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Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2

Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2

Titel: Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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verletzte Elchkuh mitzuhalten, war er zum lästigen Nachzügler geworden, zum gedemütigten Omegawolf, der vielleicht nur darauf gewartet hatte, von seinen Leiden erlöst zu werden.
    Carol schien ihre Trauer zu spüren und blickte sie mitfühlend an. Ihr aufmunterndes Lächeln war ein wenig Trost für Julie, die sich an ihre Unterhaltung über die ungeschriebenen Gesetze der Wildnis erinnerte, an das Recht des Stärkeren, der überleben musste, um die Art zu erhalten und seine Artgenossen in eine sichere Zukunft zu führen. Banu hatte seine Zeit gehabt, war jahrelang an der Spitze des Rudels gelaufen und hatte durch eine Kugel seinen Rang verloren. Andere Wölfe brachen unter den Hufen eines ausschlagenden Elchs zusammen oder starben an einer unheilbaren Krankheit.
    Ihr Vater würde ihr sicher erzählen, dass es mit den Menschen ähnlich war. Ein gesunder Mann, der sein Leben lang Sport getrieben hatte, starb plötzlich an einem Herzinfarkt, ein anderer, der niemals geraucht hatte, fiel Lungenkrebs zum Opfer. Frauen und sogar Kinder starben. Der Tod war niemals gerecht und kam stets ungelegen. Vielleicht sollte sie sich eine ähnlich dicke Haut wie ihr Vater, die anderen Ärzte und das Pflegepersonal im Fairbanks Memorial zulegen. Die hüteten sich davor, eine emotionale Bindung zu einem Patienten einzugehen, um sich selbst Schmerzen zu ersparen und sich weiter auf ihre Arbeit konzentrieren zu können. Auch als Rangerin musste man einen klaren Kopf behalten, um Menschen und Tieren wirkungsvoll helfen zu können, wenn sie einmal in Not gerieten.
    Sie blickte aus dem Fenster und sah, dass sie dem Rock Creek nach Nordwesten folgten und dann nach Norden abbogen. Sie überflogen das Tal, in dem sie das Rudel zuletzt gesehen hatten, und gingen jenseits der Felsen in einer Senke nieder. In einiger Entfernung von dem Hubschrauber, mit dem Ranger Erhart gekommen war, landeten sie auf dem verharschten Schnee.
    Julie und Carol kletterten aus der Maschine und folgten John zu den Rangern vom Law Enforcement, die bei dem toten Banu auf sie warteten. Der Wolf war in den Kopf getroffen worden und lag reglos im blutigen Schnee.
    »Muss heute Nacht passiert sein«, sagte Erhart. »Leider haben wir nichts gehört. Erst als das Funkhalsband keine Bewegung mehr anzeigte, war uns klar, dass etwas passiert sein musste.« Er zeigte ihnen eine blutige Kugel. »Stammt aus dem gleichen Gewehr wie die Kugel, die Barney getötet hat. Aber das Modell hat hier in der Gegend fast jeder und ich gehe jede Wette ein, dass wir die Waffe nicht bei den Baldwins finden werden. Wird ein schweres Stück Arbeit, den Täter dingfest zu machen. Der führt uns mächtig an der Nase herum.«
    Julie hörte nur mit halbem Ohr hin. Während Erhart sprach, starrte sie unentwegt auf den toten Wolf und zitterte so heftig, dass sie dankbar registrierte, wie John einen Arm um ihre Hüften legte und sie festhielt. Durch einen Tränenschleier sah sie das Einschussloch, das die tödliche Kugel in den Kopf des Wolfs gebohrt hatte. Eine Blutlache hatte sich unter seinem Körper gesammelt und war in den Schnee gesickert, wo sich das Rot schrecklich gegen all das übrige Weiß abhob. Die Spuren zeigten, dass die Kugel ihn mitten im Lauf erwischt haben musste, bei dem verzweifelten Versuch, die anderen Tiere seines Rudels einzuholen.
    Sie löste sich von John und kniete neben dem Wolf nieder. Mit einer Hand strich sie über sein zottiges Fell mit den gefrorenen Blutspritzern und spürte zu ihrem Schrecken, wie starr und fest der Körper des toten Tieres schon geworden war. Seine Augen standen weit offen, doch sie widerstand der Versuchung, sie zuzudrücken und verharrte in stummer Andacht neben Banu, als wäre er ein treuer Haushund, den sie seit vielen Jahren kannte und liebte.
    Sie blickte weinend zu John empor. »Warum nur? Warum?«
    »So sind manche Menschen nun mal«, antwortete der Biologe. »Ihnen fehlt die Ehrfurcht vor dem Leben. Sie betrachten einen Wolf als blutgierige Bestie, die es auszulöschen gilt. Sie haben doch gehört, was sie gesagt haben.«
    »Bestimmt war es einer der Baldwins!«
    »Mag sein, aber das können wir leider nicht beweisen«, erwiderte Erhart. »Selbst wenn wir das Gewehr hätten, wäre noch lange nicht klar, wer damit geschossen hat.« Er seufzte enttäuscht. »Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen … wir haben nichts gegen den Täter in der Hand. Und bei der Größe des Parks ist es zweifelhaft, ob wir ihn jemals auf frischer Tat

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