Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
Vom Netzwerk:
auszuspionieren.«
    Ihr Vater hatte nun schon lange geschwiegen, jetzt aber neuen Mut gefasst. Er trank den letzten Schluck aus seinem Weinglas und stellte es mit Nachdruck auf den Tisch. Dann sah er seine Tochter direkt an.
    »Und wie viel sollen wir noch für all das bezahlen? Irgendwann muss doch mal Schluss sein. Wir könnten das Geld ja genauso gut direkt ans Rote Kreuz spenden, anstatt dich auf irgendeinem obskuren Kurs in England hungern zu lassen. Wenn es nur darum ginge, die Welt zu retten!« Er starrte sie hart an. »Das ist doch Wahnsinn. Ich bezahle mehr als fünfzig Prozent Steuern, damit Schweden sein verdammtes Weltgewissen beruhigen und an alle, denen es schlecht geht, Geld verteilen kann. Was genau glaubst du eigentlich ausrichten zu können?«
    In diesem Moment setzte Tuva ihre Füße auf den Boden und rutschte mit ihrem Stuhl zurück. Dann stand sie so hastig auf, dass er umkippte und mit einem Knall auf den Boden fiel. Sie sah ihre Eltern provokant an. »Bald seid ihr mich los. Und das wird bestimmt sehr angenehm für euch. Dann könnt ihr genauso weitermachen wie früher, bevor ich da war. Denn ihr habt euch ja sowieso nie für mich interessiert.« Dann brach sie in wildes Schluchzen aus und stürmte aus dem Zimmer.
    Sie konnte genauso gut all ihre alten Methoden anwenden, um die Eltern zu einer Reaktion zu bewegen, dachte sie, während sie die Treppe zu ihrem alten Kinderzimmer hinaufsprang. Wenn sie nicht für sie sein wollten, durften sie genauso gut gegen sie sein. Aber dann würden sie sie auch nicht mehr wiedersehen. Sie hatte eine eigene familiäre Gemeinschaft, in der sie zu Hause war. Ihre Eltern jedoch hatten nur sie.
     
    »Ich fahre übermorgen zurück. Bekomme ich jetzt das Geld oder nicht?«
    Es war Nachmittag, als sie am nächsten Tag im Flur standen. Sowohl Bo als auch Marianne hatten versucht, mit ihr zu sprechen, aber nach dem Wutausbruch des Vaters hatte sie sich den ganzen Tag geweigert, auch nur ein einziges Wort mit ihnen zu reden. Ihre Mutter saß in der Küche und schluchzte, und Bo hatte alle möglichen Ansätze versucht, ohne eine Reaktion von Tuva.
    Bo sah zu ihr auf, verwundert darüber, nach so vielen Stunden zum ersten Mal ihre Stimme zu hören. Er nickte langsam. »Natürlich bekommst du das Geld.« Er tätschelte ein wenig unbeholfen ihre Schulter. »Aber du musst uns versprechen, dich zu melden.«
    Leif hatte ja so recht gehabt. Es ging nur darum, ausreichend lange Widerstand zu leisten, dachte Tuva. Zu siegen. Dann lächelte sie ihren Vater liebreizend an. Er sah besiegt aus.
    »Natürlich. Danke, Papa.«

29
     
    Ninos hatte sich gemeinsam mit Emil in der Zeitungsredaktion in die Arbeit vertieft. Sie waren gerade dabei, sich für eine erste Publikation einen Überblick über die Aktivitäten von HHH zu verschaffen, als Flemming Kragerup sich wieder meldete.
    »Ich habe keine genaue Adresse, und sie können inzwischen umgezogen sein. Aber jemand, der vor einigen Jahren dort war, hat mir berichtet, dass es in Rinkeby eine Wohnung gibt, in der sie alle Freiwilligen einpferchen.«
    »Aber wo genau?«, fragte Ninos eifrig. »Rinkeby ist groß.«
    »Irgendwo in der Nähe eines Platzes«, antwortete Kragerup. »Das war alles, was er wusste. Eine Deutsche – Irmtraud – war die Chefin der Freiwilligen in Schweden. Zumindest damals. Viel Glück.«
    Ninos stattete Emil Bericht ab, der sofort vorschlug, gemeinsam dorthin zu fahren. Nach Ninos’ Erzählungen aus Dänemark hatte auch er Lust bekommen, ins Feld zu gehen. »Wir fordern ein Auto an«, sagte Emil. Ninos wollte gerade sagen, dass sie schon ein Auto hätten, das draußen auf dem Parkplatz stand, als Strömmer hereinkam.
    »Es läuft beschissen«, erklärte er düster und setzte sich linkisch auf das kleine Sofa. »Nein«, entgegnete Ninos enthusiastisch, »wir haben gerade einen Tipp über eine Wohnung voller Freiwilliger bekommen. Wir fahren jetzt dorthin.«
    Strömmer sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Sie fahren nirgendwohin. Um Punkt 14 Uhr läuft die Streikfrist für alle schreibenden Journalisten der ganzen Zeitung ab, und dann passiert eine Wei le lang nicht viel.« Er sah auf die Uhr. »Das ist in zwei Stunden.«
    »Wir schaffen es, vorher aufzubrechen. Wir wollten ja just in diesem Moment gehen.«
    Emil unterbrach Ninos. »Ich hatte vergessen, es dir zu sagen. Beziehungsweise hatte ich gehofft, dass nichts daraus werden würde. Aber er meint es ernst. Wir können heute Nachmittag nicht arbeiten.

Weitere Kostenlose Bücher