Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Ambras hätte sich bis zu ihnen herumgesprochen und so baten sie meinen Herren, zwei Porträts von ihr anfertigen zu dürfen. Auf eigene Kosten. Eines als ihre Referenz, das andere für die erzherzogliche Schönheitsgalerie. Man hätte gehört, bella Philippine befände sich schon als Münze darin und in Öl. Aber ein neues Bildnis, nach dem Leben gemalt, würde ihm und sicher auch ihr gefallen.
Wieder einmal etwas klamm im Budget, aber gebauchpinselt, willigte mein Herr sofort ein. Bald wäre Philippines Namenstag und gegen ein Abbild der Liebsten, kostenfrei und prompt geliefert, wäre nichts zu sagen, mag er gedacht haben. Alles Italienische liebte er sowieso. Nach all dem Leid und den Schmähungen täte Philippine diese Ablenkung sicher gut.
So ließ er Spirelli und Canarella im Gästetrakt unterbringen, um sie am Morgen nach Ambras zu schicken.
Hätten sie dort vorgesprochen, hätte Hofmeister Rudolf von Wels sie abgewiesen und auch Burghauptmann Wacker sie nicht eingelassen. Hatten sie doch Anweisung, alle Besucher zunächst in der Hofburg auf ihre Gesinnung überprüfen zu lassen.
Bei meiner Naseninspektion sah ich Reste von Schnupftabak in Spirellis Nase. Ein neumodisches und teures Vergnügen unter Höflingen.
Und kein Spritzer Farbe war an ihrer Haut. Auch nicht unter ihren Fingernägeln oder auf den Schuhen, wie bei Pinselschwingern so üblich, selbst wenn sie ein sauberes Festgewand besaßen. Überhaupt schienen ihre zarten Finger kaum zum Bilderrahmen zimmern, Leinwände zuschneiden, spannen und präparieren geschaffen. Diplomatenhände.
Als ich später die Taschen der Italiener inspizierte, sie saßen beim Wein, fand ich einen Zettel, den ich als Plan von Ambras erkannte: die Gemächer der Welserin verzeichnet mit allen geheimen Türen, selbst dem einzigen Schleichweg, um die Burgwachen zu foppen.
Ich hatte ihn schon benutzt, als ich nach dem Zusperren des Tores vom Kartenspiel heimgekommen war. Nur ein Ambraser konnte derartiges wissen. Oder ein Spion.
So verbarg ich mich hinter einer geheimen Tür des Schlafgemachs, in dem Spirelli nächtigte. Hinter einem Gobelin versteckt, war sie nur bei Mätressen bekannt.
Ich hatte jedoch nicht bedacht, dass Gäste dieses Schlages ihre Unterkunft genau durchstöbern.
Spirelli zog mich hervor und drückte mir die Kehle zu. Ganz sicher wäre ich erstickt, hätte ich nicht meinen Dolch gezückt, als der Italiener mit dem Abklopfen der Wände begann. Ich rammte ihn dem Würger in den Arm. Der ließ stöhnend von mir ab.
Thomele schrie und rannte um sein Leben. Spirelli hinterher. „Fermati, nano!“, wütend mein Stehenbleiben einfordernd, denn der Schlaftrunk im Wein machte seine Beine schwer, Thomeles Misstrauen nach der Nasen- und Handinspektion sei Dank. Und der Ampulle, die Philippine ihm aufgedrängt hatte, „bei all dem Gesindel, das durch die Hofburg kriecht“. Nun rettete ihr Mohnsaft auch sie.
Fand sich in der Gerätschaft der falschen Porträtisten doch eine kleine Armbrust, die ein Reh auf gut 50 Fuß fast lautlos tötet.
Im peinlichen Verhör gestanden die Herren dann, von einem Unbekannten aus Wien gut bezahlt worden zu sein, um die Welserin zu entführen. Oder zu töten, wenn dies misslänge.
Nie fand mein Herr den Auftraggeber heraus. Aber die Eiszeit, die zwischen meinem Herrn und seinem Bruder ausbrach, ließ den Kaiserurgroßvater in Wiener Neustadt festfrieren.
Selbst nach dem Ableben des Kaiserbruders drei Jahre später sollte der große Max seinem Grabmal fernbleiben. Dies verrät der Zwerg schon jetzt.
Nachdem Philippine von der gefährlichen Episode erfuhr, brach sie zusammen.
Als kurz darauf ein Erdbeben die italienischen Schornsteine vom Dach in Ambras rüttelte, der Hofburg tiefe Risse zugefügte und fast alles Porzellan zerschlug, sah sie darin ein schlechtes Omen. Nicht für Tirol, nein, für ihre Ehe.
Bald schon nach seiner Ankunft in Tirol hatte mein Herr sein Testament gemacht und gesagt: „Die Fürsorge von Weib und Kindern den Brüdern zu überlassen, wäre wie Rehkitze in der Obhut von Wölfen.“ Das kaiserliche Gebot der absoluten Geheimhaltung seiner Ehe bedrückte auch ihn. Doch weiter blieb die Vermählung des Ferdinand von Österreich mit Philippine Welser eines der bestgehüteten Geheimnisse des Abendlandes.
Selbst venezianische Gesandte, welche sonst mit feinstem Spürsinn politische Geheimbünde und Liebesränke an Adelshöfen erfassen, ahnten von der heimlichen Ehe nichts. Diese Venezianer
Weitere Kostenlose Bücher