Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
hatte Wichtiges zu sagen, und Verstellung würde ihr nicht weiterhelfen.
Baronin Beeht schickte ihre Kutsche, so dass Philippa sich nicht darum kümmern musste, Wintersonne während ihres Aufenthalts in Oscham sicher unterzustellen. Als Philippa in ihrer sauberen und geplätteten Reitertracht mit Kappe, die silbernen Flügel deutlich sichtbar an den Kragen ihres Wamses gesteckt, in die Kutsche stieg, sah sie sich zu ihrer Überraschung ihrer Gönnerin gegenüber.
»Baronin Beeht«, sagte sie, während sie in der Kutsche Platz nahm. »Wie freundlich von Ihnen, mich zu begleiten.«
»Oh. Ihren Auftritt will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen«, erwiderte Hesters Mamá lächelnd. »Und bitte, nennen Sie mich Amanda.«
»Dann müssen Sie mich Philippa nennen. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie uns schon wieder helfen. Ich weiß nicht, was wir alle ohne Sie und Ihren Mann tun würden.«
»Wozu sind Titel und Stand da, wenn man nicht etwas Gutes damit bewirken kann? Wenn Sie mich fragen, kann der Rat der Edlen einen kleinen Denkanstoß gebrauchen, und ich bin nur zu allzu froh, dies ermöglichen zu können!« Ihr herzliches Lachen erfüllte die kleine Kutsche. Philippa brachte nur ein Lächeln zustanden. Sie war zu angespannt, um zu lachen.
Aber es half ihr, dass sie die Rotunde in Begleitung von Baronin Amanda Beeht betrat, und auch, dass sich der untersetzte Baron Beeht vor ihr verneigte und sie persönlich die Ränge hinab zum Stuhl des Klägers führte. Sie legte den Weg kerzengerade und mit hoch erhobenem Kopf zurück, faltete ihre Kappe und die Handschuhe und schob sie in ihren Gürtel, behielt jedoch als Zeichen ihres Amtes die Gerte unter dem Arm.
Philippa musste lange warten, bis der Rat seine üblichen Eröffnungsrituale beendet hatte. Sie wäre gern auf und ab gegangen, um ihre Nervosität zu lindern. Ihre Finger kribbelten und sehnten sich nach etwas, mit dem sie herumspielen konnten, doch sie ließ die Handschuhe, wo sie waren, und versuchte die Hände zu entspannen. Ihr Blick ruhte auf dem leeren Stuhl, auf dem eigentlich Fürst Wilhelm sitzen sollte. Sie fühlte sich wie ein Kochtopf unter
Druck und hoffte, dass sie nicht überkochte, bevor ihre Gelegenheit kam.
Sie war sehr erleichtert, als Baron Beeht sie endlich vorstellte und den Rat bat, ihre Rede anzuhören.
Mit der Gerte unter dem Arm stand sie auf. »Edle Herren«, hob sie an. Ihre Stimme hallte von dem Marmorboden und der hohen Decke wider. In der Rotunde herrschte tiefstes Schweigen. Selbst die Zuschauer auf der Galerie lauschten gespannt. Zweifellos hofften sie auf einen Skandal.
»Edle Herren, die Himmelsakademie ist seit dem Tod von Margret Morghen vor einigen Monaten ohne Leitung. Zudem haben wir in diesem Frühling nur halb so viele geflügelte Fohlen erhalten wie geplant. Die nächste Gruppe der Erstklässlerinnen wird kleiner sein als jemals zuvor.«
Sie wartete, bis sich das Raunen über ihre Mitteilung gelegt hatte, und fuhr dann klar und deutlich fort: »Fürst Wilhelm hat unseren rechtmäßigen Zuchtmeister Eduard Krisp seines Amtes enthoben und ihn durch jemand Inkompetentes ersetzt.« Die Edlen antworteten mit düsterem Schweigen, kniffen die Augen zusammen und reckten die Hälse.
»Ohne die geflügelten Pferde verliert Oc seinen Vorteil gegenüber anderen Fürstentümern und schwächt seine Verhandlungsposition auf eine gefährliche Art und Weise. Es ist nicht zu spät, die Blutlinien zu retten. Ich bitte Sie, edle Herren, trotz der fortgesetzten Abwesenheit des Fürsten eine neue Leiterin der Himmelsakademie zu ernennen und Eduard Krisp wieder als rechtmäßigen Zuchtmeister einzusetzen.«
Bei diesen Worten rutschten einige der Edlen des Rates
unruhig auf ihren Stühlen hin und her, und andere murrten vernehmlich. Philippa hob die Stimme. »Handeln Sie jetzt, edle Herren. Wenn Sie der Forderung des Fürsten Folge leisten und mich der Akademie verweisen möchten, tun Sie das. Doch setzen Sie Meister Krisp wieder in sein Amt ein und ernennen Sie eine neue Leiterin. Im Namen und im Andenken an Fürst Friedrich und seine Vorfahren bitte ich Sie, unverzüglich zu handeln.«
Amanda Beeht hatte ihr geraten, sich am besten gleich nach ihrer Rede zurückzuziehen. Da Philippa keinen anderen Beistand hatte, befolgte sie den Rat von Baronin Beeht. Als sie die Stufen hinauf und zur Tür hinausrauschte, hörte sie, wie Baron Beeht mit seiner kultivierten Stimme zu sprechen begann. Er wurde unterbrochen, und sie hörte, wie jemand
Weitere Kostenlose Bücher