Die Würfel Gottes
Eine Brücke, die verschiedene Gebiete der Raumzeit miteinander verbindet?«
»Ja, aber nur sterile Neutrinos können diese Art von Abkürzung nehmen. Und der einheitlichen Theorie zufolge
können die Teilchen Energie gewinnen, während sie durch die zusätzlichen Dimensionen ziehen. Eine ungeheure Menge Energie, falls der Neutrino-Strahl auf die richtige Weise ausgerichtet ist.«
David schüttelte den Kopf. Das sah übel aus. »Was passiert, wenn die aufgeladenen Teilchen zurück in unser Universum kommen? Sagt die Theorie irgendetwas darüber?«
Monique klappte den Laptop zu und schaltete ihn aus. Sie wollte David nicht die letzten Gleichungen in dem Artikel sehen lassen. »Die zurückkehrenden Teilchen können eine gewaltige Verzerrung der lokalen Raumzeit auslösen. Die Menge an freigesetzter Energie hängt davon ab, wie man das Experiment ausrichtet. Unter den richtigen Bedingungen könnte man diesen Prozess benutzen, um Wärme oder Elektrizität zu erzeugen. Aber man könnte ihn auch als Waffe einsetzen.«
Ein Windstoß brachte die Nadeln der Kiefer neben ihnen zum Zittern. Obwohl die Luft immer noch warm war, begann David zu frösteln. »Dann kann man also den Punkt bestimmen, an dem die Teilchen wieder in unser Universum eintreten? Kann man den Strahl mit sterilen Neutrinos in Washington abschießen und ihn durch die zusätzlichen Dimensionen katapultieren, sodass er einen Bunker in Teheran trifft?«
Sie nickte wieder. »Man müsste eine Feinabstimmung der Koordinaten des Ziels und der Stärke der Explosion vornehmen. Ein einzelner Ausbruch von sterilen Teilchen könnte ein Kernkraftwerk im Iran oder in Nordkorea zerstören, auch wenn es eine Meile unter der Erde vergraben wäre.«
Jetzt wusste David, warum das FBI sie durch das halbe Land gejagt hatte. Eine solche Waffe wäre perfekt für den Kampf gegen den Terror. Das Pentagon könnte seine Feinde eliminieren, ohne Kommandotruppen oder Marschflugkörper
einzusetzen. Und weil der Teilchenstrahl durch die zusätzlichen Dimensionen fegen würde, könnten ihm Radar, Flugabwehrgeschosse und alle anderen Abwehrmaßnahmen nichts anhaben. »Wie viel Energie kann der Strahl abgeben? Was ist die Obergrenze?«
»Das ist das Problem. Es gibt keine Obergrenze. Du könntest mithilfe dieser Technologie einen ganzen Kontinent in die Luft jagen.« Sie hielt den Laptop mit ausgestreckten Armen von sich. »Aber hier kommt der schlimmste Teil: Es ist viel leichter, diese Art Waffe zu bauen, als eine Atombombe herzustellen. Du musst kein Uran für einen Gefechtskopf anreichern oder ein Raketengeschoss abfeuern, um das Ding auf den Weg zu bringen. Alles, was du brauchst, sind die Gleichungen und ein Team von Ingenieuren. Die Iraner und die Nordkoreaner könnten es ohne große Schwierigkeiten tun. Von al-Qaida ganz zu schweigen.«
David wandte sich von ihr ab und starrte in das Lagerfeuer. »Scheiße«, murmelte er. »Kein Wunder, dass Einstein es nicht publizieren wollte.«
»Ja, es ist ziemlich klar, dass er die Implikationen verstand. Im letzten Teil des Artikels hat er die Formeln zur Erzeugung der extradimensionalen Strahlen niedergelegt. Man müsste ein winziges Stück Raumzeit zu einem vollkommen kugelförmigen Muster verbiegen. Man könnte es vermutlich bewerkstelligen, indem man Protonen in einem Beschleunigerring zusammenstoßen lässt.«
Davids Herz begann schneller zu schlagen. »Meinst du, jemand könnte diese Waffe bauen, indem er einen Teilchenbeschleuniger benutzt?«
Moniques Miene verfinsterte sich noch mehr. »Die Beschleuniger in den nationalen Laboratorien sind bereits darauf angelegt, die Zahl der Teilchenkollisionen zu maximieren. Kennst du das Tevatron, den Beschleunigerring des Fermilab? Die Physiker dort können Billionen von Protonen
in einen Teilchenstrahl hineinstopfen, der dünner ist als ein menschliches Haar. Man müsste den Beschleuniger natürlich in genau der richtigen Weise einstellen, um die Raumzeit zu verbiegen und die sterilen Neutrinos zu erzeugen. Aber Einsteins Gleichungen würden es einem gestatten, die notwendigen Einstellungen zu berechnen.«
Ihre letzten Worte hallten über die dunkle Lichtung. David warf einen nervösen Blick über die Schulter und sah, wie Graddick eine leere Eintopfdose ins Feuer warf. Dann hob der Mann aus den Bergen eine andere Dose auf, eine volle, und ging auf das Dickicht zu, neben dem er seinen Kombi abgestellt hatte. Er wollte Elizabeth wecken, um festzustellen, ob sie etwas zu Abend essen
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