegenüber ihren Opfern waren, zeigten sie sich doch wesentlich sanftmütiger als die Menschen, die sich als einzige Spezies gegenseitig töteten und blutige Kriege gegeneinander führten.
»Ich habe schon mit dem Super gesprochen«, sagte Erhart, bevor Julie und Carol wieder in den Hubschrauber stiegen. »Er ist auch der Meinung, dass wir die Patrouillen mit den Hundeschlitten in den nächsten Tagen fortführen sollten. Irgendwann müssen uns diese Wolfskiller doch über den Weg laufen.«
»Machen wir«, erwiderte Carol. »Wir legen Nachtschichten ein.«
»Aye, Sir«, bestätigte Julie.
Nachdem auch John eingestiegen war, ließ Kenny den Hubschrauber vom Boden abheben und flog zum Verwaltungsgebäude zurück. Julie blickte aus dem Fenster, bis der tote Wolf aus ihrem Blickfeld verschwunden war, und schloss während des restlichen Fluges die Augen. Nur ganz allmählich verging der Schmerz, den sie beim Anblick des ermordeten Tieres empfunden hatte.
Auf dem freien Platz vor dem Verwaltungsgebäude wartete Superintendent Green auf sie. Kaum waren
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