Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
Vom Netzwerk:
Benignas mit Albert hatte ich ihn zum ersten Mal erblickt. Die große Schwester hatte einen guten Fang gemacht. Die Kolowrat-Liebsteinskys, ein altes Geschlecht. Es war für die Tante ein Leichtes, die Fäden zu knüpfen als Gattin des Vizekanzlers von Böhmen.
    Tante Loxan, mein Vorbild: Die schönste der Adlerschwestern hat den besten Mann erwischt, die Loxan sind alter schlesischer Adel und Onkel Georg ein leibhaftiger Graf.
    Kein Zufall, dass der Vizekönig von Böhmen den Hochzeitern auf Tochowitz gratulierte. Er tanzt auf allen Hochzeiten, nur nicht auf seiner eigenen, hieß es.
    Beim Tanz schritt er dann so zierlich und sprach so wunderliche Dinge. Anders als ein Kaufmannssohn. War übermütig, gewinnend.
    Erst nach Monaten sah ich ihn wieder. Vier Sommer vor dem Religionsfrieden muss es gewesen sein. Beim Reichstag war er noch nicht im Tross seines Vaters gewesen. Urkundengefeilsche passt nicht zu diesem Gesicht.
    Zeigte sich erst beim Augsburger Kröndlgestech. Dem ersten Turnier, das ich verfolgte, obwohl ich mir nichts aus diesem rohen Handwerk mache. Auf dem Feld der Ehre brillierte er. Selten genug, dass ich hinsah.
    Im Festsaal des Rathauses stach er erneut heraus. Sein modisch gepolsterter Hosenlatz stand wie eine Faust vor seinem Schoß. „Der hat eine Zirbelnuss als Gemächt“, flüsterte Rehlinger, seinen Ratsherren zugewandt. Alle lachten, auch Onkel Bartlmä. Ist die Zirbelnuss doch das Wahrzeichen der Stadt.
    Und dennoch hat er mich verdorben, dieser Habsburger Geck. Gerade, wenn ich einem vermeintlichen Bräutigam schöntun soll. Nun wäre ich eine Närrin zu glauben, dass so einer an eine Kaufmannstochter denkt. Eine, mit der er zwei-, dreimal getanzt hat. „Die Krone ist nur ein Hut, in den es hineinregnet“, sagt Onkel Bartlmä immer.

Ambras 1569
Wenn der, der liegt, ausschaut wie tot
    Als ich erwachte, wähnte ich mich noch im Schnee. Das Licht so gedämpft, wie wenn nur die Idee eines Tages in eine Schneehöhle eindringt. So wie in diesen Schneebergen die Welt überhaupt nur als Idee zu existieren scheint. Doch der Schnee war nicht kalt auf meinem Gesicht. Dies musste ein Verband sein. Ein Kopfverband, der auch die Augen bedeckte.
    Als ich meinen Kopf heben wollte, merkte ich, dass er wie eine Bleikugel dalag. Als ich meine Arme heben wollte, um dieses Ding zu berühren, gehorchten sie mir nicht. Jeder Atemzug ein Messer in meiner Brust. In meinen Knochen ein Kribbeln, wie wenn ein Käfer durchs Mark kriecht.
    Nur ein Gefühl übertrumpfte diese Unerfreulichkeit. Die Gewissheit, dass meine Blase zum Bersten voll war. So gönnte ich mir zumindest diese Erleichterung.
    „Er macht sich nass“, rief eine helle Frauenstimme.
    „Das sehe ich auch“, antwortete eine dunklere Tonlage. Während es untenherum warm und feucht wurde, beratschlagten die Damen, wie ich herauszuschälen sei. Zerbrochen, wie ich war.
    Es schmerzte, doch man wusch mich mit Wasser, das nach Rosen duftete.
    „Keine Angst, kleiner Mann, ich will dein Bestes“, sagte die dunklere Tonlage, während eine Hand durch meine Ritzen fuhr. Was gesäubert war, wurde dick mit Schafstalg bestrichen, man roch es, und in Tücher gewickelt. Sicher eine erfahrene Kindsmagd.
    Das sollte längere Zeit so gehen, denn bei diesem denkwürdigen Jagdausflug hatte ich mir auch noch die Blase verkühlt.
    „Wenn Gott will, wirst du wieder sehen. Wir tun in Ambras das unsere“, sprach die dunklere Tonlage und verschwand.
    Und wenn Gott beschäftigt wäre? Schließlich hatte er Thomele in diese Lage kommen lassen: Er lag im Hurenpalast – als Wickelkind!
    Zu sterben wäre keine schlechte Sache. Allein schon aus Trotz, kam mir in den Sinn.
    Doch wie sich umbringen, wenn man bis zum Scheitel bandagiert ist und unfähig, ein Fingerchen zu rühren?
    So beschloss ich, mich einmal im Leben in Geduld zu üben. Abzuwarten, wo Unrast doch das Wesen des Dämons ist.
    Zu nutzen, was mir geblieben war: Ohren hatte diese zerbrochene Gliederpuppe noch.
    Nun war kaum auszumachen, ob die kleine Mumie wachte oder schlief. Ein Indiskretionsvorteil, der einem Thomele gefiel.
    Dumm nur, dass ich die Stimmen von Ferdinands Gespielinnen kaum im Gedächtnis trug. Die Frau mit den schönen Nasenlöchern hatte ich nur einmal reden hören, mit erhitztem Atem vom Pferd herab. Gleiches galt für die Loxan, die Eichkätzchenmörderin, sofern sie getroffen hatte. Die vermeintlich Dritte von Ferdinands Gespielinnen hatte mich nur stumm angestarrt.
    „Er hätte ihn

Weitere Kostenlose Bücher