Die Wohltäter: Roman (German Edition)
beruhigen«, sagte Ninos.
»Sie kam einfach in die Küche gestürmt und hat mir Befehle zugebrüllt! Und Schweden soll ein zivilisiertes Land sein? Was sind das hier bloß für Menschen?«
Darauf hatte Ninos keine Antwort. Aber seine Geduld gegenüber Matay war ebenfalls am Ende.
»Spiel das Spiel mit! Oder du verlierst deinen Job, und Yamos Zorn wird dich töten«, drohte er.
Seine Worte zeigten unmittelbar Wirkung. Matays Stimme wurde honigweich, und mit großer Ruhe trug er beide Kassen in das Büro, wo die Inspekteure unmittelbar die Kassenrollen herausnestelten und verschiedene Kombinationen eingaben um herauszufinden, ob die Rollen manipuliert worden waren, um Schwarzgeld einzunehmen.
Ninos stand schweigend dabei und sah zu, wie die beiden Inspekteure an den Kassen herumfingerten. Nach einer geraumen Zeit waren sie fertig, und die Frau, die den Befehl über die Inspektion übernommen hatte, kam ins Büro. »Ja, sieht ja alles gut aus hier. Wir sind fertig.«
Ninos holte tief Luft und presste der Inspekteurin ein Lächeln entgegen. Endlich. Und keine Verstöße. Jetzt würde er Yamo anrufen und ihn beruhigen können.
»Aber Sie können sich darauf verlassen, dass wir uns nicht zum letzten Mal gesehen haben.« Die weibliche Inspekteurin lächelte ihn an und streckte ihm die Hand entgegen.
»Monica Glimstedt. Ging alles ein bisschen schnell am Anfang.« Ninos nahm ihre Hand. »Ninos Melke Mire.«
Sie wechselten einen kurzen Händedruck. Als Ninos den Griff gerade lösen wollte, drückte sie noch einmal zu und bohrte ihre Nägel in seine Handfläche. Schnell zog Ninos seine Hand zurück und sah weg. Er merkte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.
Keiner der beiden Inspekteure, die die Kassen untersuchten, hatte reagiert. Ninos wich ihrem Blick aus und sah zu Boden.
Kurze Zeit später waren die Kassen abgerechnet – der Türsteher und die Garderobenfrau hatten ihre Einnahmen gezählt, und die Kellner hatten Ninos dabei unterstützt, die Bar in Ordnung zu bringen. Ninos wiederum hatte dem Croupier bei seiner Abrechnung geholfen. Am Ende teilten sie wie gewohnt das Trinkgeld unter sich auf.
In der darauffolgenden Stunde wurden Tische abgewischt, Stühle gestapelt, Aschenbecher geleert, Sofas gesäubert, Toiletten gescheuert und Böden gewischt, begleitet von Barry White auf höchster Lautstärke. Ninos fühlte sich wieder lebendig, obwohl er noch vor einer Stunde am liebsten wimmernd auf dem Boden gelegen hätte. Das Haustelefon piepste im Büro, wo er gerade saß und nach Yamos Anweisungen die Abrechnung vornahm. Es war einer der Kellner.
»Der Engländer sitzt noch hier und scheint zu betrunken zu sein, um sich zu bewegen. Die Türsteher sind schon gegangen, und ich habe keine Lust, ihn selbst vor die Tür zu setzen. Was sollen wir tun?«
»Er ist noch da?«, fragte Ninos verwundert. »Tja, einen Gast, der mehrere Tausend Kronen bei uns gelassen hat, können wir wohl kaum einfach rauswerfen.«
Eigentlich hatte Ninos vorgehabt, nach Hause zu fahren und sich hinzulegen. Oder besser gesagt, er war ganz einfach dazu gezwungen. Aber sein Körper hatte das Adrenalin von der Razzia noch nicht richtig abgebaut.
Als er zum Tresen hinausging, hing dort in der Tat noch der dösige Engländer auf einem der Barhocker. Er hatte sich eine Zigarre angezündet, die er langsam in der Luft schwenkte, sodass kleine Rauchringe zwischen den Flaschen aufstiegen. Normalerweise war Zoran der Einzige, dem Ninos erlaubte, in der Gaststätte Zigarre zu rauchen, aber jetzt hatte er keine Lust, etwas zu sagen. Stattdessen ließ er sich neben dem Engländer nieder.
»Was heute Abend passiert ist ...«, begann Ninos »ich hoffe, es war nicht allzu unangenehm für Sie. Leider kommt so was ab und zu vor.«
»Keine Sorge. Ich habe in meinem Job ... Erfahrungen im Umgang mit Behörden gesammelt. Man kann wohl mit Recht sagen, dass viele von ihnen ihre Aufgaben missverstehen«, sagte der Engländer leise.
»Inwiefern?« Ninos horchte auf.
»Tja, sie müssen ja auch darum kämpfen, ihre eigene Existenz zu rechtfertigen. Was ihnen dann mitunter wichtiger ist als die Frage nach Recht oder Unrecht.«
»Sie meinen, dass viele der Menschen, die dort arbeiten, selbst nicht an das glauben, was sie tun?«
»Ab und zu trifft das wohl zu. Sogar da, wo man am wenigsten damit rechnet, gibt es Heuchler. Die vermeintlich Guten sind am korruptesten. Leider.«
Vielleicht ist das wahr, dachte Ninos. Er nahm einen Schluck Wasser, um sich zu
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