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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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großen, langsam rotierenden Drehtüren waren eine Prozedur, mit der sich alle Mitarbeiter jeden Tag abfanden. Unabhängig davon, wie wenige Sekunden ihnen noch bis zum Beginn der Sendung blieben. Alle gingen im Zeitlupentempo durch die langsame Rotationstür ein und aus, ohne zu versuchen, die Tür zu einer schnelleren Bewegung anzuschieben, denn dann blieb sie bockig stehen. So war es einfach.
    Die Radiochefin hatte dagegen nicht eine einzige Sekunde übrig. Sie marschierte zur Behindertentür neben dem Eingang. Ohne ihren Schritt zu verlangsamen, winkte sie mit dem linken Ellenbogen, sodass sich die Tür vor ihr automatisch öffnete. Dann dampfte sie geradewegs hinein.
    Karin wusste, dass die Pförtner in ihrem Häuschen immer gleich auch die nächsten Türen für die Chefin öffneten, sie brauchte noch nicht einmal die Hand zu heben, um eingelassen zu werden. Dadurch sparte sie zusätzliche Umwege durch weitere Drehtüren und Scherereien mit Passierscheinen, die sie weitere Sekunden kosten würden.
    Karin verharrte eine Weile und lächelte über die Machtdemonstration, die sich vor ihren Augen abgespielt hatte. Dieses Schauspiel brachte sie immer in bessere Stimmung – und auf angenehme Phantasien darüber, wie es wäre, selbst Rundfunkchefin zu sein.
     
    Eine Sekte , hatten sie in der Morgenzeitung geschrieben. Klang das nicht ein wenig unmodern, fragte sich Karin, nachdem sie in ihremBüro angekommen und den Artikel noch einmal durchgegangen war. Sie selbst hatte als Teenager noch nicht einmal Lust gehabt, einem normalen Verein anzugehören. Zusammenschlüsse interessierten sie nicht – mit Ausnahme der Königlich Schwedischen Segelgesellschaft.
    Karin hatte eineinhalb Stunden intensive Recherchearbeit betrieben und sich dann schon eine geraume Zeit, bevor sie mit seiner Ankunft rechnete, in Flintbergs Besucherstuhl niedergelassen. Er hatte das mit Abstand kleinste Büro auf der oberen Ebene, ganz ohne die Aussicht, welche die anderen Chefs genossen. Es ähnelte einer kleinen Zelle mit kahlen Fenstern (Flintbergs Bezeichnung für Gardinen war »Blödsinn«), in der noch dieselben Möbel standen, die bereits dort gestanden hatten, als er vor fünfundzwanzig Jahren beim Radio angefangen hatte. Als alle bereits mit ergonomischen Stühlen und in der Höhe verstellbaren Tischen ausgestattet worden waren, nahm Flintberg noch immer mit seinen bewährten Siebzigerjahremöbeln vorlieb, die seit jeher irgendeinen Defekt gehabt hatten. Der Stuhl, auf dem Karin saß, gehörte noch zu den besseren Holzstühlen, weil er vier relativ stabile Beine besaß, auch wenn auf einer Seite die Armlehne fehlte. Auf dem Fensterbrett standen zwei Blumentöpfe. Sie enthielten Sukkulenten namens Flammendes Käthchen, die ihm ein energischer Praktikant vor vielen Jahren einmal geschenkt hatte. Offenbar waren sie Liebhaberstücke, denn sie durften stehen bleiben, knochentrocken und vollkommen leblos.
    Karin zuckte zusammen, als Flintberg den Raum betrat.
    »Teufel auch«, war das Einzige, was er von sich gab, mit einem Mobiltelefon am Ohr, das aussah wie ein Modell aus den frühen achtziger Jahren.
    Karin spannte jede Faser ihres Körpers an. Flintberg fluchte sonst nie. Sie würde gefeuert werden. Oder in die Kategorie »unzuverlässige Reporterin, der man nie wieder Vertrauen entgegenbringen sollte« fallen. Nie mehr mit dem Ü-Wagen fahren. Ganz bestimmt würde sie nie wieder Spezialrecherchen für Flintberg ausführen dürfen, zu all den merkwürdigen Ideen, die ihm morgens auf dem Weg zur Arbeit einfielen. Sie biss die Zähne zusammenund verfluchte ihre eigene Dummheit. Ihr war eine wichtige Story durch die Lappen gegangen, und man sollte sie mit sofortiger Wirkung wieder auf die Journalistenschule zurückschicken. Karin fühlte sich wie ein kleiner, quälerischer Hausgeist, der sich am liebsten selbst züchtigen würde.
    »Nehmt das Band«, brüllte Flintberg in den Hörer. »Spielt es in der Sieben-Uhr-Sendung ab. Direkt. Auf allen Kanälen. Aber hört es erst von vorn bis hinten ab«, fügte er hinzu und legte auf.
    Er entdeckte Karin und warf ihr einen müden Blick zu. »Edman. Hier verstecken Sie sich also.«
    Karin versuchte zu lächeln, sah aber lediglich verschreckt aus. »Sie haben nicht das ganze Band abgehört, verstehen Sie.« Karin wurde von noch größerem Schrecken erfüllt, da sie nicht begriff, worauf Flintberg hinauswollte. Hatte sie einen Fehler gemacht, von dem sie noch nicht einmal etwas wusste?
    »Es geht um

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