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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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Windschutzscheibe war ruhig. Meggies Blick folgte der Spur der Straßenlaternen, die bis in das Tal hinunterführten, in dem einst die legendäre Verfolgungsjagd zwischen Ichabod Crane und dem Kopflosen Reiter stattgefunden hatte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkannte sie Aubreys Lieblings-Sushi-Imbiss, in dem nun kein Licht mehr brannte. Meggie hatte so viele Jahre damit verbracht, ihre Mutter zu suchen, Jahre des Suchens, in denen sie sie doch nicht gefunden hatte. Sie tupfte sich das Gesicht ab. Vielleicht war es an der Zeit, herauszufinden, was es zu entdecken gab, wenn sie einmal nach gar nichts suchte. »Ja. Sieht so aus, als würde ich bleiben.«
    »Gott sei Dank«, rief Tori.
    »Wieso?«
    »Ich habe der Mannschaftsführerin schon gesagt, dass wir eine neue Blockerin haben«, gab Tori zu.
    Aus dem Großen Buch im Flur
    Stricken bedeutet, Probleme zu erkennen und sie dann zu lösen. Knoten müssen entwirrt werden. Es besteht die Schwierigkeit der Übertragung – Anleitungen müssen gedeutet werden, man muss sie visualisieren und umsetzen.
    Wenn Probleme auftauchen, gibt es immer verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen: Ein Muster kann man ändern, damit es sich dem Problem anpasst, und dann einfach weitermachen – dieser Weg ist gefährlich und führt mitunter zu weiteren Problemen, manchmal aber auch zu brillanten Innovationen. Man kann einen Schritt zurückgehen und noch einmal von vorn anfangen – die anstrengende, aber sichere Variante, etwas für Perfektionisten. Man kann ein bisschen schummeln – und akzeptieren, dass Knoten und Beulen nun einmal zu Handgestricktem dazugehören. Man kann aufgeben und das Projekt auf unbestimmte Zeit beiseitelegen – für eine Stunde, einen Tag, ein ganzes Leben. Probleme sind geduldig; sie haben es nicht eilig und warten stets dort auf einen, wo man sie zurückgelassen hat, als wäre man niemals fort gewesen.

Kapitel 19
    Mach ein Knötchen
    Die Tage verstrichen, und Aubrey wartete. Jeden Morgen beim Aufwachen, mal in Vics Bett, mal vor dem Hintergrund der Geräusche ihrer Familie, die irgendwo im Haus Schränke und Türen zuknallte, hatte sie das merkwürdige Gefühl, dass sie sich besser nicht bewegen sollte, am besten nicht einmal einen Atemzug tun, der ihre Bettdecke anheben würde, um den Zauber nicht zu brechen, der sie erfasst hatte. Sie lebte, als träumte sie einen zutiefst glücklichen, unglaublich befriedigenden Traum, aus dem sie nicht erwachen wollte.
    Sie hatte guten Grund, glücklich zu sein – auf selige, unerwartete Weise. Bitty hatte mit Craig gesprochen und ihm mitgeteilt, dass es endgültig aus sei zwischen ihnen. Es war ihnen allen bewusst, dass er es ihr nicht leichtmachen würde. Doch immerhin teilten sie dieses Wissen und würden gemeinsam allem entgegensehen, was noch vor ihnen liegen mochte. Bitty suchte in der Zeitung bereits nach Wohnungen im Umkreis von Tarrytown und Sleepy Hollow. Meggie hatte unterdessen ihren roten Rucksack an einen Haken im Flur gehängt und erwähnt, dass sie ihr Haar wieder langwachsen lassen wolle. In meiner natürlichen Haarfarbe, hatte sie gesagt, auch wenn sie sich kaum noch daran erinnern konnte, wie diese eigentlich aussah.
    Abends unternahmen Aubrey und ihre Familie oft etwas gemeinsam. Sie sahen sich die Tausende hell erleuchtetenKürbisse von Van Cortlandt Manor an, die in Form von Vogelscheuchen, Dinosauriern, Skeletten und noch unendlich vielen weiteren Figuren geschnitzt waren, und deren Umrisse in der pechschwarzen Nacht leuchteten und funkelten. Sie tranken heißen Apfelwein und standen vor der alten Philipse-Mühle um ein Lagerfeuer, wo ein großer Mann mit sandfarbenem Haar in Gehrock und mit Straußenfeder am Hut Geistergeschichten erzählte. Aubrey hatte seit Jahren nicht mehr an den örtlichen Halloween-Aktivitäten teilgenommen – sie nun gemeinsam mit ihrer Familie zu genießen gab ihr das Gefühl, wieder ein Kind zu sein.
    Und Vic – er war einfach bezaubernd. Ihm beim Anziehen und Zähneputzen zuzusehen, seinen Erzählungen über seine Familie zu lauschen, das Funkeln in seinen Augen zu sehen, wenn er von seinen Plänen berichtete, Dielen zu erneuern und Wände einzureißen, bereitete ihr eine Freude, die kaum auszuhalten war. Sie hatte das Gefühl, ihr Leben lang nach ihm gehungert zu haben und nun die verlorene Zeit aufholen zu müssen, indem sie ihn so oft wie möglich berührte. Sie stellte sich gern neben ihn, wenn er kochte, legte die Hand direkt über sein Kreuzbein

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