Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2
vor ihr auf, die Wölfin blieb bei den anderen Angreifern und nahm sie in die Zange. Banu spürte wohl, dass er nicht gebraucht wurde, und verharrte mit hängendem Schweif auf der Stelle.
Doch noch war die Niederlage der Elchkuh nicht besiegelt. Als sich der Anführer ihr etwas zu selbstsicher näherte, schlug sie mit beiden Vorderläufen aus und hätte ihn beinahe am Kopf getroffen. Er zog sich rasch zurück und duckte sich in den Schnee, war sichtbar beeindruckt vom Überlebenswillen der ängstlichen Elchkuh. Mit ihren Hufen konnte sie jedem Wolf gefährlich werden. Erst wenn sie hilflos auf dem Boden lag, war sie endgültig besiegt.
Der neue Anführer war schon immer ein guter Jäger gewesen, auch unter Banu, und zeigte jetzt, dass er sich nicht so leicht unterkriegen ließ. Mit einem Satz war er wieder neben der Elchkuh und lenkte sie durch sein Fauchen ab, während die Wölfin von der anderen Seite kam und ihre scharfen Reißzähne in den rechten Vorderlauf des Opfers vergrub. Sie riss so lange daran, bis genug Sehnen durchtrennt waren, um ihre Beute in die Knie zu zwingen. In ihrer Panik versuchte die Elchkuh erneut, auszuschlagen, brachte es aber nur zu einer ungelenken Bewegung und stürzte zu Boden.
Jetzt wagten sich auch der junge Wolf und Banu näher an die Elchkuh heran. Der junge Wolf grub seine Zähne in den Hals des Opfers und ließ sich in seinem Übermut auch durch die unkontrollierten Bewegungen des sterbenden Tieres nicht abschütteln. Banu zerbiss die Sehnen des linken Vorderlaufs und legte seine ganze Wut in die Bisse hinein. Noch zuckte die Beute, aber ihre Kräfte ließen nach, bis sie von Schwäche übermannt wurde und starb. Noch einmal zuckten ihre Hufe in einem letzten Reflex, dann lag sie still.
»Nun sieh dir das an«, sagte Carol, als Banu seine Zähne in den Bauch der toten Elchkuh rammte, um möglichst schnell an die begehrten Innereien zu kommen. Sofort war der neue Anführer bei ihm, verjagte ihn mit lautem Fauchen und seiner aggressiven Drohhaltung. Banu zog den Schweif ein und hielt sich zurück. Er entfernte sich noch weiter als der Jungwolf von der Beute und blieb abwartend im Schnee stehen. »Was haben sie nur mit ihm gemacht!«
Julie hatte Tränen in den Augen. Selten hatte sie ein traurigeres Schauspiel gesehen. Ein stolzer Jäger war durch einen einzigen Schuss aus dem Rennen geworfen worden, hatte seine Stellung, seine Kraft, seine Schnelligkeit und seinen Stolz verloren. »Armer Banu«, erwiderte sie. »Dafür müssten die Baldwins jahrelang ins Gefängnis.«
Nachdem sie den Wölfen noch eine Weile beim Fressen zugesehen hatten, kehrten Julie und Carol um. Sie entfernten sich weit genug von den Wölfen, um vor ihrer Witterung sicher zu sein, und rasteten am Rande eines Wäldchens. Zum heißen Tee gab es leckere Sandwiches mit Eiersalat und Gurken. Wie zwei Vögel auf der Stange saßen sie auf Carols Schlitten und hingen minutenlang ihren trüben Gedanken nach, bevor eine von ihnen etwas sagte.
»So ist das in der Wildnis«, stellte Carol nüchtern fest, »der Schwächere bleibt auf der Strecke. Bei den Menschen war es früher genauso und irgendwie ist es sogar heute noch so, auf einer anderen Ebene natürlich. Aber wenn man sich mal ansieht, was in den Firmen los ist … da wird auch kräftig mit den Ellbogen gearbeitet. Der einzige Unterschied ist, dass es hier auf Leben und Tod geht. Wenn ihn keine Kugel erwischt, stirbt Banu irgendwann an Hunger. Mitleid kennen wilde Tiere nicht. Es heißt fressen oder gefressen werden.«
»Ich dachte, Wölfe sind sozial eingestellt und helfen einander.«
»Bis zu einem gewissen Grad«, stimmte ihr Carol zu, »aber wenn es um ihr eigenes Leben geht, kennen sie kein Pardon. In der Wildnis musst du stark sein, sonst wirst du aussortiert. So wie ein Junges, das keine Chance zu überleben hat, von vielen Tieren getötet wird, und eine Pflanze, die sich in der Wildnis nicht behaupten kann, kläglich eingeht. Wir finden das unfair und haben Mitleid mit denen, die es nicht schaffen, aber so ist es nun mal in der Natur und dagegen können wir nichts tun. Und Banu auch nicht.«
»Aber Banu kann nichts dafür. Hätte ihn einer der Baldwins nicht angeschossen, wäre er immer noch der Anführer des Rudels und der beste Jäger.«
Aus der Ferne erklang das Brummen eines Motors.
Julie und Carol sprangen gleichzeitig auf und verstauten die Reste ihrer Sandwiches und die Thermosflaschen in ihren Vorratsbeuteln. Carol zog ihren Revolver aus
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