Die Wuensche meiner Schwestern
…?«
Aubrey konnte sich ein feines Lächeln nicht verkneifen.
»Du meine Güte. Du hast gar keinen Zauber gestrickt, oder?«, fragte Jeanette.
Aubrey grinste.
»Ich habe das also ganz allein hinbekommen?«
»In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt.«
Jeanette nahm ihre Tasche und warf lachend den Kopf in den Nacken. »Aubrey Van Ripper. Es stimmt eben doch alles, was man über dich sagt.«
»Mhm«, machte Aubrey.
»Und überhaupt, ich habe dir doch gesagt, dass ich keinen Zauber brauchen werde«, fuhr Jeanette mit einem Augenzwinkern fort.
Aubrey lachte, während Jeanette durch den Raum zurück zu ihrer Beute schlenderte. Aubrey sah auf und stellte fest, dass Vic sie beobachtete.
»Was?«, fragte sie.
»Du erstaunst mich immer wieder«, sagte er.
Sie lächelte und war zum ersten Mal im Leben froh darüber, sich ein wenig sonderbar vorzukommen.
Aus dem Großen Buch im Flur
Besonders wenn es draußen kalt ist, gibt es keine angenehmere Art, einen ruhigen Nachmittag zu verbringen, als mit dem Stricken eines Liebeszaubers. Zauber, die Zuneigung fördern, mögen zwar aus einem Mangel heraus entstehen – für Menschen, die missachtet werden, die einsam, betrübt und ohne Hoffnung sind. Doch so traurig das Wissen darum auch ist, dass die Motivation für einen Liebeszauber in der Abwesenheit von Liebe liegt, ist das Stricken eines solchen Zaubers doch stets ein Vergnügen.
Liebeszauber sind bestens für Anfänger geeignet. Man muss nur mit dem Strom schwimmen, den Berg hinunterrollen. Sie sind wie Löwenzahnsamen, die sich mühelos, vom Wind getragen, in die Luft erheben. Liebe entspricht der natürlichen Vorwärtsbewegung des Lebens. Sie ist unsere Bestimmung, unser Neuanfang, unsere Quintessenz. Und wenn uns der Weg zur Liebe versperrt ist, dann nur, weil wir denken, dass es so ist.
Dasselbe kann übrigens auch über all jene Magie gesagt werden, die in den Händen einer Strickerin liegt.
Kapitel 16
Stricke eine Wickelmasche
Nachdem sich das Tappan-Watch-Treffen aufgelöst hatte, fragte Vic Aubrey zu ihrer großen Freude, ob sie mit ihm noch einen Kaffee in seinem Lieblingscafé in Sleepy Hollow trinken wolle. Er parkte zwischen zwei Autos am Straßenrand, während das Licht der vorbeirauschenden Scheinwerfer in den Spiegeln des Transporters aufleuchtete. Sie überquerten die Straße und betraten das Café, wo Vic zwei Kürbis-Latte-macchiatos mit Muskatnuss und Nelken bestellte und Aubrey den duftenden Dampf einatmete, während er bezahlte. Mit zweiten Dates hatte sie bislang kein Glück gehabt – und bei einem dritten war sie noch nie gewesen –, doch heute flatterte ihr Herz wie ein Singvogel in ihrer Brust. Sie atmete den süßen Geruch gewürzten Kaffees ein und glaubte fest daran, dass sie nun zum ersten Mal in ihrem Leben ein zweites Date hatte, bei dem nichts, rein gar nichts, schiefgehen werde.
Mit dem Pappbecher in der Hand folgte Aubrey Vic hinaus in das geschäftige Treiben der Straße. Sie liefen den Hügel hinauf bis zur Highschool, wo das Football-Team von Tarrytown gegen einen Rivalen spielte, von dem Aubrey noch nie etwas gehört hatte. Sie nippten an ihren heißen Latte und beobachteten das Spiel durch einen Maschendrahtzaun. Aubrey war noch nie bei einem Football-Spiel gewesen und kannte die Regeln nicht. Aber sie genoss den Lärm der Menge, den Aufruhr der Trommelnund der Cheerleader mit ihren Stimmen wie aus Messing, das schrille Pfeifen des Schiedsrichters und den salzigen Geruch von Hotdogs. Vic erklärte ihr alles, was auf dem Feld vor sich ging, derart mitreißend und schien so viel über die Fighting Horsemen und ihre Trainer zu wissen, dass Aubrey davon ausging, dass er nicht zum ersten Mal bei einem Spiel war.
»Machst du das öfter?«, fragte sie.
Er lächelte verlegen. »Ja, im Herbst schon.«
»Hast du selbst einmal Football gespielt?«
»Nein. Und ich verfolge auch nicht die professionellen Teams, nicht einmal College-Football. Aber das hier gefällt mir – « Er wies auf das Geschehen hinter dem Maschendrahtzaun. »All die Menschen. Familien. Für mich zeigt sich hier der Sport von seiner besten Seite: hausgemacht und ohne Werbung. Ich dachte … ich dachte, es könnte dir auch gefallen.«
Sie rückte etwas näher an ihn heran, und er legte seinen Arm um sie. Durch den Stoff ihrer Jeansjacke spürte sie die Wärme seines Körpers, auf die ihr eigener gleichsam voll Wärme reagierte. Womöglich würde sie Football niemals begreifen, doch sie wusste, dass
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