Die Wuensche meiner Schwestern
Boss mit großen Schritten den Raum durchquerte, verstummte die Menge ohne Aufforderung.Er hielt seinen großen Kopf beim Gehen geneigt und runzelte die Stirn in präsidialer Konzentration. Er zog seine Jacke aus und warf sie auf einen Tisch.
In dem Moment, in dem Mason Boss in die Hände klatschte und fragte: »Also, was haben wir?«, spürte Aubrey eine elektrische Spannung in der Luft. Tarrytown stand mit einem Mal unter Strom. Mason Boss trug ein paar interessante Argumente vor, die sich gegen jede einzelne Form der Organisation und Kommunikation richteten, an die Tappan Watch bislang geglaubt hatte. Mason Boss wollte eine Nachrichtensperre; er wollte, dass die Website aus dem Netz genommen wurde; er hielt die Idee mit der Petition für einen Witz. Er hielt auch nichts von dem geplanten Protestmarsch; er wollte etwas Dramatischeres, Spontaneres und Spektakuläreres – er wollte einen Flashmob.
»Sollen wir etwa alle auf einmal anfangen, im Park zu tanzen?«, fragte Dan Hatters.
»Stellt euch Folgendes vor«, begann Mason Boss. »Wir stürmen das Rathaus ohne Vorwarnung. Wir alle auf einmal. Wir halten den Verkehr auf. Wir blockieren die Eingänge. Wir sind laut, und wir lassen uns nicht vertreiben – und damit machen wir es den Leuten schwer, uns zu übersehen.«
»Sollten wir nicht zumindest erst einmal eine Pressemitteilung dazu veröffentlichen?«, gab Dan Hatters zu bedenken.
»Um Gottes willen«, rief Mason Boss effekthascherisch. »Was glauben Sie, was bei der Boston Tea Party los gewesen wäre, hätten die Patrioten vorher eine Pressemitteilung veröffentlicht?«
Innerhalb von zehn Minuten stimmten alle zu, dass ein Flashmob perfekt sei. Die nächsten fünfundvierzig Minuten verbrachte die Gruppe damit, eine Telefonkette zu organisieren – damit wir vor dem Flashmob vollkommen unbemerktbleiben, hatte Mason Boss erklärt. Als das Treffen beendet war, erwartete Aubrey fast, dass Mason Boss sich verbeugen würde. Stühle kratzten auf Metall, als die Leute aufstanden. Das Geräusch neu aufgenommener Gespräche schwoll an. Aubrey spürte, wie jemand sie fest am rechten Arm packte, und bemerkte erst in diesem Moment, dass Vic sie mittlerweile losgelassen hatte. Nun war es Jeanette, die sie festhielt. Ihre Augen strahlten in einem tiefen Obsidianschwarz und glänzten vor Klarheit. Sie sprach hastig und im Flüsterton.
»Er ist brillant, nicht wahr? Wie er die Leute begeistern kann. Er will wirklich etwas tun.«
»Ja«, stimmte Aubrey zu und stellte fest, dass auch sie sich langsam für Mason Boss erwärmte. Vielleicht war er tatsächlich genau das, was sie brauchten.
»Ich werde mit ihm sprechen.« Jeanette klang ungewöhnlich nervös. »Wartest du kurz auf mich?«
»Keine Sorge«, meinte Aubrey. »Du hast die Pulswärmer, die ich für ihn gestrickt habe. Das wird schon.«
Jeanette atmete tief durch. Sie warf ihre dicken Zöpfe nach hinten und durchquerte den Raum. Selbst in der dichtgedrängten Menge war sie nicht zu übersehen, und Mason Boss war nicht der einzige Mann, der sich nach ihr umdrehte.
Aubrey wandte sich Vic zu.
»Worum ging es denn gerade?«, wollte er wissen.
»Frauenkram«, erwiderte sie. »Ist es in Ordnung, wenn wir kurz warten? Falls Jeanette Mason Boss nicht an die Angel bekommt, braucht sie jemanden, der sie nach Hause bringt.«
»Kein Problem«, sagte er.
Ein paar Minuten später löste sich Jeanette von Mason Boss und kam auf sie zu. O nein, dachte Aubrey. Jeanettes Mundwinkel zeigten nach unten, und ihre Schultern waren zusammengesackt. Aubrey hatte es nicht für möglichgehalten, doch Mason Boss musste Jeanette abgewiesen haben. Sie schluckte ihr schlechtes Gewissen hinunter.
»Jeanette, es tut mir leid. Es tut mir so leid«, sagte Aubrey, als ihre Freundin bei ihr angekommen war.
Einen Moment lang blieb Jeanettes Blick betrübt, und sie sah Aubrey mit übertriebener Enttäuschung an. Dann breitete sich auf einmal ein riesiges Grinsen auf ihrem Gesicht aus, wie wenn die Sonne plötzlich die Wolken durchbricht. »Reingelegt!«, rief sie. »Ich mache nur Spaß. Der Zauber hat perfekt funktioniert. Mason und ich gehen etwas trinken, sobald alle weg sind.«
»Mensch, hast du mir einen Schreck eingejagt!« Aubrey lachte. Gott sei Dank. Sie griff in ihre überdimensionale Tasche und zog die Handtasche ihrer Freundin daraus hervor. »Hier. Die kannst du wiederhaben.«
»Ich soll sie zurücknehmen? Bricht das denn nicht den Zauber?«
Aubrey schwieg.
»Aubrey
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