Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
Vom Netzwerk:
Gewürznelken, Piment, Chili, Koriander, Anis und Zimt.“
    War Dr. Keller des Lateinischen nicht mächtig? Benötigten auch die wilden Weiber von Ambras derartig plumpe Anweisungen für monatsgerechte Wundermittel? Die Frau mit den schönen Nasenlöchern kannte mehr Experimentierfelder als die Kräuterkunst. Auswendig.
    Ein schwarzes Kästchen zog mich an. Schweres Ebenholz an einem Scharnier des Sternenmöbels angekettet. Schon hantierte ich daran herum. Wenn ein Geheimtuer etwas verbirgt, muss ein Zwerg dies herausbringen.
    Dabei half mir die Sammelwut meines Herrn. Nicht nur, dass er sich eine Metallwerkstatt hatte einrichten lassen, sich bei Schmelzversuchen schon den Bart angesengt und Rachen und Nase so verätzt hatte, dass er kaum noch Geruchs- und Geschmacksinn besaß. Auch Schlösser und obskure Mechanismen trug er dort zusammen. An einigen hatten wir unsere Fingerfertigkeit erprobt. Konzentriertes Gewerkel wie zwischen Vater und Sohn, an stillen Abenden, wenn er nicht zu seinen Huren gegangen war. Es schmerzte, Ferdinands Nähe vielleicht für immer verloren zu haben.
    Umso verbissener fingerte ich jetzt an dem Schloss herum. Besiegte den Medikus mit seinen Waffen: dem chirurgischen Besteck, genau genommen dem dünnen Knochenmeißel.
    Überlege gut, mit welchen Dingen du deinen Gegner beeindruckst, sagt dir ein Thomele.
    Das Ebenholzgeheimnis verbarg ein Buch, sonst nichts. Dieses winzig klein. Ein Gebetbuch, wie es aussah. Schon wollte ich es enttäuscht zurücklegen, als mir auffiel, dass mache Stellen überklebt worden waren.
    Auf der ersten präparierten Seite war „Arcanum. Von der Kunst Gold zu machen“ zu lesen. Winzig geschrieben, doch die Augen Thomeles sahen wieder scharf.
    Ich überblätterte fremdartige Zeichen. Zwar war Dr. Kellers Knecht von schlichtem Gemüt, doch Gold lockt auch die Dummen. Und die Gewitzten allemal.
    Was also mit dem Gekritzel anfangen? Bei näherer Betrachtung erkannte ich eine Sonne, stand sie für Sulfur? Ein Mond, der Merkur und das Quecksilbrige meint, überkreuzte Sarazenensäbel, sich in den Schwanz beißende Schlangen, undefinierbare Pflanzenbüschel, ein Totenschädel mit nur einem Schneidezahn und fehlendem Unterkiefer, ein Harnisch, vielleicht stand er für die Schmiedekunst und die Macht des Feuers, das Metall zum Glühen bringt? Es folgten drei rote Flammen, dann drei Tropfen Flüssigkeit. Wasser, Weingeist oder flüssiges Blei? Über manche Substanz hatte ich meinen Herrn reden gehört.
    Dann glaubte ich unterschiedlich große Destillierkolben zu erkennen, gefolgt von einem turmartigen Athanor, ohne dessen gleichmäßige Hitze das Alchemistenhandwerk nicht gelingt.
    Dem Ofen folgte eine Kanonenkugel bei der Explosion. Stand sie für Blei, für Stein oder für Eisen? Es folgten zwei astronomische Diagramme, eines in der Mitte durchgestrichen, dann die Klauen eines Adlers, in einen Gesteinsbrocken verkrallt. Griff er nach dem Stein der Weisen, den jeder besitzen will? Oder schlug der Vogel seine Krallen etwa in die „Materia Prima“, die geheimnisvolle Urmaterie?
    Derartiges hatte ich noch im Hradschin einem Alchemisten abgelauscht.
    Dr. Keller war nicht der Erste, der dort mit der Verwandlung von Materie in pures Gold geworben hätte. Es hatte sich in ganz Europa herumgesprochen, wie Ferdinands Interesse an der Natur sich mit dem für das Absonderliche und geheimnisvoll Wunderbare berührte.
    Der Abschluss der Zeichenfolge zeigte in sich verschlungene Ringe. Vielleicht zeigte sie die chemische Hochzeit aller Zutaten an?
    War dieses Gekritzel das Werk eines Spaßvogels oder der Code eines ernst zu nehmenden, ja, weisen Mannes?
    Immerhin war er weise genug, den Goldhunger, der alle Fürsten umtreibt, für sich zu nutzen.
    „Schreien sie nicht nach den Fuggern, schreien sie nach den Alchemisten“, hörte ich Dr. Mattioli einmal zu seinem jungen Kollegen Handsch sagen.
    Fast schon hatte ich Dr. Kellers Büchlein aus der Hand gelegt, als ich eine weitere Merkwürdigkeit entdeckte. Der hintere Buchdeckel fühlte sich dicker als der vordere an. Ich löste die Verklebung des Papiers mit Dr. Kellers Skalpell. Ein Blatt fiel heraus. Aufgefaltet zeigte es Gegenstände, die allesamt einen doppelten Boden enthielten, darunter ein Schmelztiegel, wie Alchemisten ihn benutzen. Auch ein Zeigestock war abgebildet, dessen Handstück hohl und mit einem steinartigen Klümpchen gefüllt.
    Bestand die wahre Kunst der Alchemisten darin, Gold in ihre Vorführungen

Weitere Kostenlose Bücher