Die Wohltäter: Roman (German Edition)
inständig, dass der Türsteher keine Teenies mit gefälschten Ausweisen hineingelassen hatte, was ebenfalls eine sichere Methode war, um sich eine Verwarnung einzuhandeln.
Die neuen Besucher bildeten zügig einen Halbkreis, damit niemand an ihnen vorbei entkommen konnte. Matay war lautlos aus der Küche gekommen und stand plötzlich mit seiner Schürze über der Schulter neben Ninos.
»Zwei kamen durch den Hintereingang direkt in die Küche. Insgesamt zehn«, berichtete er, ohne Ninos anzusehen.
Eine Frau, die eine Art Vorgesetzte zu sein schien, hob ihre Arme. »Sie übernehmen die Kasse«, befahl sie. Ein Mann mit einer minimalen Anzahl an Haaren, die in traditioneller Weise über den Kopf gekämmt waren, nahm bereits Kurs auf Ninos. Durch den Zuruf »Sie kümmern sich um die Personalliste« wurde ein weiterer Mitarbeiter aktiviert, und der Ausruf »Lieferanten!« genügte einem dritten als Anweisung.
Die Gäste sahen sich verstört um und wussten nicht genau, wie sie sich verhalten sollten. Einigen von ihnen war die Anwesenheit von Behördenvertretern offensichtlich unangenehm, sie verdrehten ihre Hälse auf unnatürliche Weise, um ihre Gesichter zu verstecken. Andere begannen nach Geld zu kramen, das sie auf den Tisch legen konnten, um dann zu gehen. Die Kellner versuchten, die Gäste zu beruhigen, doch das Chaos wuchs bald auch ihnen über den Kopf.
»Ich bin hier der Verantwortliche«, rief Ninos und ging auf die Frau mit Brille und Windjacke zu, die eine angestrengte Autorität ausstrahlte. Sie hielt ein Klemmbrett unter dem Arm und trug praktische Turnschuhe. Letztere benötigte man wohl für eine Expedition in den Busch, dachte Ninos und sah auf seine eigenen, handgefertigten Schuhe, die sein Bruder ihm aus Istanbul mitgebracht hatte.
Er streckte der Frau seine Hand entgegen. Sie ignorierte seinen Versuch zum Handschlag und sah konzentriert auf ihre Papiere hinab. Dann zückte sie einen Stift und klickte damit zweimal vor seinem Gesicht herum. Vorsichtig zog Ninos seine Hand zurück.
»Ich benötige von Ihnen nur Ausweis, Adresse, Erlaubnisurkunde und Ausschankgenehmigung, dann können wir das hier schnell und unkompliziert hinter uns bringen«, sagte sie und fügte sicherheitshalber hinzu: »Sprechen Sie Schwedisch?«
»Wenn Sie mir Ihren Ausweis vorlegen und mir erklären, warum Sie hier hereinstürmen und meine Gäste fast zu Tode erschrecken, werde ich das gern tun«, entgegnete Ninos mit trotziger Miene. Es gelang ihm nicht wirklich, mit der riesigen Frau auf Augenhöhe zu gelangen, aber er reckte sich, so gut es ging.
Seine Worte stießen bei der Inspekteurin nicht auf Wohlwollen. Sie schwenkte ihr eingeschweißtes Legitimierungsdokument so schnell vor ihm hin und her, dass er keine Chance hatte, etwas zu erkennen.
Gleichzeitig blitzte etwas in sein Gesicht und Ninos begriff, dass einer ihrer Mithelfer ihn soeben abgelichtet hatte.
»Könnten Sie bitte so freundlich sein und die Kamera wegnehmen«, sagte er scharf und machte eine abwehrende Geste. »Ich bin kein Verbrecher.«
Ninos hörte in seinem Inneren, wie Yamo ihn zur Ruhe mahnte, aber ein wenig Anstand durfte man doch wohl erwarten. Der Fotograf entgegnete nichts, sondern blickte stumm seine Vorgesetzte an, die barsch das Wort ergriff.
»Sie beruhigen sich jetzt erst mal, verstanden?«, sagte sie in schärferem Ton. »Wir stellen hier die Fragen, und wir können diesen Vorgang langsam und kompliziert oder leicht und schmerzfrei gestalten.« Ihre Miene war ausdruckslos, ihr Tonfall dagegen provozierend. »Sie wollen doch wohl nicht die Polizei hier haben an einem Donnerstagabend, oder?«
Ninos betrachtete ihre stark gezupften Augenbrauen, die sich weder hoben noch senkten.
»Verstanden, wir machen was gesagt kriegen «, sagte er untertänig und nahm die Rolle ein, die man von ihm erwartete: Die des Parasiten. Er verstärkte seinen Akzent noch eine Spur und erklärte, dass die Gaststätte seinem Freund Yamo gehöre, die Papiere jedoch in Ordnung sein müssten.
Das gesamte Personal musste sich tapfer der Kontrolle unterziehen. »Wie heißen Sie? Welche Arbeit führen Sie hier aus? Sind Sie schwedischer Staatsbürger?« Die meisten hatten die Prozedur früher schon mal durchlaufen und beantworteten alle Fragen leise und korrekt, um die angespannten Inspekteure, die mittels schroffen Kommandos mit ihrer Macht experimentierten, nicht unnötig zu reizen. Ninos gelang es, die meisten der geforderten Unterlagen aus Yamos
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