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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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Unabhängig davon, ob wir im Haus sind oder nicht. Wir dürfen nicht arbeiten.«
    »Sagt wer?«
    »Die Gewerkschaft. Daran lässt sich nichts ändern.« Emil zuckte mit den Schultern.
    »Aber ich bin doch gar nicht in der Gewerkschaft«, sagte Ninos. Er begann eine leichte Irritation darüber zu verspüren, dass alle ihn von der Arbeit abhalten wollten, jetzt, wo er endlich damit begonnen hatte. Wenn nicht gerade Rask anrief und nörgelte, dann war es ein Verwandter oder Freund, der wollte, dass er mit dem Journalismus aufhörte und stattdessen bei ihm arbeitete.
    »Das spielt keine Rolle. Wir dürfen Ihnen keine Aufträge erteilen. Also können wir Sie nicht arbeiten lassen«, erwiderte Strömmer schwerfällig. »Man würde uns als Streikbrecher bezeichnen.«
    »Aber dann erscheint ja gar keine Zeitung«, begriff Ninos.
    »Neiiin«, sagte Strömmer übertrieben langsam. »Jetzt begreifen Sie wohl langsam, warum ich sage, dass es beschissen läuft.«
    »Eure Gewerkschaft und eure Streikspucker können mich mal«, beschloss Ninos resolut und erhob sich. »Ich werde trotzdem nach Rinkeby fahren und sie finden.«
    Emil und Strömmer sahen sich an. Emil versuchte so dreinzublicken, als bekümmere ihn das, was Ninos sagte, und sah gleichzeitig äußerst zufrieden aus. »Dieses Gespräch haben wir nie geführt«, mahnte Strömmer Ninos am Ende.
    »Ärgere dich nicht«, sagte Emil zu Ninos, nachdem Strömmer gegangen war. »Wir schaffen das. Ich kann allerdings auf keinen Fall mitfahren. Aber ich habe eine völlig neue Liste mit Tochterfirmen, die mit einem der Vorstandsmitglieder zusammenhängt. Fahr du nach Rinkeby, und bitte sei vorsichtig. Und dann muss ich mehr über Dänemark erfahren. Ich bin noch nicht mal dazu gekommen, Sigge zu erzählen, dass du dort warst.«
    »Ich liefere dir später eine Zusammenfassung. Jetzt muss ich mich um diese Wohnung kümmern. Mach dir um mich keine Sorgen. Was sollte an einer Gruppe Kleinkinder, die die Welt retten wollen, schon gefährlich sein? Ich rufe dich später an.« Ninos lachte sarkastisch. »Ist es in Ordnung, wenn ich nach Punkt 14 Uhr anrufe, auch wenn ihr dann brecht?«
     
    Ninos fuhr durch den kleinen Eingang zum Rinkeby Torg, wo man von Datteln über Damenunterhosen bis hin zu einem An gebot von unterschiedlichen Qualitätsdrogen alles kaufen konnte. Ninos parkte das Auto bei einem türkischen Café am Ende des Platzes, ungefähr fünfzig Meter vom Parkplatz entfernt, der immer voll war. Das Café hatte drei Parkbuchten, aber Ninos wusste noch aus seinen Gaststättenzeiten, dass der Inhaber nur ein Auto besaß.
    Er schlängelte sich zwischen den Somaliern hindurch, die gemächlich in kleinen Gruppen umherwanderten und Katblätter kauten. Er selbst blieb vor einem Lebensmittelgeschäft stehen und realisierte, dass er noch nicht einmal wusste, wo er mit der Suche beginnen sollte. Nach einigen Sekunden der Leere bemerkte er eine seltsame Figur mit einem eckigen Rucksack, aus dem eine große Antenne herausragte. Als er sich ihm näherte, erkannte er, dass es sich nicht um Karlsson vom Dach, sondern um einen Radioreporter handelte. Der Mann trug Kopfhörer und sprach in ein Mikrofon. Eigentlich ähnelte er mit seinen weißblonden Haaren und blauen Augen eher Michel aus Lönneberga als Karlsson, und er sprach mit einer besonders ausgefeilten Intensität, wobei er nahezu jede einzelne Silbe betonte.
    »Hier spricht Frederik Karlsson für die Sendung Katapult. Heute sind wir hier am Rinkeby Torg und werden mit einigen jugendlichen Einwanderern über die zunehmende Jugendkriminalität sprechen.«
    Ninos dachte zerstreut, dass alle Radiosendungen wie Ikeamöbel hießen. Wahrscheinlich war der Reporter für eine dieser einschläfernden Sendungen über Politik und Gesellschaft unterwegs, die am Nachmittag liefen. Die wenigen Male, die Ninos einen Beitrag zu Ende gehört hatte, ging es um Themen wie die psychiatrische Gesundheitsversorgung, Langzeitarbeitslose oder Obdachlose.
    »Allein innerhalb der letzten zwei Wochen sind bei der örtlichen Polizei in Rinkeby zehn Anzeigen über Jugendgewalt und -kriminalität eingegangen. Hier geht es tatsächlich um Kinder, die andere Kinder überfallen«, sprach der Reporter mit engagierter Stimme in sein Mikrofon. »Viele der Überfälle haben auf genau diesem Platz stattgefunden, hier, wo ich mich jetzt befinde.«
    Er hielt sein Mikrofon einem der schwarzhaarigen Jugendlichen entgegen, die sich in einem Kreis um ihn versammelt hatten.

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