Die Wohltaeter
Artikel fertiggestellt und im internen System freigegeben hatten, erhielt Ninos einen Anruf. Es war sein junger Freund Gabriel, der Praktikant. Er hatte mit einem Kommilitonen gesprochen, der ein Praktikum beim Radio machte: HHH hatte eine Pressekonferenz einberufen, aber nur das Radio und einige wenige Auserwählte eingeladen. Keiner wusste, worum es gehen würde.
»Wo«, schrie Ninos und sprang vom Sofa auf. Als er die Adresse erfahren hatte, packte er Emil an der Schulter. »Wir müssen dorthin, jetzt, sofort, auf der Stelle.«
»Aber wir haben den Artikel bereits abgeliefert«, protestierte Emil. »Es ist vollkommen unmöglich, eine Gegendarstellung von HHH einzufügen, wenn der Artikel bereits auf die Seite gestellt wurde. Außerdem wollen sie uns anscheinend nicht dabeihaben, wenn wir nicht eingeladen sind.« Natürlich könnten sie trotzdem zur Pressekonferenz gehen, sagte er zu Ninos, aber das Ergebnis würden sie erst einen Tag später veröffentlichen können.
»Man könnte das, was HHH sagt, später im Internet veröffentlichen«, schlug Ninos vor. »Und es einen Tag später in die Zeitung aufnehmen.« Er riss seine zwei Aktenordner mit Recherchematerialien an sich und klemmte sie unter den Arm.
»Das machen wir grundsätzlich nie«, protestierte Sigge Strömmer, der gerade im Türrahmen aufgetaucht war. »Wir können nichts ins Internet stellen, was nicht vorher in der Zeitung veröffentlicht wurde. Das wäre den Abonnenten gegenüber ungerecht. Wir können nichts kostenlos herausgeben.« Er sah Ninos an. »Dann könnten wir ja gleich dichtmachen.«
»Kommen Sie schon, Strömmer. Probieren Sie mal was Neues aus«, bettelte Ninos, während er an ihm vorbei in den Korridor rauschte, wobei er den Ärmel von Emils Pullover festhielt. DerKollege fummelte noch an einem Notizblock herum, bewegte sich aber gehorsam in die Richtung, in die Ninos ihn zerrte.
Als sie Strömmer passiert hatten, der noch immer Widerstand leistete, wandte Ninos sich um und rief: »Wir brauchen auch einen Fotografen. Sofort.«
Ole Iversen stand neben einem kleinen Pult und zeigte auf ein Tortendiagramm, das der Overheadprojektor an die Wand projizierte, während Ninos und Emil sich im Dunklen hineinschlichen und setzten.
»In Mosambik ... dreihundert Brunnen, achtzehntausend Mahlzeiten.«
»In Zimbabwe ... Impfungen für Kinder zwischen drei und sieben Jahren.«
»In Litauen ... Schulen und Kinderheime.«
Nachdem auf diese Weise zwanzig Minuten vergangen waren, fragten sowohl Emil als auch Ninos sich, ob Iversen jemals aufhören würde zu reden. Möglicherweise war es sein Plan, die Versammlung mit seinem langsamen und eintönigen Informationsbombardement zum Einschlafen zu bringen. Zwei Frauen umgaben Iversen von beiden Seiten. Vor ihm auf dem Tisch lag eine Art Collage aus verschiedenen vierfarbigen Broschüren, wo dunkelhäutige Kinder verschiedenen Alters entweder spielten, teilnahmslos in die Kamera schauten oder die Schulbank drückten. Abgesehen von Ninos und Emil saßen noch fünf weitere Journalisten ruhig auf ihren Plätzen und hörten zu. Ein dunkelhaariger Mann lag unter dem Podium und zog an einem Kabel. Zwei Fernsehkameras und die zugehörigen Kameramänner standen am Ende des Raums.
»HHH ist nicht Teil eines Imperiums«, leierte Iversen weiter. »HHH kooperiert mit Schulen, die die gleichen Überzeugungen vertreten wie wir. Unsere Solidaritätsarbeiter bereiten sich auf den Aufenthalt bei HHH-Projekten in Afrika oder beispielsweise Indien vor, indem sie einen sechsmonatigen Vorbereitungskurs in einer der Schulen absolvieren, die ich bereits genannt habe. HHH in Schweden ist ein unabhängiger Verein, der mit anderen HHH‑Vereinen,Schulen und Projekten auf der ganzen Welt kooperiert, aber wir haben unsere eigene Ökonomie.«
»Er klingt wie eine Maschine«, flüsterte Emil Ninos ins Ohr. »Außerdem stimmt das nicht. Der dänische Staat hat den Kontakt abgebrochen«, flüsterte Ninos zurück.
Iversen las noch immer aus seinen Papieren vor. »Eines der wichtigsten Ziele von HHH ist es, Menschen aus den reichen Gebieten der Erde die Möglichkeit zu geben, in den übrigen Gebieten Entwicklungsarbeit zu leisten. Es ist nicht leicht, sich die Voraussetzungen und Bedingungen vorzustellen, die in diesen Gegenden herrschen. HHH ist bemüht, die Teilnehmer bestmöglich auf die Schwierigkeiten vorzubereiten, mit denen sie während eines Aufenthaltes, beispielsweise in Afrika, konfrontiert werden. Das stellt den
Weitere Kostenlose Bücher