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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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unten angestrahlt. Denn der große Max überragte seine Armleuchter noch um gut vier Fuß. Kniete auf dem First seines Grabmals im Krönungsornat. Überragte den Altar als Gipfel seiner eigenen Ehrerbietungspropaganda.
    „Gotteslästerlich sei es, auf Gott hinabzublicken“, schimpften viele. Maximilians Habsburgernase war jedoch der Wetterhahn des damaligen Weltgeschehens gewesen. Sollte er nicht auf die Pfaffen hinabblicken?
    Nun hatte das Grabmal das Problem, dass der Verstorbene fehlte. Der große Max lag in Wiener Neustadt begraben.
    Die Innsbrucker hatten ihren Kaiser und seinen Tross dereinst nicht beherbergt auf seiner letzten Reise. Todkrank hatte er vor den Stadttoren nächtigen müssen, da bei manchem Wirt noch manche Rechnung offen war.
    So legte er sich andernorts ins Totenbett. Von allen verlassen. Ließ seinen noch warmen Kadaver peitschen, mit Asche überstreuen, ihm alle Zähne ausbrechen und sein kaiserliches Haupt kahl rasieren, um als armer Sünder seinem Schöpfer gegenübertreten zu können.
    Das Grabmal zu Innsbruck hingegen sollte sein ewiges Loblied singen.
    Sein Urenkel Ferdinand, also mein Herr, der seinerseits dringend gute Propaganda benötigte, wollte dieses Scheingrabmal nun mit dem gedachten Inhalt füllen.
    Das wäre opportun für das Haus Habsburg und für den jetzigen Kaiser, schrieb Ferdinand nach Wien. Eine schöne Leich’ sei im frommen Tirol gleich doppelt schön.
    Man hatte der Überführung der Gebeine in die Hofkirche schon zugestimmt, als der Kaiserbruder persönlich die Heimkehr des großen Max verzögerte.
    Ferdinand müsse erst nach Krakau gehen und die Stanislausschwester freien. Dann erst käme der Urgroßvater nach Innsbruck und auch er käme dorthin, um dem Erzherzog von Tirol und neu gekrönten König von Polen mit gebührender Devotion zu feiern.
    Dieses Sargspiel spielten die Brüder also. Eher ein Ballett mit Pirouetten des Schicksals. Bald schon tanzte Philippine mit. Gezwungenermaßen.
    Ihr Einsatz war hoch. Sie liebe ihn, ihren Gatten, so sehr, dass sie ihn freigebe. Frei für Polen und für Tirol. Würden die Bergler sie doch immer noch verhöhnen und die Polen schon jetzt.
    Auch wolle sie zwischen den Brüdern nicht länger der Stein des Anstoßes sein. Sofern Ferdinand sie und die Kinder gut versorge, wäre er frei. Dies hörte Thomele ganz genau.
    Mein Herr hingegen wollte Philippine nicht freigeben. Wollte seine Söhne heranwachsen sehen.
    Unter uns: Er hatte sich im Inntal auch so wohlig eingerichtet, wie es ihm in Polen sicher nie gelänge. Die Tiroler waren nicht einfach, aber zu einer spitzfindigen Revolution völlig ungeeignet. Vernarrt in ihre Bergherrlichkeit und mit dem festen Willen, politisches Weltgetümmel an ihrem Herrgottswinkel vorbeiziehen zu lassen.
    Auch mein Herr hatte so zu denken gelernt: Ade Welt, mir passt Tirol!
    Ich sage es nur ungern, selbst ein Thomele ertappte sich neuerdings dabei: Zunächst denkst du, diese Bergungetüme vernichten dich. Lebst du länger in ihren Schluchten, fühlst du dich wie in einem Krippenspiel. Kennst deinen Platz. Bist behütet. Denkst, die Welt „draußen“, vor diesen Mauern aus Stein, möchte dich vernichten. Nur der Föhn, der einem selbst das Schmalz aus den Ohren hinausbläst, wurde nie mein Freund.
    Nun war mein Herr auch nicht mehr ganz gesund. Zum Jagen, Fischen und Lieben reichte es aber allemal. Überhaupt, wieso sollte er eine vertrocknete Königsschwester entstauben, wenn bella Philippine in seinen Armen lag?
    Das Sargspiel der Brüder hatte Tradition. Nicht nur, dass ihre Großtante, Johanna die Wahnsinnige, den toten Gatten auf allen Reisen hatte mitführen lassen.
    Auch der Vater meines Herrn hatte Särge nach Gutdünken in Bewegung gesetzt.
    Hatte die Zwillinge Philippines, die sie nach den Burgknaben noch geboren hatte, die aber bald in Bürglitz verstorben waren, dort ausgraben und im Veitsdom neu beerdigen lassen. Beides im Dunkel der Nacht.
    Illegitime Bastarde, wie er wohl dachte, doch seine Enkel allemal.
    Nach dem Tod des Vaterkaisers hatte mein Herr die kleinen Leichname aus ihrem Domgrab hervorholen lassen, denn deren Mutter wäre nicht ohne sie nach Tirol gereist.
    In Ambras wiederum war die Ausladung der Särge aus Philippines Kutsche beobachtet worden und heizte seitdem die Gerüchteküche an.
    Mein Herr hat die weit gereisten Totenkinder dann in der Pfarrkirche zu Innsbruck beisetzen lassen. Heimlich.
    Nicht lange nach dieser Episode gab es eine neue Variante des

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