Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
Vom Netzwerk:
darüber für alle Menschen in der Zeitung zu berichten, oder im Radio. Und wenn etwas verkehrt läuft, kann etwas dagegen unternommen werden. Die Menschen reagieren darauf.«
    Eigentlich dürfte keinem Menschen eine solche Macht zustehen, fand Ninos.
    »Du hast zum Beispiel erzählt, dass unser Fall die Polizei nicht interessiert«, fuhr Ingrid fort. »Den Politikern ist es auch egal. Und wir können ja nicht einfach nach Dänemark fahren, ihnen drohen und sagen, dass sie ihre Aktivitäten einstellen sollen. Oder? Sobald aber die Zeitung darüber berichtet, kann ich dir versprechen, dass sich sehr wohl jemand dafür interessieren wird. Und sei es, dass die Menschen nur damit aufhören, Geld und Kleider zu spenden.«
    Ninos überlegte. »Aber Journalisten sind doch ständig im Unrecht. Sie schreiben Unsinn, und sie denken sich alles aus.«
    »Das stimmt. Aber ohne Journalisten wären die USA vielleicht nie ihren verlogenen Präsidenten losgeworden; und wir hätten nie erfahren, was in My Lai passiert ist. Ohne Journalisten wüssten wir nicht, dass Bofors Schmiergelder bezahlt hat, um schwedische Waffen verkaufen zu dürfen, oder dass die schwedischen Sozialdemokraten geheime Karteien von Menschen angelegt haben, die nicht ihre Ansichten vertraten. Verstehst du? Du musst die anderen Journalisten nicht mögen, darum geht es hier gar nicht. Aber wir müssen uns ihre Methode zu eigen machen.« Letzteres sagte sie in einem mahnenden Ton.
    »Aber warum muss das unbedingt in der Zeitung stehen? Wir können doch wohl Beweise sammeln und die Behörden damit überzeugen«, schlug Ninos vor. Alles andere klang in seinen Ohren umständlich.
    »Das reicht nicht aus.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Insbesondere in Schweden nicht. Hier glauben die Menschen, was in der Zeitung steht. Erst wenn jemand darüber schreibt, scheinen die Dinge plötzlich wahr zu werden. Und diejenigen, die an der Macht sind, reagieren endlich.«
    Dessen war sich Ninos überhaupt nicht sicher – aber noch bevor er antworten konnte, bog sie scharf rechts in einen kleinen Weg ein, den er noch nicht einmal bemerkt hatte. Er war nicht geräumt, und Ninos kniff einen Moment lang die Augen zusammen und dachte an seine spezialangefertigten Felgen, die den Schnee nicht gerade zu ihren besten Freunden zählten. Das Auto schaukelte so sehr, dass Ninos sich am Türgriff festhalten musste. Jeder kleinste Stoß fuhr ihm direkt ins Kreuz. Der Weg endete an einem kleinen roten Haus, vor dem Ingrid abbremste und den Motor abstellte. Dann zog sie mit einem harten Ruck die Handbremse an. Als ob sich mein armes Auto auch nur einen Zentimeter rühren könnte, so, wie es im Schnee verkeilt ist, dachte Ninos beunruhigt. Außerdem war er enorm hungrig. Ob Ingrid wohl etwas Proviant mitgenommen hatte? Von diesem Gedanken beflügelt, öffnete er die Autotür und setzte den einen seiner relativ praktischen Schuhe auf den Boden, wo er sogleich in einem halben Meter Schnee versank.
    Ingrid hatte vor ihm das Haus betreten, und Ninos sprang hinterher.
    »Was machst du so, wenn du hier bist?«, fragte Ninos verwundert, nachdem er über die Türschwelle getreten war und sich in der kleinen Kate umsah. Die verschlissenen Flickenteppiche schienen auf dem Boden festgefroren, und die Küchenbank aus Holz mit Schnitzereien in der Rückenlehne sah ziemlich unbequem aus. An der Wand hingen einige Kupferpfannen, auf dem Esstisch lag eine Wachsdecke mit verschiedenfarbigen Halbmonden.
    »Im Sommer ist es wunderbar hier«, sagte Ingrid. »Es herrscht eine himmlische Ruhe, man begegnet keinem einzigen Menschen. In diesem kleinen Häuschen ist man ganz für sich. Abgesehen von einer kleinen Amsel oder Ähnlichem. Ist das nicht der reinste Luxus?« Sie klang entzückt.
    Oder die reinste Folter, dachte Ninos. Man wollte doch gerade da sein, wo alle anderen waren; wo etwas los war. Das war zumindest seine eigene Einstellung. Er hätte es sich niemals vorstellen können, allein in einem Sommerhaus zu hocken. Die letzten Wochen in Kungsholmen waren die einsamsten seines Lebens gewesen, obwohl er es sich selbst so ausgesucht hatte.
    Ingrid ging in ein anderes Zimmer, um nach dem Boiler zu sehen.
    Wenn ich Teil eines Krimis wäre, würde jetzt ein Mord geschehen, dachte Ninos. Oder wenigstens eine Leiche auftauchen, in der alten Holzbank zum Beispiel, phantasierte er weiter. Steifgefroren, so wie er selbst. Dann musste er an den Engländer denken und schämte sich ein wenig.
     
    Als sie zurück

Weitere Kostenlose Bücher