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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanca Busquets
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überschwänglich für das Eis, das Sandra großzügig verteilte, ohne sich selbst eins zu gönnen, ach Kind, von dem bisschen wirst du doch nicht dick, hätte Dolors ihr liebend gern gesagt. Mònica hatte keine Zeit gehabt, ihren Lippenstift nachzuziehen, ihr Mund sah aus, als hätte sie   … Heilige Jungfrau Maria, Dolors wollte gar nicht daran denken, erst recht nicht, als sie sah, wie das frivole Früchtchen ihr Eis leckte und mit der Zunge dabei wahrhaft obszöne Bewegungen vollführte, während sie Jofre nicht aus den Augen ließ. An deiner Stelle wäre ich vorsichtig, dachte Dolors da erzürnt, sein Hosenstall steht sperrangelweit offen, und dem Spatz darin, der gern ein Eigenleben führt, wird’s sicher bald zu eng, wenn du so weitermachst.
    Auch Eduards Spatz hatte ein Eigenleben geführt, er schien gar nichts anderes im Kopf zu haben. Kaum waren sie verheiratet, war Schluss mit Pralinen, Tennispartien und Schmeicheleien, kaum waren sie verheiratet, war Dolors nur noch dafür da, das Bett mit ihm zu teilen, die Dienstmädchen zu befehligen und ihn im Krankheitsfall zu umsorgen. Mehr aber auch nicht. Zwar gehörte sie bei ihm nicht so zum Inventar wie nun bei Jofre, doch bedeutetesie Eduard nichts, sie war einfach da, und man musste ihr keinerlei Beachtung schenken. Sie war nicht einmal zu dem gut, was die Nonnen über die kultivierte Frau erzählt hatten, die dem Manne bei seinen Entscheidungen behilflich war, denn mitreden durfte sie nie. Offensichtlich brauchte Eduard sie nicht zum Denken. Also beschloss Dolors, wieder für sich allein zu denken, und vergrub sich in ihre Bücher. Natürlich nur, wenn sie dafür Zeit hatte, denn sich um die große Wohnung und die Kinder zu kümmern, war wahrlich kein Zuckerschlecken. Erst recht nicht, als Mireia dann heiratete und Mutter wurde und es danach mit der Fabrik abwärtsging, sodass sie nur noch ein Dienstmädchen als Hilfe hatte und bald darauf nicht einmal mehr das, nur noch jemanden, der stundenweise zum Putzen kam. Mit der Zeit wurde Eduard immer besorgter und verbitterter, Stunde um Stunde brütete er in seinem häuslichen Büro über den Bilanzen, und wenn er den Kopf hob, kam es Dolors so vor, als sähe er in den Gesichtern seiner Frau und seiner Töchter, die kamen, um ihm Gute Nacht zu sagen, nur noch Zahlen. Mit starrem Blick sah er sie an, erkundigte sich kurz nach ihrem Befinden und schickte sie dann wieder aus dem Büro.
    Ihr Leben war also weder besonders angenehm noch sonderlich berauschend.
    Deine Buchhandlung ist wunderschön, hatte sie Antoni gelobt. Dass sie ihn wieder getroffen hatte, war das erste schöne Erlebnis seit langem gewesen. Der Mann mit dem schmalen Schnurrbart und den paar graumelierten Haaren hinter dem Ladentisch lächelte sie an. Du bist gekommen!, rief er mit einer so unbändigen Freude, dass sie für Dolors wie eine Schwalbe war, die sich auf der Suche nach einemNistplatz in ihrem Herzen niederließ. Natürlich, das habe ich dir doch versprochen, stammelte sie überrascht, nur um irgendwas zu sagen, denn sie war es nicht gewohnt, dass ihr Erscheinen jemanden freute. Und Antoni war glücklich, bloß weil sie eines Tages, lange nach dem Zusammentreffen im Vergnügungspark, seine Buchhandlung betreten hatte. Du suchst Bücher über Philosophie, hatte er mehr festgestellt als gefragt. Im Grunde wollte ich dich nur besuchen, erwiderte sie verlegen, aber wenn du sie mir zeigen willst   …
    Vorbei an einigen Kunden, die sich mit Schauen und Blättern die Zeit vertrieben, führte Antoni sie durch sein Reich dorthin, wo die Regale für Philosophie und Psychologie standen, und drehte sich dann zu ihr um, während seine Hand voller Stolz über ein paar Buchrücken fuhr. Oh, wie wundervoll!, rief Dolors entzückt, als sie sah, welche Schätze sie da vor sich hatte, und da sah er sie eindringlich an und sagte leise: Ich will dir noch etwas anderes zeigen, komm. Und während sie ihm folgte, sagte sie sich, wie sehr er sich doch verändert hatte. Im Grunde war er immer noch derselbe, nur hatte er die Befangenheit der Jugend und seiner Gesellschaftsschicht vollkommen abgelegt.
    In der kleinen Kammer, in die man durch eine von einem beweglichen Regal verborgene Tür gelangte, deutete er dann mit strahlenden Augen auf einen Stapel Bücher. Das sind meine verbotenen Bücher, die von früher und noch das eine oder andere mehr, erinnerst du dich noch? Und ob sich Dolors noch daran erinnerte! Sie bekam ganz feuchte Augen und wollte mit

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