Die Wohltaeter
jener Zeit jemand wohnen wollen. Ein riesiges Gemälde von Esaias Thorén mit zwei eckigen, schwarzen Frauen, die Wasserkrüge auf ihrem Kopf balancierten, hing über dem Sofa und machte den Raum nicht unbedingt einladender.
Diesen Stil fand Møller jedoch bequem und beruhigend, also sollte es so sein. Wendel wünschte nur, es gäbe Gardinen vor den Fenstern der Gästezimmer, aber Textilien zählten nicht gerade zu Møllers Vorlieben. In all seinen Häusern gab es nur Stein- oder Holzböden, auf denen nicht ein einziger Teppich lag. Møller selbsthatte einfache, schwarze Rollos in seinem Schlafzimmer, ließ jedoch nicht zu, dass jemand anderes von der Sonne verschont wurde. Das war noch zu ertragen, wenn sie in Kopenhagen waren, fand Wendel, auf der Farm nahe Harare wurde es allerdings besonders unbequem. Vor allem, weil die Umgebung außerhalb des fehlplatzierten dänischen Bürgerheims aus einem eigenen Wildreservat bestand, wo man beobachten konnte, wie alle nur erdenklichen Tierarten frei herumliefen und von den Wildhütern der Bewegung erlegt wurden.
Er fuhr zusammen, als Møller plötzlich direkt hinter ihm stand und wieder zu sprechen begann: »In diesem Jahr haben wir viele große Projekte vor uns.«
»Aber wie gehen wir mit dem Schwedenproblem um?«
Zu Wendels anhaltendem Verdruss antwortete ihm Miriams Stimme: »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Die Beseitigung dieses kleinen Problems steht auf meiner Aufgabenliste. Wir wissen ja noch nicht richtig, was sie eigentlich vorhaben. Wir beobachten die Person, von der offenbar alles ausgeht, und rechnen damit, bald ein vollständiges Profil von ihr zu besitzen. Es scheint so, als sei der Betreffende noch nicht einmal von Anfang an Journalist gewesen. Dann werden wir ihn mit den üblichen Methoden auf den rechten Weg zurückbringen – bevor die Sache größere Ausmaße annimmt.«
Wendel zuckte erneut zusammen, allerdings nur innerlich. Er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was es bedeutete, wenn die Bewegung jemanden auf den rechten Weg zurückbrachte. Aber es funktionierte immer.
»Das klingt ja beinahe zu gut«, entgegnete er und versuchte, optimistisch zu klingen.
Eine weitere Frau betrat das Zimmer, woraufhin sowohl Wendel als auch Møller sich umdrehten. »Er ist jetzt hier.«
Møller nickte und fuhr mit den Handflächen über seinen Oberkörper, um seine Kleidung zu glätten.
»Du darfst dabeisitzen«, sagte er zu Wendel. »Jetzt kannst du lernen, wie man mit einem Mann umgeht, der sich selbst als Freiheitskämpfer lanciert hat, für den Geschmack der internationalenGemeinschaft aber zu unberechenbar geworden ist, weil er an seine eigene Sache glaubt. Er weiß, was er tut, aber er muss seine Rhetorik etwas mehr im Zaum halten, damit unsere neuen Projekte in Ruhe und Frieden fortgesetzt werden können. Dies ist das Ziel unseres heutigen Treffens.«
Wendel nickte eifrig. Er hatte ihren Gastgeber in Zimbabwe noch nie zuvor getroffen. Als er an Miriam vorbei auf den Balkon trat, senkte er seinen Kopf, damit sie nicht sehen konnte, wie triumphal er lächelte. Normalerweise war sie es, die an solchen Treffen teilnehmen durfte, nun aber war Wendel eingeladen, als zweiter Mann dabei zu sein.
Die Flügeltür wurde geöffnet, und im selben Augenblick verwandelte sich Møllers müdes Gesicht. Er sprühte vor Energie und ging seinem Freund mit ausgestreckten Armen entgegen.
»Robert! Du siehst aus, als ginge es dir gut, mein Bruder.«
33
TUVA
Leif kam genau in dem Moment in den Schlafsaal, als fast alle eingeschlafen waren, und schaltete die Deckenlampen so plötzlich ein, dass ihre Augen flimmerten und schmerzten. Während der vergangenen Woche hatten sie sich kaum ausruhen können. Nun war der Abend vor dem Beginn der Abschlussprüfung gekommen, und er hatte nicht vor, sie eine Nacht in bequemen Betten durchschlafen zu lassen, ohne zuvor eine letzte Anweisung zu verkünden.
Er stellte sich in die Mitte des Raumes und ließ langsam seinen Blick über sie wandern, wie sie aufrecht auf ihren Bettkanten saßen. Dann begann er zu sprechen:
»Ihr habt alles bekommen. Ihr habt Wärme bekommen, habt Essen bekommen und Kleidung. Ihr wurdet in ein Vermächtnis von Infrastruktur und geordneten Wirtschaftsstrukturen hineingeboren. Dann habt ihr teure Ausbildungen genossen. Ihr besitzt die Gabe, zu sprechen, und ihr seid eine ganze Generation, die eines Tages die Welt übernehmen wird.«
Er schwieg und richtete nacheinander
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