Die Wohlgesinnten
Peitschen, Zangen, eine »Eiserne Jungfrau« und, im letzten Raum, eine Guillotine. Beim Anblick dieses Geräts wurde meine Schwester hochrot im Gesicht: »Ich will mich da drunterlegen.« Der Raumwar leer; ich ging zum Wärter und steckte ihm einen Geldschein zu. »Hier, lassen Sie uns zwanzig Minuten allein.« – »In Ordnung, mein Herr«, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns. Ich schloss die Tür und hörte, wie er den Schlüssel herumdrehte. Una hatte sich schon auf der Wippe ausgestreckt; ich öffnete die Lünette, ließ sie den Kopf hineinlegen und schloss sie um ihren langen Hals, nachdem ich sorgsam ihr schweres Haar hochgehoben hatte. Sie keuchte. Mit meinem Gürtel band ich ihr die Hände hinterm Rücken zusammen, dann schlug ich ihr den Rock hoch. Ich machte mir noch nicht einmal die Mühe, ihr den Schlüpfer herunterzuziehen, sondern schob das Spitzengewebe einfach zur Seite und zog mit beiden Händen die Gesäßbacken auseinander: In der Spalte, zwischen den Härchen versteckt, zog sich ihr Anus langsam zusammen. Ich spuckte darauf. »Nein«, protestierte sie. Ich holte meinen Schwanz heraus, legte mich über sie und drang ein. Sie stieß einen langen unterdrückten Schrei aus. Ich lastete mit meinem ganzen Gewicht auf ihr; infolge der unbequemen Stellung – die Hose fesselte meine Beine – konnte ich mich nur ruckweise bewegen. Über die Lünette gebeugt, meinen eigenen Hals unter dem Fallbeil, flüsterte ich ihr zu: »Ich zieh den Hebel, ich lass das Beil fallen.« Sie flehte mich an: »Bitte, fick meine Muschi, bitte.« – »Nein.« Unvermittelt kam es mir, eine Erschütterung, die mir den Kopf leerte, wie man mit einem Löffel ein weich gekochtes Ei aus der Schale kratzt. Aber diese Erinnerung täuscht mich vielleicht, seit unserer Kindheit hatten wir uns nur ein einziges Mal gesehen, eben in Zürich, und in Zürich gab es keine Guillotine; sicherlich ist es ein Traum, vielleicht ein alter Traum, an den ich mich in meiner Verwirrung, allein in dem dunklen Zimmer des Hotels Eden , erinnerte, oder sogar auch ein Traum, den ich in dieser Nacht geträumt habe, während eines kurzen Schlafs, den ich gar nicht bemerkt habe. Ich war wütend, denn dieser Tag hatte in mir trotzall meiner Verstörtheit einen Eindruck von Reinheit hinterlassen, und jetzt wurde er von diesen hässlichen Bildern beschmutzt. Das ekelte mich an und beunruhigte mich zugleich, weil ich nun wusste, dass auch das – egal ob Erinnerung, Vorstellung, Fantasie oder Traum – in mir lebte und dass meine Liebe auch daraus bestand.
Am Morgen gegen zehn Uhr klopfte ein Page an meine Tür: »Herr Sturmbannführer, ein Anruf für Sie.« Ich ging hinunter zur Rezeption und nahm den Hörer auf; am anderen Ende der Leitung erklang Unas fröhliche Stimme: »Max! Isst du mit uns zu Mittag? Sag ja. Berndt möchte dich kennenlernen.« – »Einverstanden. Wo?« – »Im Borchardt . Kennst du es? In der Französischen Straße. Um ein Uhr. Wenn du vor uns da bist, nenn unseren Namen, ich habe einen Tisch bestellt.« Ich ging wieder nach oben, rasierte mich und duschte. Da ich meine Mütze nicht mehr hatte, kleidete ich mich in Zivil, mit dem Eisernen Kreuz auf der Brusttasche meines Jacketts. Ich kam zu früh und fragte nach dem Tisch des Freiherrn von Üxküll: Ich wurde an einen etwas abseitsstehenden Tisch geführt und bestellte ein Glas Wein. In mich gekehrt, noch immer traurig wegen der Bilder dieser Nacht, dachte ich an die seltsame Ehe meiner Schwester, an ihren seltsamen Mann. Sie hatten 1938 geheiratet, als ich mein Studium abschloss. Seit der Nacht in Zürich schrieb meine Schwester mir nur noch selten; in diesem Frühjahr hatte ich jedoch einen langen Brief von ihr bekommen. Sie berichtete mir, sie sei im Herbst 1935 sehr krank geworden. Sie habe sich einer Analyse unterzogen, doch ihre Depression habe sich dadurch nur noch verschlimmert, daraufhin sei sie zur Erholung in ein Sanatorium bei Davos geschickt worden. Sie sei mehrere Monate geblieben und habe dort Anfang 1936 einen Mann kennengelernt, einen Komponisten. Seither hätten sie sich regelmäßig wiedergesehen und wollten nun heiraten. Ich hoffe, du freust dich für mich , schrieb sie.
Dieser Brief hatte mich für mehrere Tage völlig aus der Bahn geworfen. Ich ging nicht mehr zur Universität, verließ mein Zimmer nicht, blieb im Bett liegen, mit dem Gesicht zur Wand. Na also, sagte ich mir, darauf läuft es eben hinaus. Sie erzählen dir was von Liebe, doch bei der
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