Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
sie ihre Schritte. »Bleibt zurück«, befahl sie den Jungen. »Geflügelte Pferde mögen keine Männer, und auf Jungen sind sie auch nicht gerade erpicht.« Die Bengel protestierten enttäuscht, blieben jedoch stehen und starrten die Fliegerinnen an. Rosella zeigte den beiden Mädchen strahlend grinsend ihre Zahnlücken. »Meine Mama redet doch wirklich Humbug! Sie wollte mir nicht glauben, dass zwei Mädchen von der Akademie jemand wie uns besuchen würden.«
Lark lachte. »Hallo, Rosella. Was für ein hübsches Dorf!«
Hester hatte eine Hand auf Goldies Hals gelegt und blickte sich um. Lark hielt es durchaus für möglich, dass ihre Freundin einen solchen Ort noch nie wirklich aufgesucht hatte. Bestimmt war sie bisher nur in der bequemen Kutsche ihrer Mutter durch ländliche Dörfer gereist. Bis auf Lark stammten alle Schülerinnen der Akademie aus reichem Hause und waren in Luxus aufgewachsen.
Rosella lief zu Tup. Er stupste ihre Schulter mit der weichen Schnauze an und wimmerte leise. Dieses Wimmern war seine ganz eigene Sprache. Rosella kicherte, kraulte seinen Stirnschopf und verneigte sich dann ungeschickt vor Hester. »Ich danke Ihnen für Ihr Kommen, edle Dame.«
»Schön, dich zu sehen, Rosella«, sagte Hester. Falls sie
sich unwohlfühlte, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. Genau wie ihre Mutter war Hester eine geborene Anführerin, und Lark vermutete, dass dazu auch gehörte, sich auf alle erdenklichen Situationen einstellen zu können. Hester hielt die kleine Tasche mit den Geschenken hoch. »Meine Mamá hat mir das für deine Mamá mitgegeben.«
Als Rosella sich bedankte und die Tasche entgegennahm, wagte ein kleiner Junge, einen Schritt auf Tup zuzumachen. Lark lächelte zu ihm hinunter. »Möchtest du ihn streicheln?«
Sein Mund öffnete sich und war genauso rund wie seine ehrfürchtig blickenden Augen. »Darf ich das denn? Obwohl ich ein Junge bin?«
»Ja«, erwiderte Lark. »So schnell wirst du noch nicht zum Mann, glaube ich.«
»Oh doch, schon bald!«, behauptete der Junge empört und warf sich in die Brust.
Lark lachte. »Na ja, wenn das schon so bald ist, solltest du vielleicht doch besser Abstand halten.«
Dem Bengel klappte vor Enttäuschung die Kinnlade herunter, und seine Schultern sackten nach unten. »Ach«, lenkte er rasch ein. »Aber so bald auch wieder nicht, edle Dame.«
»Nun, ich glaube, du hast recht, Junge. Komm schon. Geh langsam auf ihn zu, dann sehen wir ja, wie Tup auf dich reagiert.«
Der Junge streckte die magere Hand nach vorn und schlich langsam auf das Pferd zu. Lark war sich sicher, dass sie nichts zu befürchten hatte. Dieser kleine Kerl würde noch eine Menge Sommer erleben, bevor er zum Mann wurde. Tup stellte bloß ein Ohr in seine Richtung und rührte sich nicht. Das Gesicht des Jungen strahlte, als er über
das glänzend schwarze Fell strich und zögerlich mit dem Finger eine seidige Flügelspitze berührte.
»Wie heißt du?«, wollte Lark wissen.
»Peter, edle Dame. Ihr Pferd ist wunderschön«, sagte er leise.
»Ja, Peter. Da kann ich dir nur zustimmen.«
Langsam bildeten die Kinder eine Schlange und warteten darauf, der Reihe nach das geflügelte Pferd streicheln zu dürfen. Rosella zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Etwas Derartiges haben sie noch nie gesehen«, erklärte sie den Mädchen. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
Hester trat mit Goldie einen Schritt nach vorn. »Natürlich haben wir nichts dagegen«, erwiderte sie. »Kommt her, Kinder. Goldie mag es, wenn man sie streichelt.«
Bis schließlich alle Kinder einmal Tup und dann Goldie gestreichelt hatten, war Rosellas Mutter aus der Hütte getreten und zu ihnen gekommen. Sie trug einen Schal um die Schultern und ein Kopftuch über den hellbraunen Haaren. Als Rosella sie den beiden Mädchen vorstellte, neigten Hester und Lark die Köpfe vor ihr. Lark staunte, wie sehr Rosella mit ihren Sommersprossen und der stämmigen Figur ihrer Mutter ähnelte. Sie übergaben die Geschenke und richteten Grüße von Baronin Beeht aus, woraufhin die Fischersfrau heftig errötete. Sie flüsterte Rosella etwas ins Ohr, worauf diese sich an Hester wandte.
»Mama möchte Ihrer hochwohlgeborenen Frau Mutter gern etwas Räucherfisch schicken«, sagte sie. »Falls sie so etwas mag.«
»Natürlich mag sie Räucherfisch«, erwiderte Hester herzlich. »Mamá liebt Fisch.« Sie lächelte Rosellas Mutter an, die daraufhin etwas Mut zu fassen schien. Sie nickte, machte einen Knicks und
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