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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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Durchreise wunderte sich über dieses böhmisch-italienische Lustschloss inmitten des rustikalen Tirols.
    Doch so einfach wurde meine Neugier nicht befriedigt. Bevor Ferdinand losgeprescht war, hatte er seinen Jagdtross für den Tag entlassen und den Waidhelfern geheißen, den Restabschuss unverzüglich der Küche der Hofburg zuzuführen.
    Ich hingegen sollte hundert Fuß vor dem Burgtor warten, so sein Befehl. Er kannte seinen Thomele.
    Blasius hängte mir eine schweißige Rossdecke über, bevor er grinsend davonritt.
    Es war lächerlich: mein Herr hatte mich, den kleinsten Mensch der Welt, das Staunen aller, die Augen hatten, einem Aussätzigen gleich, auf einem vereisten Feld zurückgelassen, um Huren – sie wären tausendfach ersetzbar – ein Stück Fleisch zu bringen? Ein Liebesstelldichein genoss der Hagestolz. Unterdessen erfror sein treuester und teuerster Gefährte vor den hohen Mauern dieses Ortes der Sünde. Entkräftet und durchnässt. Von der inneren Kälte will ich gar nicht erst anfangen.
    Gerade wollte ich meinen Kurzen wenden und nach Innsbruck antreiben, als vier Gestalten aus dem Tor preschten. Ferdinand und drei Weiber.
    Die Frau mit den schönen Nasenlöchern und die mittelalte Loxan brachten ihre Füchse vor mir zum Stehen. Schnee spritzte in mein Gesicht. Eine Ältere, die ich nie zuvor gesehen hatte, hielt sich abseits. Alle drei taxierten mich, grußlos. Ein blau gefrorenes Häufchen Elend, das unter einer stinkenden Rossdecke hervorspähte. Die Schlafweiber im feinsten Zobel.
    „Er musste in der Kälte warten?“, fragte die Junge und blickte streng zu Ferdinand. Der zuckte wie ein Hanswurst mit den Schultern, eine Geste, die ich noch nie bei ihm gesehen hatte.
    Schon war die Junge auf und davon. Ferdinand gab meinem Kurzen einen Schlag auf die Kruppe und wir jagten ihr hinterher.
    Alle Weiber hatten kleine Jagd-Armbrüste am Sattel angehängt. Wohl für die Vogeljagd gerüstet.
    Schon erreichten wir den nahen Wald am Paschberg. Im wilden Zickzack-Parcours ging es um Bäume und schneeschweres Gebüsch. Meine eigene kleine Armbrust zu fassen, wäre mir unmöglich gewesen.
    Eine Kiefer, die ich streifte, ergoss ihre Schneelast auf mich. Nur mit Mühe hielt ich mich im Sattel, während Ferdinand über den Zwerg mit der weißen Haube lachte.
    Ich wischte mir Schnee aus Gesicht und Kragen, als die Junge einen Schneehasen erspähte, flink ihre Armbrust spannte und mit dem Bolzen ihr Ziel traf.
    Ihre schönen Nasenlöcher zitterten, als sie Ferdinand den weißen Balg direkt vor die Nase hielt. Respektlos. Doch die Dreistigkeit seiner Hure schien ihm zu imponieren. Er nannte sie „mein Täubchen“ und pries sie vor der Loxan mit süßen Worten. Die untersuchte das Langohr von ihrem Pferd aus.
    „Glatt durch Herz“, sagte sie. „Glatt durch Herz, wie alles was Pine erlegt“, ergänzte sie und lächelte Ferdinand an.
    Die Junge setzte ihrer Hurendreistigkeit noch eines auf, indem sie aus meinem Kragen eine Handvoll Schnee herausfischte, einen Ball daraus formte und diesen nach dem Erzherzog warf. Der lachte trocken auf und riss sein Ross herum, in die Richtung, in die die Junge nun floh.
    Mein Kurzer zuckelte den Riesengäulen mit nur mäßiger Begeisterung hinterher. Die Gamsjagd hatte ihn so erschöpft wie mich, während die Huren ausgeruhte Rösser hatten und auch Ferdinand mit einem frischen Rappen aus dem Tor geritten war.
    Er hatte alles im Übermaß. Gleich drei aktuelle Schlafweiber und einen zweiten Hofstaat für seine Unzucht. Diese Verschwendung musste die Tiroler befremden.
    Als ich an die Dreiergruppe herankam, sah ich die Loxan auf ein rotes Eichkätzchen anlegen. Sah seine buschigen Ohrspitzen im Föhnwind zittern. Oder etwa vor Aufregung? Es schien ein junges Tier zu sein.
    Unbeirrt ritt ich dem Hurenweib in die Parade. Wo Eichkätzchen doch die Kobolde der Wälder sind und Thomele sie liebt.
    Ferdinand wollte meinen Kurzen ablenken, wobei seine Peitsche auch meinen Rücken traf. Mein Pferd scheute und mein Schädel verschwand im Schnee, um alsbald wieder aufzutauchen. Vollführte mehrmals dieses beachtliche Manöver, scheinbar vom Körper losgelöst. Dann knirschte es. Irgendetwas zerbrach.

5
    Seit ich dem Kerl begegnet bin, spaziert er durch meinen Kopf. Die Augen eisgrau, die Nase spitz, die Mine zwar vom Bartwuchs in ihrer Schärfe gemindert und dennoch tollkühn. Nein, irgendwie herrisch. Kein Gesicht, das gleich gefällt. Ein Wichtigtuergesicht.
    Bei der Hochzeit

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